MARTIN PHILADELPHY erfindet sich auf seinem neuen Album „Retrograde“ (Delphy Rekords) einmal mehr ganz neu. Der für seine innovativen und stilistisch weiträumig abgesteckten Ausflüge in freie musikalische Formen bekannte Gitarrist zeigt sich in seinen neuen Nummern überraschend eingängig und geordnet. Und das auf eine wirklich spannende Art.
Viele musikalische Universen abseits des Konventionellen, die Martin Philadelphy nicht schon einmal durchwandert hat, gibt es vermutlich nicht mehr. Der überaus umtriebige und experimentierfreudige Gitarrist ist genau das, was man einen „kreativen Freigeist“ nennt. In stilistischen Fragen vollkommen ungebunden, in seinem Tun stets losgelöst von allem klassisch Definierten und unentwegt auf der Suche nach neuen Herausforderungen fasst der gebürtige Tiroler sein musikalisches Spektrum um einiges weiter als viele andere seiner Kolleginnen und Kollegen. Sozialisiert im (Free-)Jazz hat ihn sein Weg mittlerweile bereits in fast jedes Genre hingeführt, in den Rock, den Pop, Noise, in die Elektronik und sonst wohin. Zu seinem unverkennbaren Markenzeichen ist über die Jahre hinweg vor allem seine sehr eigenwillige, zu allen Seiten hin offene und avantgardistisch angehauchte musikalische Sprache geworden. Besonders seine letzten Veröffentlichungen zeugen von einem starken Hang zu den freien und im Ton sehr schräg und wechselhaft erklingenden Musikformen.
Ein vielschichtiger und spannender Sound zwischen Jazz, Rock und Blues
Umso mehr überrascht Martin Philadelphy nun mit seinem neuen Output „Retrograde“. Es geht für seine Verhältnisse überraschend eingängig, entspannt und smooth zur Sache. In gewisser Weise streift der Gitarrist in manchen Momenten sogar an das Songformat an. Natürlich tut der Tiroler das auf seine ganz eigene Art, aber dennoch, es sind – wie bei ihm eher seltener der Fall – klare Strukturen zu erkennen. Es sind dieses Mal sehr bluesige Geschichten mit Verbindungen zum jazzigen Surfrock und einer starken Tendenz zu einprägsamen Melodien, die er gemeinsam mit seinen beiden Mitmusikern Philipp Moosbrugger (Bass) und Niki Dolp (Schlagzeug) erzählt. Der Sound, den das Trio mithilfe prominenter Unterstützung von Max Gaier (5/8erl in Ehr‘n), Martin Eberle, Manu Mayr (beide Kompost3) und Fernando Paiva entstehen lässt, formt sich zu einem sehr vielschichtigen und stimmungsvollen Klanggebilde, in dem sich leicht melancholische Momente mit richtig lässigem Groove und waghalsigen Improvisationen auf wirklich schöne Weise abwechseln.
Martin Philadelphy wird mit „Retrograde“ seinem Ruf, einer der innovativsten Köpfe der heimischen Musikszene zu sein, einmal mehr in überzeugender Manier gerecht. Bei diesem Musiker weiß man im Vorhinein wirklich nie, was er als Nächstes vorhat. Er vermag immer wieder zu überraschen, ungewöhnliche Türen zu öffnen und andere Akzente zu setzen.
Michael Ternai
Martin Philadelphy/Retrograde live
14.05. Mad Club Kosir, Bärnbach
16.05. 5e, Kopenhagen (DK)
20.05. Stromboli, Hall in Tirol
21.05. Riedschlössl, Tirol
24.05. Fluc, Wien
Link:
Martin Philadelphy