Mit „Horelia“ (Asinella Records // VÖ: 21.11.25) öffnet Clara Luzia ein neues Kapitel, das zugleich wie ein leises Echo ihrer frühen Jahre klingt. Für das Album hat sie sich eine zweite Formation an die Seite geholt – The Quiet Version –, ein Ensemble, das ihre Songs in kammermusikalische Nähe rückt und der Sängerin Raum gibt, Feinheiten freizulegen, die im Bandrauschen zuletzt untergingen. Zwischen englischen und deutschen Stücken entfaltet sich ein reduzierter, warm atmender Sound, der Melodie über Lautstärke stellt. „Horelia“ wirkt wie ein bewusstes Innehalten: ein Rückgriff auf die Essenz ihres Songwritings und ein Aufbruch in ein neues, stilleres Klangterrain. Im Interview mit Michael Ternai spricht Clara Luzia über den eigentlichen Grund, warum sie auf dem neuen Album leisere Töne anschlägt, weshalb es dennoch nicht einfach war, zu diesem Stil zurückzufinden, und wieso sie sich mit The Quiet Version auch der deutschen Sprache zugewandt hat.
Mit Clara Luzia & The Quiet Version geht es, was Lautstärke und Energie betrifft, wieder ein Stück weit zurück an den Start. Wie weit war das eine Notwendigkeit für dich, wieder eher leiser und intimer zu werden?
Clara Luzia: Es war eigentlich keine musikalische Entscheidung, sondern eher eine pragmatische. Wir haben in der Vergangenheit viele Anfragen von Veranstalter:innen bekommen – von Venues, in die meine Stammband, also die lautere Band, einfach nicht reingepasst hat. Sei es, weil es für mich nicht gestimmt hat, oder weil die Venues einfach zu klein waren. Ich hatte immer das Gefühl, wenn man da so laut reinbrettert, geht sich das irgendwie nicht aus. Oder es waren Venues mit Sitzpublikum, was ich auch nicht passend fand.
Da hat, glaube ich, Cathi irgendwann gemeint: „Schade, dass wir das dauernd absagen oder nicht annehmen können – sollten wir nicht vielleicht irgendeine Formation anbieten, mit der man solche Venues auch bespielen kann?“ Das war quasi die Initialzündung. Am Anfang war ich nicht wirklich begeistert von der Idee, weil ich froh war, endlich dort angelangt zu sein, wo ich immer hinwollte – nämlich beim Lautsein. Ich hatte immer das Gefühl, es war ziemlich schwer, mich von diesem fragilen Singer-Songwriterin-Image zu emanzipieren.
Ich dachte mir: Jetzt habe ich das endlich halbwegs geschafft, und jetzt soll ich wieder dorthin zurück? Aber Cathi fand – obwohl sie eine wahnsinnig gute, sehr laute Schlagzeugerin ist – meine ruhigeren Sachen eigentlich eh immer besser. Sie hat mich dann ein bisschen überredet. Irgendwann dachte ich mir, dass es eh ganz schön wäre, für ruhigere Konzerte in kleinerem Rahmen eine eigene Formation zu gründen. Wobei ich eines auf keinen Fall wollte: ein klassisches Unplugged-Format. Es sollte schon etwas Neues sein.
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Das heißt, das Ruhigere ist im Grunde immer noch nicht so ganz deins?
Clara Luzia: Ob ich mit diesem Ruhigen wirklich so glücklich bin, weiß ich selbst noch nicht so ganz. Ich meine, ich mag es schon, und auch zum Zuhören gefällt es mir. Aber ich merke, so ganz im Reinen bin ich damit noch nicht – einfach, weil ich so lange davon wegwollte. Diesen Impuls habe ich noch nicht ganz abgelegt, obwohl er eigentlich unbegründet ist – man kann ja beides machen. Es hat mich lange Zeit wahnsinnig genervt, als diese fragile Singer-Songwriterin wahrgenommen zu werden. Das war ich vielleicht am Anfang. Ich bin jetzt zwar kein Metalhead, der herumbrüllt, aber ich wollte eben nicht nur als die traurige, zerbrechliche Sängerin gelten. Da habe ich, glaube ich, noch ein bisschen Restschaden davon. Dabei singe ich das Ruhige eigentlich sehr gern. Aber das Lautere macht eben auch Spaß – und ich finde, beides ist wichtig und richtig.
