Derzeit gibt es im Internet Angebote wie Sand am Meer, die es Bands und Labels ermöglichen, ihre Musik online zu verkaufen. Sei es über herkömmliche Download-Plattformen oder Musik-Services oder gar über die eigene Bandwebsite. Hierbei treten aber immer wieder Probleme auf, da einerseits die Präsentationsmöglichkeit, also der freie Handlungsspielraum stark eingeschränkt und die Zusammenarbeit mit einem Zwischenhändler (ein so genannter Aggregator, ein online Vertrieb der die Aufgabe hat, die Musik- und Metadaten aufzubereiten und Downloadshops damit zu beliefern. Hier gibt es von Aggregator zu Aggregator verschiedene Geschäftsmodelle, % Beteiligungen und fixe Kosten) meist unerlässlich ist, oder man auf technische Grenzen stößt, wenn Musik über die eigene Bandwebsite zum Download angeboten wird: die technische Infrastruktur muss gegeben sein und einwandfrei funktionieren, eine Menge Speicherplatz wird benötigt, die Downloadgeschwindigkeit muss im Rahmen des Ertragbaren sein, Bezahlungsmöglichkeiten müssen zur Verfügung gestellt werden und obendrein soll die Verkaufswebsite auch noch übersichtlich gestaltet und für den User selbsterklärend sein. Auch sollte es rund um die Uhr einen Support für etwaige Fragen geben.
Der Idealfall: eine Plattform, über die Musik direkt an die Fans verkauft werden kann, die möglichst alle notwendigen technischen Rahmenbedingungen zur Verfügung stellt und individuell gestaltbare Präsentations- und Promotionmöglichkeiten anbietet.
Eine Plattform, die einige dieser Ansätze vereint ist Bandcamp. Gestartet im Jahr 2006 als Projekt zweier Freunde ist Bandcamp mittlerweile zu einem der populärsten Anbieter auf diesem Gebiet geworden ist. Weit über 2 Millionen Tracks und über 250.000 Alben werden dort von Artists und Record Labels zum Verkauf angeboten.
Auch einige österreichische Bands und Indie-Labels nutzen Bandcamp, wie zum Beispiel Ilias Dahimene von Seayou Records oder Alexandr Vatagin von Valeot Records.
DAS ANLEGEN EINES BANDCAMP-PROFILS
Der Registrierungsprozeß gestaltet sich recht einfach. Nach Eingabe von Username, Passwort, Email, Genre, Land und Bandname wird man aufgefordert seine eigene Domain auszuwählen, die dann wie im Falle der Wiener Indie-Band Sex Jams http://sexjams.bandcamp.com/ lauten könnte. Die Auswahl der URL kann nur einmal getroffen werden und nicht wieder rückgängig gemacht werden. Nach dem Klick auf den Button “Done” wird man aufgefordert, den ersten Track hochzuladen. Wichtig: Es werden keine Kosten eingehoben, wenn man sich registriert. Bandcamp bekommt eine prozentuelle Beteiligung an einem verkauften Produkt (Track, Album, etc…). Mehr dazu aber später.
DIE RICHTIGE PREISPOLITIK
Bandcamp bietet hierbei verschiedene Optionen an. Valeot Records verlangt für ein Album beispielsweise 5 Euro, Seayou Records hingegen hat als Minimum-Preis 6 Euro festgelegt. Es besteht die Möglichkeit einen Fixpreis pro Album/Track anzugeben, einen Minimum-Preis, den jeder Fan bezahlen muss oder man kann das interessierte Publikum selbst bestimmen lassen, wieviel Geld sie ausgeben wollen.
Darüber hinaus besteht auch die Option, sämtliche Veröffentlichungen gratis unter das Volk zu bringen – wobei dies gestaffelt auch wie folgt aussehen kann: angenommen ein Album mit 10 Tracks wird zum Verkauf angeboten, wobei aber als Goodie eine bestimmte Anzahl der Songs gratis zum Download hergegeben wird. Als Gegenleistung muss der geneigte Hörer seine Email-Adresse hinterlassen. Oder man nützt die Gelegenheit und wählt einen Song, der eine bestimmte Veröffentlichung gut repräsentiert – denken wir zurück an das in vergangenen Zeiten gebräuchliche Singleformat. Wenn zu diesem Song auch noch ein Video vorhanden ist, kann man diesen Song als exklusiven Download auch parallel auf anderen Plattformen sehr gut für Promotionmöglichkeiten für ein anstehendes Album nützen.
