mica-Interview Harry Fuchs / Projekt pop!

Man muss nicht unbedingt in die Ferne schweifen, um erstklassige Popmusik hören zu können. Der alljährlich erscheinende und vom Projekt pop! zusammengestellte Sampler zeigt ein aufs andere Mal, welch hochtalentierte und hoffnungsvolle MusikerInnen und Bands, auch hierzulande am Werken sind. Der auf 1.500 Stück limitierte Sampler soll vor allem dazu dienen, die Popszene Österreichs international, wie etwa auf den Musikmessen Midem in Cannes und der Popkomm in Berlin, zu präsentieren. Verantwortlich für diesen zeigt sich der Leiter des Projekts Harry Fuchs.

„projekt pop!“ gibt es seit 1997. Wer waren die Personen, die eine Gründung dieses Projekts durch AKM/GFÖM initiierten und was war ihre Motivation?

Die AKM/GFÖM hat im Frühjahr 1997 das Projekt pop! ins Leben gerufen, das Projekte zur Förderung österreichischer Musikschaffender konzipiert und organisiert. Vor allem soll jungen Musikschaffenden die Professionalisierung und der Markteinstieg erleichtert werden. Das Projekt pop! ist ein Förderprojekt und hat grundsätzlich keinen kommerziellen Charakter. In den ersten beiden Jahren wurde das Projekt vom ehemaligen Ö3-Mitarbeiter Christian Lehner organisiert, ich habe die Projektleitung Anfang 1998 übernommen. Mein Ansatz war es, mit den zur Verfügung stehenden finanziellen Mitteln möglichst viele und möglichst effektive Projekte zu realisieren. So habe ich im Auftrag der AKM auf Basis von Expertisen namhafter Branchenvertreter ein umfangreiches Popmusikförderkonzept entwickelt, das 50 Einzelprojekte vorschlägt, von denen wir nun im Rahmen der budgetären Möglichkeiten einige konkret anbieten.

Was waren die zentralen Punkte dieser Neuausrichtung?

Als ich das Projekt pop! übernommen haben, wurden jährlich zehn Maxi-CDs mit je zwei Acts produziert, um die Industrie auf die jungen Talente aufmerksam zu machen. Aus den Maxi-CDs wurde dann im Zuge der Neuausrichtung ein jährlicher Sampler. Darüber hinaus haben wir in ein Vakuum gestoßen und 2001 erstmals in Österreich in Kooperation mit der Musikuniversität/Institut für Popularmusik Songwriting-Workshops angeboten. Das Thema „Information und Professionalisierung“ stand von da an im Mittelpunkt von pop!, so führen wir seit 2001 zumindest zweimal jährlich feedBack Demo Listening-Sessions in Kooperation mit soundbase durch. Auch im Internet waren wir von Anfang an aktiv und haben in Kooperation mit dem Veranstalterverband Österreich und der Musikergilde „veranstalterweb.at“ aus der Taufe gehoben. Weiters sind wir Österreich-Vertreter der international vernetzten B2B-Plattform „music2deal“. In der Vergangenheit gab es zahlreiche weitere Projekte, die als Pilot- oder Einmalprojekte umgesetzt wurden, so unter anderem: Soundtrack (Schulversuch als Kooperation zwischen Musikuniversität und Unterrichtsministerium), Austrian Sound Odyssey (MP3-CD für internationale Musikmessen), Easy Drivers-CD (50.000 Exemplare als PR für österreichische Acts gratis verteilt), Popstar Training Center (Ausbildungsmodule für Musikschaffende).

Welche Projekte werden aktuell von „projekt pop!“ durchgeführt?

Die aktuell durchgeführten Einzelprojekte bieten konkrete Serviceleistungen, Ausbildungsangebote und Karrierehilfen für Musikschaffende: pop!-Promotionsampler, Songwriting-Workshops, feedBack Demo Listening Sessions, die Musikbusiness-Plattform music2deal, sowie das Veranstalterweb. Darüber hinaus steht das Projekt pop! in einer engen Kooperation mit dem Österreichischen Musikfonds und leistet Informationsarbeit in Richtung Politik, Medien und Wirtschaft, um auf Defizite hinzuweisen und Rahmenbedingungen zu schaffen, innerhalb derer sich die gesamte österreichische Musikszene auch in Zeiten wie diesen gesund entwickeln kann.