Wie anders war es für dich, für dieses Ensemble zu schreiben? Wie leicht oder schwer war es, den richtigen Ton zu treffen?
Clara Luzia: Ich weiß ja gar nicht, ob ich den richtigen Ton überhaupt getroffen habe. Aber was mir wirklich viel Spaß gemacht hat, war das Arrangieren. Normalerweise ist es so, dass ich mit bereits komplett fertigen Songs ankomme und die Band dann quasi das umsetzt, was ich zuvor ausgearbeitet habe. Danach produziere ich. Das war bei dieser Band im Grunde nicht anders als bei meiner Stammband – mit dem Unterschied, dass ich diesmal viel genauer gearbeitet und insgesamt mehr Aufgaben übernommen habe. Und das hat mir wirklich großen Spaß gemacht. Wobei es natürlich mit beiden Bands Freude macht – das eine schließt das andere ja nicht aus. Ich würde keine der beiden missen wollen. Die andere Band gibt es schließlich auch noch, sie lebt weiter, auch wenn wir im Moment nicht so viel spielen.
Ganz interessant ist ja die Zusammensetzung der Band: Neben Kathi, deiner Schlagzeugerin, sind auch die Jazzkontrabassistin Judith Ferstl, die Trompeterin Kaya Meller und die Schauspielerin Claudia Kottal, die singt und Keyboard spielt, mit dabei. Wie bist du auf diese Musikerinnen gekommen? Mussten sie bestimmte Voraussetzungen mitbringen, um dabei zu sein?
Clara Luzia: Nein, eigentlich nicht. Als Cathi und ich uns überlegt haben, wie diese Formation aussehen könnte, haben wir uns zusammengesetzt und unsere Vorschläge eingebracht. Und Cathis und meine Traumband war tatsächlich genau die, die wir jetzt haben. Wir beide hatten unabhängig voneinander dieselben Leute im Kopf, die wir gerne dabeihaben wollten. Das war für uns Zeichen genug, dass dieses Projekt einfach sein soll – und dass es gut ist. Und zur großen Freude haben dann auch alle zugesagt.

Es sind alles großartige Musikerinnen, aber mir ging es in erster Linie darum, mit wem ich mir vorstellen kann zu arbeiten, wen ich um mich haben möchte. Und das waren eben genau diese Menschen. Es funktioniert auch wirklich super – obwohl sie sich untereinander vorher gar nicht kannten. Ich nehme mir jetzt einfach heraus, auch für sie zu sprechen: Ich glaube, es passt für alle sehr gut. Es ist eine sehr angenehme Truppe, und jede bringt etwas ganz Eigenes mit ein.
Der Sound des Albums geht ein wenig in Richtung Kammerpop. Ist das auch das, was du Anfangs im Kopf gehabt hast?
Clara Luzia: Das war auch etwas, was mir beim Erarbeiten der Nummern Spaß gemacht hat. Ich habe gewusst, wir haben da einen Kontrabass, ein Klavier und eine Trompete, was mache ich jetzt mit denen? Es war wirklich schön, da herumprobieren zu können. Es funktionierte alles in allem auch sehr gut. Im Grunde ist das Album auch so geworden, wie ich mir das vorgestellt habe.
Neu an dem Album ist auf jeden Fall, dass man dich darauf auf Deutsch singen hört. Ich weiß nicht, ob du das in einem anderen Zusammenhang schon einmal gemacht hast – auf deinen bisherigen Alben jedenfalls noch nicht.
Clara Luzia: Als ich damals mit Clara Luzia begonnen habe, habe ich tatsächlich darüber nachgedacht, ob ich englische und deutsche Texte vielleicht kombinieren könnte. Ich habe ja immer auch schon auf Deutsch geschrieben. Letztlich habe ich mich aber dagegen entschieden, weil Deutsch einfach eine ganz andere Klangfarbe hat. Ich fand es immer irritierend, wenn jemand in verschiedenen Sprachen singt. Deshalb fiel die Entscheidung, ausschließlich auf Englisch zu singen. Außerdem hatte ich damals den Ehrgeiz, über Österreich hinauszukommen – und mit Deutsch wirst du ja hauptsächlich im deutschsprachigen Raum gespielt. Das hat letztlich auch funktioniert, ich hatte durchaus Airplay in nicht deutschsprachigen Ländern. Erst mit dem Schreiben von Theatermusik, womit ich vor ein paar Jahren begonnen habe, habe ich dann auch angefangen, auf Deutsch zu singen. Ich habe auch wieder gemerkt, dass es eigentlich schade ist, dass ich das nie veröffentlicht habe. Mit der neuen Formation bot sich nun eine gute Gelegenheit, die Sprache zu wechseln. Auf dem Album sind zwar noch englischsprachige Songs enthalten, aber mittelfristig ist geplant, dass The Quiet Version ausschließlich auf Deutsch sein wird.