DAS FINANZIELLE
Das Business-Modell von Bandcamp sieht folgendermaßen aus: die Plattform bekommt 15% eines verkauften Produkts, hat man einen Umsatz von 5.000 Dollar gemacht, sinkt die prozentuelle Beteiligung auf 10%. Ein Beispiel: Verkauft man ein Album um 10 Dollar, stehen Bandcamp 10% zu, d.h. die Plattform bekommt 1 Dollar. Wird ein weiteres Album verkauft, beträgt die Bilanz 2 Dollar. Hat man beispielsweise 10 Alben zu jeweils 10 Dollar an den Fan gebracht, sieht die Bilanz so aus: 10 Dollar gehen an Bandcamp, der Rest geht an die Band. Die Verkaufshistorie, die im Bandcamp-Profil zu finden ist, gibt Aufschluß darüber, wie es gerade um die Einnahmen steht.
Achtung: um überhaupt eine Transaktion tätigen bzw. um Musik verkaufen zu können, ist ein Paypal-Account notwendig. Das bedeutet, man muss jene E-Mail-Adresse, die bei Paypal hinterlegt ist, bei der Registrierung eines Bandcamp-Accounts angeben. Wie dies genau funktioniert, ist bei den FAQs genau beschrieben. (http://bandcamp.com/payment_setup)
DAS RICHTIGE FORMAT
Hat man so wie oben beschrieben den Registrierungsprozeß durchschritten, wird man aufgefordert, seine ersten Tracks upzuloaden und ein Album anzulegen. Was sofort auffällt, ist aber die Formatwahl, d.h. Bandcamp versucht den verschiedendsten Ansprüchen der Konsumenten gerecht zu werden und verlangt von jeder Band bzw. Label ihre Musikdateien in der höchstmöglichen Qualität upzuloaden, sprich WAV, AIFF und FLAC, also alles lossless-Formate, von denen aus Bandcamp alle anderen Formate wie mp3 (320k, VBR), Ogg Vorbis, Apple Lossless und AAC (iTunes-Format) erstellt. Noch dazu integriert Bandcamp alle Metadaten, d.h. all jene Informationen, die man über einen Track/Album bereit stellt. Lädt also ein User bei Bandcamp gekaufte Musik beispielsweise in iTunes, werden sofort alle Informationen, wie Künstlername, Albumname, Coverart, etc… angezeigt.
Auch bei den Streams, also bei der Vorhör-Funktion eines Tracks geht Bandcamp einen eigenen Weg: diese werden nicht wie bei anderen Plattformen zu 30-Sekunden-Snippets zusammengeschrumpft, sondern werden in voller Länge und in akzeptabler Qualität, nämlich als MP3s in 128 Bitrate bereit gestellt.
Und gerade diese Möglichkeiten – über die individuelle Gestaltung seiner Bandcamp-Website bis hin zur freien Wahl des Dateiformats – macht Bandcamp vor allem unter Indie-Artists sehr beliebt. Ein Artist, eine Band oder ein Label haben sehr viele Möglichkeiten, ihr Angebot frei zu gestalten und individuell auf die “Zielgruppe” zurecht zuschneidern. Außerdem gibt es immer mehr audiophile Käufer, die darauf Wert legen, ihre erstandenen Musikstücke auch in einer ordentlichen Qualität zu bekommen. Bandcamp hat es wie folgt auf den Punkt gebracht: “It’s all about maximizing flexibility for you and your fans”.
CREATIVE COMMONS
Mit “Creative Commons” bietet Bandcamp eine alternative Lizensierungsmöglichkeit abseits des “All Rights Reserved”-Modells an. Hier ist aber Vorsicht geboten, denn hat man als Künstler bereits einen Wahrnehmungsvertrag mit der AKM abgeschlossen, kann man die Creative Commons Lizenz nicht verwenden, da mit dem Abschluß eines Wahrnehmungsvertrags der AKM auch das Recht auf alle zukünftigen Werke eingeräumt wird.
Um Missverständnissen vorzeubeugen, sollte man sich daher an seine Verwertungsgesellschaft wenden, um etwaige Fragen zu diesem Thema zu klären. (www.akm.co.at, www.austromechana.at)
DAS RECHTLICHE
Da es sich bei Bandcamp um keinen digitalen Vertrieb handelt und die Plattform somit keine Funktion eines Zwischenhändlers übernimmt, ist die Nutzung auf einer nicht-exklusiven Basis, d.h. der Verkauf über Download-Plattformen oder die Zusammenarbeit mit digitalen Distributoren ist jederzeit rechtlich zulässig.
