China abseits Olympia

In Peking beginnen Heute die Olympischen Spiele 2008. Aber es gibt auch ein China abseits von Olympia und es gibt ein österreichsches Kulturforum in Peking. Somit folgt ein kurzer Einblick wie man sich in China mit Hilfe des KF Peking Gehör verschaffen kann.

Jedem Chinesen seine Uniform! Sobald sich der Anschein einer öffentlichen, weil offen sichtbaren Funktion ergibt, greift das Volk unter den 5 Sternen zu Nadel, Faden und Orden und bastelt sich eine Kutte mit den Insignien des kollektiven Dienstes. Der Parkwächter hat eine, der Parkplatzanweiser auch, der seriöse Taxifahrer, die Hotelburschen haben drei verschiedene, und das Militär marschiert nicht, es schlendert! Reich der Mitte.
Ganz unproblematisch schafft es der gemeine Europäer in das uniformierte Botschaftsareal und somit dem organisatorischem Zentrum des österreichischen Kulturforums in Beijing. Und ganz unkompliziert schafft es jeder Interessierte zu einem Gespräch mit der Leiterin dieser Institution, Gabriele Feigl, einer jungen wie entzückend-freundlichen Frau mit zahlreicher China-Erfahrung. Sie sitzt mit überschlagenem Bein tief vergraben im Sofa und erzählt.
China ist groß, riesig. Deshalb fällt es schwer über die Volksrepublik als Ganzes zu sprechen. In Shanghai hat die kommerzielle Komponente einen anderen (nämlich höheren) Stellenwert wie in der Hauptstadt Beijing, der Süden unterscheidet sich vom Norden, wie überhaupt unterschiedliche Städte unterschiedliche Sitten und damit Voraussetzungen mit sich bringen. Deshalb ist es unerlässlich mit chinesischen Kooperationspartnern vor Ort ausführlich zu kommunizieren. Prinzipiell wird das gesamte Kultur-Transfer-Prozedere um einiges leichter, wenn ortskundige Partner vorhanden sind. Man macht sich Freunde. In der Stadt. Am Land hört einen niemand. In Mittewald, Kliernzing oder Hahnau ist es durchaus ähnlich, und endlich kennt man sich aus: 1.3 Mrd. Menschen sind eben 1.3 Mrd. Menschen.Beziehungs-Dilemma und “Safety Car”

China, das mitunter als Zensur- und Kontroll-El Dorado bekannte Land, erlaubt sich einen Graubereich in der Akzeptanz von kleinen, spezialisierten Events. Im Normalfall muss jede einzelne Veranstaltung beim Kulturministerium von China angemeldet und bestätigt werden. Ohne Segen kein Kulturerguss. Vor allem im Clubbereich werden Musiker und DJs über Zeitschriften und dergleichen fröhlich öffentlich angekündigt aber dem Zentralorgan nicht gemeldet. Das funktioniert prächtig, denn üblicherweise wird in solchen Fällen nicht eingegriffen. Hier spielt ein zentraler Punkt im chinesischen Weltverständnis mit: der Katalysator B wie Beziehung oder K wie Kontakt vor Ort. Die Uniform herbeizitiert, gemeinsam eine Rakete geschossen, auf den Boden gespuckt um so manches Übel los zu werden und schon basteln all diese Stereotype ein sicheres Gelingen des abendlichen Treibens.
Aber nicht immer sind die persönlichen Beziehungsfäden der Verantwortlichen zum Vorteil der Musizierenden! Der Kartenverkauf in den etablierten Konzerthäusern (die ein einfaches Urban-Exchange-Organ aufgrund der Dimensionen sowieso nie von der Bühne aus sieht) ist aufgrund der Vielzahl an “complimentary Tickets” etwas sonderlich geregelt. Das Prinzip über Geschenke (wie eben Konzertkarten) Beziehungen zu pflegen ist weit verbreitet, aber mit dem Problem verbunden, dass dadurch des öfteren Plätze leer bleiben, denn der gefühlte Wert der geschenkten Karte ist manchmal recht gering. Die Karten bleiben dann zuhause neben den Orden liegen. Sitzen Menschen letztendlich doch auf den Freundschaftssesseln, haben sie zu später Stunde oft nichts Besseres vor und wissen nicht wie ihnen geschieht, wo sie denn da gelandet sind. Aber natürlich werden die Meisten die Vorstellung mit größtem Frohlocken verfolgen.

Wie klaut man einen Chinesen? Neudefinition durch Wiederholung.

 

Bekanntlich ist das Bewusstsein gegenüber dem Copyright, was man mit Inhalten und geistigem Eigentum laut internationalem Konsens machen darf, in China nicht sehr ausgeprägt. Die Regierung versucht hier bereits Verständnis zu wecken, ist die Produktpalette der kopierten Güter auch groß und reichhaltig. Besonders zu Leiden haben im Kreativsektor die Bereiche Musik und Design. Hält man sich das Ausbildungssystem vor Augen, wird dieser Umstand etwas klarer: Dieses war lange Zeit weniger auf kreative Ideenfindung ausgerichtet, denn auf das Reproduzieren vorgegebener Inhalte.
Begünstigt wird der Datenklau durch den gestiegenen Zugang zu Informationstechnologien. Das Internet, zum Beispiel, weist extrem starke Zuwachsraten auf. Daran kann auch der Umstand nichts ändern, dass zahlreiche Seiten aus volkspädagogischen Gründen gesperrt sind. Ein Leben ohne Wikipedia! Und auch Mobiltelefone erfreuen sich reger Beliebtheit. So wird die Technikumgebung zu einer wichtigen Variable im Umgang mit dem Urheberschutz.

 

Hier steckt aber noch mehr dahinter. Hier wird nicht gekleckert.

 

Der gesamte Kunst- und Kulturbereich hat sich in den letzten 20 Jahren gewandelt, nicht zuletzt aufgrund der starken Bindung an die soziale Entwicklung des Landes. So geht die Entdeckung von Trends mit der Suche nach der eigenen Identität einher. Der durch die Informationstechnologien veränderte Blick nach Außen prägt im Zusammenhang mit der eigenen Identitätsfindung weite Bereiche des sozialen und kulturellen Lebens. Marken und Luxusgüter werden wichtig, weil damit ein Lebensgefühl ausgedrückt wird, das man in der Art bisher noch nicht kannte.

 

Was bisher geschah:
Es wird getrommelt und Musik gemacht, Fastfood geliebt, das Jahr der Maus gefeiert, geböllert, geknallt und gefeuert wo immer es geht, gekichert, gespuckt, Schnaps getrunken und Gastfreundschaft gezeigt. Wer eine Freundin sucht sollte mal nach Shanghai, wer gern Taxi fährt darf dort Runden drehen, wer gern Häuser beim wachsen zusieht kann kurz verweilen, und wenn der Temperaturwechsel beliebt, soll der Frühling im Norden nicht schaden. (Peter Kollreider)