
Über mangelnde Aufmerksamkeit der Medienwelt kann sich das Quartett, bestehend aus Maurice Ernst, Peter Horazdovsky Michael Krammer und Andreas Födinger, definitiv nicht beklagen. Nach Erscheinen des wunderbar titulierten Debüts „Nelken und Schillinge“ folgten Rezensionen, Interviews und regelmäßige Airplays im Radio. Wohl zur richtigen Zeit am richtigen Ort waren die Jungs, als Ende 2007 Zebo Adam und Manfred Franzmeier (beide Mitglieder der Band Russkaja) auf die Gruppe aufmerksam wurden. Wenige Monate später folgten die ersten Aufnahmen im Studio, die sich doch ein wenig in die Länge zogen, ehe das Erstlingswerk im September 2009 auf Schönwetter-Records erschien. Aber gut Ding braucht eben Weile. Das rege Feedback der Öffentlichkeit brachte die Jungs alsbald raus aus Österreich und man folgte unter anderem Einladungen nach Berlin, wo sie in legendären Clubs wie dem Maria oder dem Magnet ihr großes Können unter Beweis stellen durften. Klingt ja fast wie aus dem Märchen. Apropos Märchen – genau solche sollen die ehemaligen Klosterschüler vor ihrer musikalischen Bilderbuch-Karriere vertont haben. Nomen est Omen. Und wenn wir schon beim Thema Märchen und Bilderbuch sind, dann darf auch gleich erwähnt werden, dass die Formation sogar schon das Vorprogramm von Cold War Kids und Gonzales bestreiten durfte. Es hätte auch schlechter laufen können.
Weil dem eben nicht so war, freute man sich lieber über eine weitere Kooperation mit dem Stammlabel und feilte intensiv an einem Nachfolgewerk. Am 18. März 2011 erschien „Die Pest im Piemont“ und wenn man weiß, wie „Nelken und Schillinge“ klingt, muss man feststellen, dass die Band im Laufe der Zeit einen Reifeprozess durchlebt hat. Es ist ja nicht so, dass die vier Musiker – alle noch im frühen Twen-Alter – vor postpubertären Charme überschäumen. Es gibt Bands in den Vierzigern, die weniger Geistreiches von sich geben. Vielleicht liegt es an der höchst nuancenreichen Melodieführung der einzelnen Songs. Eine Konstante ist hier schwer zu finden, man setzt lieber auf hohe Spannungsbögen, akustische Überraschungen und verzichtet gerne auf langwierige Intros. Selbst eine Genredefinition für Bilderbuch ist ein Ding der Unmöglichkeit: Indierock/Postpunk vermischt sich mit einem Hauch Hamburger Schule trifft es vielleicht noch am Ehesten. Letzteres erklärt sich daher, dass auf hochdeutsch gesungen wird und ein gewisser Hang zur Poesie bezüglich der textlichen Struktur nicht von der Hand zu weisen ist. Ferner spielt man gerne mit verschrobenen Wort- und Sinnbedeutungen. Kein leichtes Unterfangen für den geduldigen Zuhörer, man muss schon genau und mindestens zwei mal die Ohren spitzen, um die Lieder vollkommen aufnehmen zu können. Dafür bleibt dann aber der ein oder andere Vers lange im Gedächtnis haften.

Nachdem das neue Album im März auf dem Ars Electronica Gelände in Linz erstmals präsentiert wurde, geht es nun weiter auf Tournee. Auch beim Waves Vienna Festival werden Bilderbuch zu Gast sein. Am 1. September lohnt es sich definitiv, das Flex aufzusuchen. Zur Info: Die Tour führt leider nicht ins Piemont. Dort herrscht nämlich die Pest. (bw)
Termine:
01.10.2011 Flex, Waves Festival – Wien
07.10.2011 Mamas Bar – Kirchberg/Wechsel
08.10.2011 JUZ – Wolfsberg
14.10.2011 Kaunertal Opening – Kaunertal
15.10.2011 Röda – Steyr
Fotos @ Christian Pitschl