Desweiteren: „You must own or control all rights to everything you upload“. Hiermit schliesst Bandcamp den Upload von Coverversionen aus, es sei denn man ist eine rechtlich wirksame Lizenzvereinbarung mit der Band bzw. den Rechtehaltern eingegangen, deren Songs gecovert werden.
Ebenso sollten Record Labels beim Thema „Streaming“ vorsichtig sein: Bandcamp bietet nämlich alle Streams in voller Länge an. Record Labels dürfen aber Titel aus dem labeleigenen Repertoire nur bis zu einer Länge von 45 Sekunden als Stream zur Verfügung stellen. Darüber hinausgehend müssen Lizenzgebühren an die Austromechana und AKM entrichtet werden. Für nähere Informationen mit der Vewertungsgesellschaft in Verbindung setzen.
DIE INDIVIDUELLE GESTALTUNG SEINER SEITE
Auch hier kocht Bandcamp sein eigenes Süppchen, denn anders als bei Music-Services, die Bandprofile eher als Werbefläche für ihre Kunden betrachten und die Seiten mit Flash-Animationen überfrachten, wird hier Wert auf die einfache Nutzung und Übersichtlichkeit gelegt. Die Microsite, die innerhalb eines gesteckten Rahmens editierbar ist, wird also wieder zu einer einfachen, aber wirkungsvollen Präsentationsfläche ohne unnötige Gimmicks.
Mit dem Upload eines sogenannten “Custom Headers” und der Farbauswahl unter dem Menüpunkt “Design” ist die Microsite auch schon fast fertig. Die Reduzierung auf das Wesentliche, also auf den Verkauf der Musik, steht hier wieder im Vordergrund. Die üblichen Share/Embed-Funktionen und integrierte Facebook-Like-Buttons sind gut platziert und für jeden Fan, der seine Lieblingsband über Bandcamp weiterempfehlen oder auf einen neuen Release in seinem Blog hinweisen will, nicht zu übersehen. Zu guter Letzt können Twitter-Addicts darüber auch ihren Tweet hinterlassen.
Ebenso ist es auch möglich, seine Fans über den “Buy Disc”-Button auf den Label-Merchstore weiterzuleiten. So kann auch jeder die Musik nicht nur in digitaler Form sondern auch als physisches Produkt, sprich CD oder Vinyl kaufen. Seayou Records und Valeot nützen diese Möglichkeit auf diese Weise.
Im Administrationsbereich lässt sich überdies einstellen, ob der aktuelle bzw. letzte Release, der hinzugefügt wurde, angezeigt werden soll oder ob die User zuallererst auf eine Index-Seite geleitet werden, die einen Überblick über alle Alben gibt. Dies lässt sich im Adminstrationsbereich unter dem Menüpunkt “Index” festlegen. Durch das Hinzufügen von sogenannten “Rows” und “Columns” lässt sich die Darstellung der Auflistung verändern.
Ein weiteres nettes Gimmick bietet Bandcamp in Zusammenarbeit mit der Plattform “Songkick” an, denn jeder Fan sollte auch wissen, wann und wo der nächste Auftritt einer Band stattfindet oder welche Tour gerade ansteht. Um Konzerttermine auf Bandcamp integrieren zu können, wird ein Songkick-Account benötigt. Alle notwendigen Schritte werde hier beschrieben: http://getsatisfaction.com/songkick/topics/how_do_i_get_my_events_to_sho…
DIE FEATURES
Die Statistik
Neben den schon bereits erwähnten Möglichkeiten wie die freie Formatwahl, die flexible Preisgestaltung oder die recht einfache Gestaltung seiner “Verkaufsfläche” und den bereits üblichen Features den gesamten Inhalt der Seite über diverse Social-Networking-Kanäle oder Blogs zu kommunizieren und zu verbreiten gibt es auch noch ein paar andere Features, die Bandcamp anbietet. Da wäre zum Einen die Statistik-Funktion, die im Administrationsbereich zu finden ist und einer Band Aufschluß darüber gibt, welche Tracks am populärsten sind, was und wieviel gekauft bzw. downgeloadet wurde, welche Suchmaschinen-Begriffe den meisten Traffic auf eine Bandcamp-Seite geleitet haben. Nicht zuletzt erfährt man hier ebenso, an welchen Plätzen im Internet zu der Bandcamp-Seite gelinkt wurde und wo der Bandcamp-Player eingebettet wurde.