Was sind die größten Erfolge bisher?

Das Projekt pop! zielt mit seinen Projekten nicht auf substanzlose Kurzzeitergebnisse, sondern ist in seiner Arbeit auf das Angebot konkreter Hilfestellungen und eine Verbesserung der Rahmenbedingungen für Musikschaffende sowie eine damit verbundene nachhaltige Stärkung der Musikszene ausgerichtet. Da in den letzten 12 Jahren weit über tausend KünstlerInnen und Bands die breitgestreute Angebotspalette von pop! genutzt haben, kann ich natürlich nicht die Karrieren jedes einzelnen verfolgen, bzw. ist im Rahmen der Karrieren auch nicht immer herauslesbar, welche Erfolge auf die Aktivitäten von pop! zurückzuführen sind. Im Rahmen unseres 10-jährigen Bestehens haben wir jedoch einmal abgefragt, inwieweit pop! hilfreich war. Und da kamen durchwegs positive Reaktionen, in denen die Künstler deutlich gemacht haben, dass Ihnen unsere Angebote eine große Hilfe waren. Die zwei plakativsten Erfolge waren ein Signing der Künstlerin Pina Kolars beim Realworld-Label von Peter Gabriel, das durch unsere Vermittlung zu einem deutschen Verlag entstanden ist, und der Chartserfolg von „Ich lebe“, hierbei ist die Zusammenarbeit zwischen dem Christina Stürmer-Produzenten Alexander Kahr und dem Songwriter Harald Hanisch bei einem pop!-Workshop entstanden.

Die jährliche „pop! Promotion CD“ wird für welche Zielgruppe produziert?

Die pop!-CD soll die darauf vertretenen Acts der Musik- und Medienbranche präsentieren. So ergeht die CD per direct mail an Plattenfirmen, Verlage, Veranstalter und Musikmedien in Österreich; im Ausland richtet sich der Sampler an dieselbe Zielgruppe und wird auf den Musikmessen MIDEM/Cannes und PopKomm/Berlin verteilt.

Wie erfolgt die Einreichung der Bands und wie ist die Jury zusammengesetzt?

Die Einreichung erfolgt unkompliziert, indem ein Demosong (Audio oder MP3), Bandinfo und Foto an uns geschickt wird. Die Jury ist AKM/GFÖM-intern zusammengesetzt und besteht aus Vertretern aller AKM-Kurien, also aus Komponisten, Textern und Verlegern. Ich selbst darf mich auch in die Jurywertung einbringen.

Was darf sich eine Band an Aufmerksamkeit und Anfragen erwarten, die auf dieser CD erscheint?

Die pop!-CD hat in Branchenkreisen mittlerweile den Ruf einer wohlsortierten Übersicht über junges heimisches Talent und ich bekomme die Rückmeldung vieler Adressaten, dass die CD auch aufmerksam durchgehört wird. Eine auf der pop!-CD vertretene Band oder KünstlerIn findet also Gehör in Fachkreisen. Darüber hinaus gibt es immer wieder – auch internationale – Lizenzanfragen für einzelne Titel sowie Festivaleinladung. Aktuell wurde Tamara Olorga, die auf der pop!-CD 2010 vertreten ist – zum Baltic Song Festival eingeladen, das in mehreren Ländern im TV übertragen wird. Schon in der Vergangenheit war mit Baghira eine pop!-Künstlerin eingeladen und hat bei diesem großen Bewerb den sensationellen dritten Platz belegt.

Wie sind die FeedBack Demo Listening Sessions entstanden?

