
Der frei:raum füllt sich mit Gästen, angelockt nicht durch einen Auftritt von Ben Martin oder „I Am Cereals“, sondern durch Bands und Events, die du gebucht hast. Warum verhilfst du der Jugendkulturhalle zu neuem Leben?
Ich hab immer parallel zu meiner Musik die Businessecke bedient, auch von Wien aus. In letzter Zeit ist in mir die Idee gereift, die St. Pöltner Szene zu unterstützen, die St. Pöltner Musik-Szene bekannter zu machen.
Die gibt’s wirklich, die St. Pöltner Szene?
Hier gibt es sehr viele Musiker, mehr als in den meisten anderen Städten. Und es gibt in St. Pölten viele musikalische Aushängeschilder. Wenn neben dir, wie soeben, Gerald Huber, der Beatboxer von „bauchklang“, seinen Kaffee trinkt, dann könnte er das woanders wahrscheinlich nicht so in Ruhe tun. Für uns ist das selbstverständlich – „bauchklang“-Bass Alex Böck kennen viele noch vom Taxi-Fahren. Es ist ganz normal, in St. Pölten Musik-Prominenz zu treffen.
Wie dich und deine Kollegen von „I Am Cereals“ oder „The Black Riders“, zum Beispiel. Oder auch während der beiden großen Festivals, dem FM4 Frequency und dem Beatpatrol.
Das Frequency hat allein im vergangenen Jahr mit über 100 Bands an die 130.000 Musikbegeisterte angelockt – das bringt sehr viel für’s positive St. Pölten-Image beim jüngeren Publikum. Und das Beatpatrol, das ja ein original St. Pöltner Festival ist, weil es vom Team des St. Pöltner VAZ veranstaltet wird, zeigt auch heimische Künstler auf den Bühnen, was der lokalen Szene natürlich sehr gut tut.
Aber: St. Pöltens Ruf als Musikstadt hat sich noch nicht überall durchgesetzt, viele haben noch immer das Image von der stinkenden stillen Stadt eingespeichert, in der um 18 Uhr die Gehsteige hochgeklappt werden. Auch viele St. Pöltner realisieren offensichtlich nicht wirklich, dass sich sehr viel tut in Niederösterreichs Landeshauptstadt. Du willst ihnen die Augen und die Ohren öffnen – auch mit der Programmierung der Jugendkulturhalle, die das ganze Jahr feine Konzerte quer durch alle Genres bietet. Wie wählst du aus?
Ich krieg am Tag 10-15 Anfragen von Agenturen. Vier bis fünf pro Monat werden dann gebucht. Meist lokale Gruppen, die kommen mit ihren Fans. Da brauchen wir keine Medienpräsenz in FM4 – der frei:raum ist trotzdem voll. Ich möchte zum Beispiel die alternative Szene mit Live-Bands bringen, nicht nur DJs – in Anlehnung an alte „Jesters“-Zeiten. Ich plane von Monat zu Monat um beweglich zu sein, ich jongliere mit dem Programm – und ich bin zufrieden damit.
Was sind da so die Highlights für dich?
Für mich ist fast jede Veranstaltung ein Highlight. Die Jamsessions, das Persische Neujahrsfest, der KlingKlang-Geburtstag. Dabei legt abschließend young&lost auf, der Jugendclub des Musik-Cafés EGON. „Tales from The Moshpit“ gibt’s auch wieder, und im April freu ich mich auf zwei großartige Bands mit ganz tollen Sängerinnen, „Fijuka“ und „Diso Minds“.
Was hörst du dir selbst am liebsten an, bei dieser Vielfalt?
Wenn mir was gefällt, dann gefällt’s mir. Wichtig ist mir dabei weniger die Stilistik als die Qualität. Wenn jemand auf der Bühne steht, der strahlt, authentisch ist, bringt er seine Botschaft rüber, macht Stimmung, begeistert er. Da ist dann gar nicht so wichtig, was das für eine Musik ist. Mein Geschmack hat wenig Grenzen.
Es gibt aber sicher Musik, bei der du davonläufst.
Ich bin Musikhörer, daher ist Partymusik nicht unbedingt meins. Volkstümliche Musik, Schlager, Ballermann – da renn ich davon.