SEO
Desweiteren ist jedes Bandcamp-Profil “Search Engine Optimized”. Dies bedeutet nicht anderes als das im Idealfall eine Suchanfrage nach einer Band bei Google die Listung des Bandcamp-Profils im Top-Bereich zum Ergebnis hat.
Der Player
Wie bereits erwähnt, ist die “Share-Funktion” mittlerweile für jedes Music-Service ein “Must-Have”. Verwendet man bei Bandcamp diese Funktion, wird man befragt, wie der geteilte Inhalt bzw. das Widget aussehen soll, d.h. im Falle einer Einbindung in einen Blog wie WordPress lässt sich der Player nach einigen vorgegebenen Größen anpassen, ebenso lässt sich die Farbgebung frei gestalten. Ist der Player nach den persönlichen Vorstellungen fertig gestellt, kann das Widget mittels eines “Codes” in die gewünschte Seite eingebettet werden.
Discount Codes
Auch Aktionspreise, sogenannte “Discount Codes” lassen sich erstellen. Beispielsweise kann so dem Backkatalog etwas auf die Sprünge geholfen werden. Einfach einen Code für ein bestimmtes Produkt generieren und festlegen, wie lange die Aktion gelten soll. Natürlich sollte nicht vergessen werden, die Produktaktion über E-Mail, Twitter oder andere Kanäle zu kommunizieren. Darüber hinaus lassen sich diese Angebote noch zusätzlich aufwerten, in dem man als Bonus PDF liner notes, Photos oder Videos inludiert. Bandcamp integriert diese “Bonus Download Items” in das ZIP-File, das jedem Käufer zum Download zur Verfügung gestellt wird.
Pre-Orders
Desweiteren besteht seit kurzer Zeit die Möglichkeit, “Pre-Orders” anzubieten. Kurz vor dem offiziellen Release-Termin eines Albums kann man auf diese Weise seinen Fans die Wartezeit auf das neue Werk verkürzen. Einfach das Album anlegen und die neuen Songs uploaden und auswählen, welche Songs bereits im Vorfeld zum Kauf angeboten werden. Sobald das Album dann offiziell veröffentlicht wird, geht ein Email mit einem Link raus, der die Fans zum Download des restlichen Albums weiterleitet.
Mailing-List
Auch das Anlegen einer Mailing-List wird von Bandcamp unterstützt, denn werden bestimmte Songs oder vielleicht sogar ein gesamtes Album zum gratis Download angeboten, besteht die Möglichkeit, als “Gegenleistung” die Email-Adresse zu verlangen.
Download-Codes
Mittlerweile gewinnt die Verwendung von sogenannten “Download-Codes” immer grössere Bedeutung. Ob diese Codes jetzt als Stand-Alone Promotionmöglichkeit eingesetzt werden oder als Goodie in Verbindung mit einem physischen Produkt, zb. Vinyl-Album oder Merchandise-Artikeln: Bandcamp stellt 200 dieser Codes gratis zur Verfügung. Sollten mehr Download-Codes benötigt werden, können diese für 1.5 Cent – 3 Cent pro Code nachgekauft werden. Oder die Verkäufe belaufen sich auf 500 Dollar, dann bekommt man 1.000 Codes geschenkt.
Achtung: Auch hierbei sollte man den rechtlichen Aspekt nicht vergessen und sich bei seiner Vewertungsgesellschaft darüber informieren, ob in diesem Fall Abgaben zu entrichten sind.
FAZIT
Alexandr Vatagin von Valeot Records meint, dass Bandcamp im Vergleich zu anderen Plattformen wie Facebook oder Myspace sehr einfache Anhörmöglichkeiten bietet: „Einfach und unkompliziert ist überhaupt die beste Beschreibung für Bandcamp“.
Ilias Dahimne, Labelbetreiber von Seayou meint unter anderem, dass man eventuell noch mehr interkative Elemente (Userreviews, etc…) einbauen könnte. Auf die Frage, welchen Unterschied eR bei den Verkäufen zwischen Bandcamp und iTunes bemerkt, sagt er: „Der Ertrag bei Bandcamp ist geringfügig höher, dafür ist iTunes bei der Menge an Tracks weit vorne (ca 90% aller Digitalverkäufe gehen über iTunes)
Peter Balon
http://bandcamp.com/