Laufend war ich mit Demo-CDs und der Bitte um Rückmeldung konfrontiert. Da lag es auf der Hand, die Musikschaffenden direkt mit Entscheidungsträgern zusammenzubringen und ein direktes Feedback zu ermöglichen. Neu war die Idee natürlich nicht, denn in Los Angeles wurde schon lange die „Songwriting Convention“ durchgeführt, die ein ähnliches Konzept verfolgt, nur das dort noch viel härter geurteilt wird, als bei uns. Mittlerweile gehen wir mit FeedBack ja auch in die Bundesländer, die Steiermark stand schon am „Spielplan“, mit möglichen Kooperationspartnern in Oberösterreich und Kärnten bin ich in konkreten Gesprächen, weitere Bundesländer sollen folgen.

Wo werden die „pop!-Songwriting-Workshops“ durchgeführt (in welchen Bundesländern) und wie erfolgt die Auswahl der TeilnehmerInnen?

Die Songwriting-Workshops werden als Kooperation mit der Universität für Musik und darstellende Kunst/Institut für Popularmusik in deren Räumlichkeiten – und daher in Wien – durchgeführt. Da die Veranstaltung sehr groß dimensioniert ist, wären einzelne Bundesländer-Workshops in der derzeitigen Budgetsituation nicht finanzierbar. Wir stehen aber natürlich österreichweit offen und so hatten wir schon Teilnehmer aus allen Bundesländern. Da der Workshop eine Woche lang am Stück stattfindet, können die Teilnehmer aus den Bundesländern mit einer Anreise an der gesamten Veranstaltung teilnehmen. Die Theoriemodule des Workshops stehen ja kostenlos und ohne Beschränkung offen, das heißt, es kann jeder Interessierte daran teilnehmen. Für die aktive Teilnahme in den Klassen gibt es immer wesentlich mehr Anmeldungen als freie Plätze. Daher erfolgt die Anmeldung auch mit Einsendung von Referenzmaterial; unser künstlerischer Leiter wählt dann die Teilnehmer aus.

Welche Ziele verfolgen die „pop! Songwriting-Workshops“?

Der Songwriting-Workshop wendet sich an alle Komponisten und Texter, die sich theoretisches Rüstzeug für ihr musikalisches Schaffen aneignen wollen. Aktive Teilnehmer können in Workshopklassen, geleitet von etablierten Künstlern, eigene Songs entwickeln. Im Anschluss an den Workshop werden die Songs auf CD veröffentlicht. Der Songbegriff des Workshops wird dabei jedenfalls nicht zu eng verstanden, sondern wird sowohl der Entwicklung und Entfaltung vielfältiger individueller Konzepte als auch der Auseinandersetzung mit Marktgegebenheiten und Trends dienen. Die unterschiedlichen Zugänge zum Songwriting werden nicht zuletzt durch die stilistische Bandbreite der Referenten repräsentiert. Der Workshop wendet sich darüber hinaus an Musiklehrer, die in ihren Schul- oder Instrumentalklassen bereits Projekte im Bereich Songwriting durchgeführt haben und sich auf diesem Gebiet gerne weiterbilden möchten.

„projekt pop!“ hat eine Kooperation mit „music2deal.com“ begonnen. Was ist das für eine Plattform

music2deal bietet allen Musikschaffenden und –produzenten die Möglichkeit, Songs, Lizenzen und Künstler international anzubieten, beziehungsweise gezielt Repertoire zu finden. music2deal ist Marktplatz für Urheber, Musikschaffende, Musikverlage, Independent- und Major Labels, A&R´s, Agenten, Produzenten, Manager, Promoter, Vertriebe und Importeure/Exporteure, Musikeinkäufer aus der Werbe-, Video- und Gamesbranche, sowie auch Film- und TV-Produzenten und ist in allen wichtigen Musikmärkten vertreten: Deutschland, Schweiz, Österreich, Skandinavien, Benelux, Kanada, Großbritannien, USA, Russland, Indien, Brasilien, Ukraine, Ungarn, Frankreich, Spanien, Italien, Polen, Lettland, Litauen, Estland, Irland, Taiwan, Kroatien, Slowenien, China, Taiwan, Indonesien, Südafrika und Korea. Durch dieses Netzwerk können Künstler und Songs international vermarktet und weltweite Businesskontakte gepflegt werden.

