
Ein zentrales Anliegen des am 22. Juli 1957 in Wien geborenen Gitarristen ist es, einen lebendigen und aktiven Beitrag zur Musikkultur der Roma zu leisten. Selber meint Harri Stojka: „Mit meiner Musik bringe ich immer wieder die Geschichte meines Volkes dem Publikum näher und weise auch auf die musikalische Gegenwart hin. Denn wir, die Roma und Sinti, haben in unserer Musik unsere Heimat gefunden. Mittels der gesungenen Texte weise ich auch auf die Sprache unserer Vorfahren, ROMANES, hin.“
Die Art, wie Harri Stojka sein Instrument zu spielen in der Lage ist, ist schlicht unverkennbar, seine Art zu improvisieren, einfach einzigartig. Das stilistische Repertoire des zu allen Seiten hin offenen Musikers reicht von Jazz und Blues über Soul bis hin zum Swing, alles vermengt mit der unbändigen Leidenschaft eines echten Romamusikers. Der Gitarrist und Komponist lässt in seinen Stücken auf ganz wunderbare Weise einzigartige akustische Klangbilder entstehen, die auch ohne Worte wunderschöne, von jeglicher Zeit losgelöste Geschichten erzählen.
Aus einer ungemein musikbegeisterten Familie stammend, war dem jungen Harri Stojka schon früh der Weg hin zu einer musikalischen Karriere vorgezeichnet. Auf Anregung seiner älteren Schwestern lauschte der gebürtige Wiener erstmals den Beatles und dem Spiel George Harrisons. Ein Moment, der wie der Wiener sagt, ihm die Augen geöffnet hat. Ganz besonders aber ist der junge Harri Stojka von seinem Vater gefördert worden. „Er hat gemerkt, dass ich seit meinem sechsten Lebensjahr eine sehr starke Affinität zu Saiteninstrumenten entwickelt habe, woraufhin er mir vom Jahrmarkt so eine kleine Plastikgitarre mitgebracht hat“, so der Wiener. Das Spielen und den Umgang mit seiner neu entdeckten Liebe, der Gitarre, brachte er sich aber zunächst selbst bei. „Üben, üben, üben – bis die Finger rauchen“, pflegte sein Vater immer zu sagen.
Den ersten Auftritt vor Publikum absolvierte er mit 13 Jahren gemeinsam mit seinem Cousin Jano auf der Bühne der Arena, dem damals wichtigsten Auftrittsort der Wiener Jugendszene. Seinen ersten echten Gitarrenunterricht erhielt Harri Stojka eigentlich erst viele Jahre danach, kurz bevor er bei der Band Gypsy Love anheuerte. Kopf dieser war niemand geringerer als sein Cousin Karl Ratzer, der als Jazzmusiker schon seit den sechziger Jahren bedeutende internationale Erfolge feiern konnte und die Bühnen mit den ganz Großen der Szene teilen durfte. Lehrjahre, die den talentierten Musiker nachhaltig prägen sollten.

Was Harri Stojka zeitlebens neben der Musik ebenfalls immer beschäftigt hat, war die Frage nach seinen eigenen ethnischen und damit auch musikalischen Wurzeln. Aus diesem Grund begab sich der Gitarrist gemeinsam mit seinem befreundeten Musikerkollegen Mosa Sisic 2010, begleitet vom Filmemacher Klaus Hundsbichler, auf eine ausgedehnte Indienreise, die ihn nach Rajasthan, einer Provinz im Nordwesten der indischen Halbinsel führte. Eindrucksvoll dokumentiert wurde diese außergewöhnliche Erfahrung, bei der natürlich auch die Musik einen zentralen Bestandteil eingenommen hat, im Film „Gypsy Spirit: Harri Stojka – Eine Reise“.
Mit dem Album „GitanCœur d’Europe“ folgte im vergangenen April der bislang letzte Geniestreich des österreichischen Ausnahmegitarristen. Einmal mehr ist es dem Romamusiker und Wiener Original gelungen, sich als einer der vielschichtigsten und facettenreichsten Musiker des Landes zu präsentieren. Was zeigt, dass Harri Stojka noch lange nicht am Ende der kreativen Fahnenstange angelangt ist und seine Fans vermutlich noch lange begeistern wird können. (mt)
Fotos: Manfred Werner (cc-by-sa3.0)