Es fällt auf, dass sich der frei:raum mit deiner Programmierung schon etwas von der ursprünglichen Idee der Jugendkulturhalle entfernt – nicht nur junge Musiker treten auf, nicht nur ganz junges Publikum hört zu. Wen willst du ansprechen?
Ich habe die Förderung der lokalen Szene im Hinterkopf, das ist eben nicht nur die Jugend. Da gibt es keine Altersgrenze, man kann mit 30 noch immer Anfänger sein und Förderung brauchen. Und die Grenzen sind auch beim Publikum nicht klar gezogen. Es gibt musikinteressierte Menschen und die will ich ansprechen. Klar ist, dass wir nicht gewinnorientiert sind – der frei:raum ist für alle da, bei denen es nicht unbedingt um’s Geldverdienen geht.

Nein, das glaub ich nicht. Ich hab mit allen Veranstaltern gesprochen, ich seh da wenige Überschneidungen. Das Warehouse und das Musikcafé EGON machen ihr eigenes Ding, der Club 3 im Cinema Paradiso bringt eher etablierte Acts und auch das Café Publik. Ich spiel selber Ende April im Cinema Paradiso, Ben Martin mit Bass und Schlagzeug, neue Sachen ausprobieren. Da ist die Sängerin von „Fijuka“ eingeladen. Die macht mit – und schon Gusto auf die Veranstaltung eine Woche im frei:raum. Diese entsteht übrigens in Kooperation mit „Kunstwinkel“-Veranstalter Hennes.
Allerdings hat sich ein Veranstalter in diesem Zusammenhang beschwert, das sein Jugend-Band-Contest nicht im frei:raum Platz gefunden hat.
Der Termin, an dem die „local heroes“ bei uns auftreten wollten, war schon vergeben. Ich bin übrigens grundsätzlich kein Freund von Bandwettbewerben. Das ist immer eine gute Sache für den Veranstalter – die Bands machen die Promotion, der Veranstalter macht den Umsatz mit der Bar – die Bands haben keinen Vorteil davon. Wir brauchen keinen Wettbewerb, dass junge Bands bei uns auftreten, die können auch so kommen.
Wie siehst du die Entwicklung der Jugendkulturhalle in den nächsten Jahren – du hast da sicher einige Ideen und Visionen dazu. Was ist die Zukunftsmusik für den frei:raum?
Ich hab viele Ideen, aber für manche ist die Zeit noch nicht reif. Ich möchte zum Beispiel Workshops machen, oder Musik-Business-Coaching für junge Musiker. Wer zum Thema Musik was wissen will, kann zum frei:raum gehen und auch Basics erfahren. Zum Beispiel: „Was ist AKM?“ Es ist erschreckend, dass nachwachsende Generationen noch immer nicht wissen, dass AKM was Gutes für sie ist, nämlich eine fixe Einnahmequelle. Manche brauchen jemanden an der Hand, der ihnen die Formulare ausfüllt, der ihnen die Scheu nimmt. Mein Ziel ist der frei:raum als Kompetenzzentrum, als Anlaufstelle für Musiker. Es gibt immer wieder Bands, die Unterstützung vor Ort brauchen. Der Gitarrist von „Russkaja“, der in St. Pölten wohnt, konnte zum Beispiel bei uns sein neues Equipment durchtesten. Wir bieten also jetzt schon Service für Musiker – wenn wir gezielt unterstützen können, ist das gut.
Bist du auch unterstützt worden bei deinem Werdegang als Musiker?
Ich hab von der Stadt sehr viel bekommen, ich hab enorm profitiert davon, dass ich als Musiker in St. Pölten groß geworden bin. Die Stadt bietet jungen Musikern Proberäume, in der Musikschule hat es Jazzworkshops gegeben, ich konnte beim Stadtfest auftreten, ich hab dann auch noch die Auszeichnung „Youngster of Arts“ bekommen. Hier wird seit Jahren viel für junge Musiker getan, das gibt es nur in wenigen Städten, das schätze ich sehr – und darum möchte ich meinen Beitrag zur Szene leisten, den Ruf von St. Pölten heben. Denn hier gibt es nicht nur jede Menge Veranstaltungen, es gibt auch zahlreiche musikalische Aushängeschilder.
Und in St. Pölten treff ich zwanglos musikalische Prominenz wie dich. Vielen Dank für das Gespräch.