Wie hat sich die Kooperation mit „music2deal.com“ entwickelt, welche Angebote präsentiert „projekt pop!“ zur Zeit über diese Plattform?

Ich habe Mario Christiani, den Betreiber von music2deal, auf der PopKomm kennengelernt und wir waren uns schnell einig, dass das Projekt pop! der richtige Länderpartner für Österreich ist. Pop! ist dabei für die Mitgliederbetreuung und für das Marketing in Österreich verantwortlich. Seit mehreren Jahren läuft diese Kooperation nun schon sehr gut, wir haben schon weit über 100 aktive Mitglieder aus Österreich. Wie gesagt ist music2deal eine professionelle business-to-business-Plattform zum Anbieten und Suchen von Künstlern und Songs, aber auch zum Netzwerken mit heimischen und internationalen Partnern. Wenn man so will, könnte man music2deal auch als „Facebook der Musikbranche“ bezeichnen, eben mit jenen konkreten Tools, die die Branche braucht. Es werden gerade neue Features in die Seite eingebaut, daher läuft sie momentan noch als „Beta“-Version. In Kürze sollen dann alle neue Tools freigeschaltet werden. Das Projekt pop! selbst präsentiert noch keine Songs auf music2deal, hinkünftig sollen aber die Ergebnisse der Songwriting-Workshops in diesem Rahmen präsentiert werden. Außerdem habe ich die Gruppe „Austrian Music“ eingerichtet, die dem Austausch und Netzwerken heimischer Marktteilnehmer dienen soll und  jetzt noch mit Leben befüllt werden muss.

Wie hoch ist das Budget mit dem „projekt pop!“ arbeitet und wer sind die Unterstützer?

pop! ist ein Projekt, das von der GFÖM (Gesellschaft zur Förderung österreichischer Musik, einer Tochter der AKM) durchgeführt und finanziert wird. Dass eine nachhaltige Musikförderung nur mit Partnerschaften, in Kooperationen und durch Nutzung von Synergien realisiert werden kann, ist für pop! nicht nur theoretischer Ansatz, sondern konkrete Grundlage der praktischen Arbeit und ausschlaggebend für die bisherigen Erfolge. So werden die Projekte mit finanzieller oder organisatorischer Unterstützung von Sponsoren und Kooperationspartnern realisiert. Derzeit sind mit im Boot: additiv media, America Is Waiting, Artware, Austrian Bandcontest, CDemowerk, Club Nolabel/FM5, Institut für Popularmusik/Universität für Musik und darstellende Kunst Wien, Kärnten rockt, Musikergilde, soundbase/WienXtra, Swoon Factory, The Voice, Veranstalterverband Österreich, Volksbank Kultband. Beim letzten Songwriting-Workshop hat das Mica ein Seminarmodul beigesteuert. In der Startphase standen pop! jährlich 1,2 Millionen Schilling (rd. 87.000 Euro) zur Verfügung. Das derzeitige Grundbudget von pop! beläuft sich auf 40.000 Euro pro Jahr. Ich denke, wir haben hinreichend bewiesen, dass wir auch mit relativ überschaubaren finanziellen Mitteln zahlreiche konkrete, effiziente und nachhaltige Projekte realisieren können.

Was sind die nächsten Schwerpunkte von „projekt pop!“?

Grundsätzlich gilt es, die laufenden Projekte regelmäßig und in gewohnter Qualität anzubieten. Der Songwriting-Workshop kann nicht zuletzt aus Budgetgründen nur 2-jährlich stattfinden und wird im Jahr 2012 wieder durchgeführt. Das Projekt pop! ist darüber hinaus stetig bemüht, seine Aktivitäten auszuweiten und weitere Projekte aus dem rund 50 Einzelprojekte umfassenden pop!-Gesamtkonzept – im Idealfall mit unterstützenden Partnern – umzusetzen. Was es dabei an aktuellen Angeboten gibt, ist auf unserer Website www.projektpop.com nachzulesen.