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Wie bist du damit umgegangen? Gab es da irgendwelche Zweifel?
Clara Luzia: Dadurch, dass ich ohnehin immer auch auf Deutsch geschrieben, es aber nie veröffentlicht habe – und im Theater ja sowieso auf Deutsch singe –, war das für mich nichts Neues. Es war also keine große Überwindung. Ich verstehe aber, dass es manche überrascht. Ich selbst finde es auch oft irritierend, wenn Artists, die immer auf Englisch gesungen haben, plötzlich auf Deutsch oder in einer anderen Sprache singen. Sprache ist ja wie ein Instrument – ein sehr markantes. Und sie klingt einfach völlig anders. Wenn du dasselbe Lied in verschiedenen Sprachen singst, ist es nicht mehr das gleiche Stück, auch wenn es formal dasselbe ist. Das darf man nicht unterschätzen.
Deshalb wollte ich das früher auch nie mischen. Jetzt, bei dieser Formation, habe ich aber das Gefühl, dass die Klangfarbe des Deutschen gut passt. Beziehungsweise schreibe ich inzwischen bewusst so, dass es für mich funktioniert. Trotzdem finde ich es deutlich schwieriger, auf Deutsch zu schreiben, weil es eben meine Alltags- und Muttersprache ist – da zensiere ich mich viel mehr. Im Englischen passiert das nicht so stark, weil ich viele sprachliche Feinheiten oder Implikationen gar nicht so genau kenne. Da schreibe ich viel assoziativer.
Was mir auch aufgefallen ist: Deine Musik hatte bislang immer eine gewisse melancholische Note.
Clara Luzia: (lacht) Durchaus.

Diesmal zeigst du aber – etwa im Song „Bla bla bla“ – auch Witz und Humor. Ist das in gewisser Weise ein Versuch, mit dem Image der zerbrechlichen Künstlerin zu brechen?
Clara Luzia: Ich glaube, Humor bringt man in der Muttersprache einfach leichter rüber als in der Zweitsprache, weil man da eben genau weiß, wie er funktioniert. Englisch ist ja nicht meine Alltagssprache, da kenne ich die Nuancen nicht so gut. Ich habe zwar auch in meinen englischen Texten Scherze eingebaut, aber die gehen vielleicht ein bisschen verloren. Ich habe also immer schon versucht, dass das Ganze nicht zu elend wirkt. Aber im Deutschen fällt es mir natürlich viel leichter, den Humor nicht zu kurz kommen zu lassen.
Was bedeutet dieses Projekt für deine Stammband – nimmst du vielleicht etwas daraus mit hinein?
Clara Luzia: Was wahrscheinlich nicht passieren wird, ist, dass ich auf Deutsch singen werde. Was ich in den letzten Jahren aber bemerkt habe, ist, wie geil es ist, mit Bläserinnen im Rücken zu spielen. Kaja Meller, die jetzt bei The Quiet Version Trompete spielt, ist ja auch Teil meiner Stammband. Wenn es der Rahmen bei einem Konzert erlaubt, bildet sie gemeinsam mit Barbara Paierl am Saxofon die Bläserfraktion. Und mit den beiden gibt die Musik einfach noch mehr Gas.
Das wäre etwas, was ich bei der Stammband gerne öfter hätte – dass die Bläserinnen da öfter mit dabei sind. Es wird, was Touren angeht, nicht leichter, je größer die Band ist, aber es macht einfach wirklich viel Spaß, wenn da so ein Blech von hinten anmarschiert und nochmal ordentlich reinpfeffert. Das ist schon geil. Also ich glaube, es kann durchaus sein, dass die Stammband noch lauter wird.
Vielen Dank für das Interview.
Michael Ternai
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Clara Luzia & The Quiet Version live
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