
„Was macht ein Musikverlag?“
Wie sachlich nimmt sich demgegenüber die oft gestellte Frage jener aus, die nichts mit dem Musikbetrieb zu tun haben, wenn sie einem Musikverlagsmitarbeiter begegnen: „Was macht eigentlich ein Musikverlag?“ – Während fast jeder in etwa eine Vorstellung vom (beruflichen) Tun eines Arztes, Rechtsanwalts oder Bäckers hat, sieht dies beim nicht allzu häufig vertretenen Typus „Musikverleger“ anders aus. Nun kann die Allgemeinheit mit Unkenntnis über jenes Berufsbild in der Regel problemlos leben, in der Musikszene selbst führt eine nicht minder vorhandene Halbkenntnis allerdings oft zu Un- und Missverständnissen in vielerlei Form, die zu vermeiden wären, bestünde von vorne herein ein offener Umgang mit genau dieser Frage, was denn eigentlich ein Musikverlag macht. – Oder besser: „Was kann ein Verlag?“ bzw. „Was soll ein Verlag machen?“
Der Verlag in der Krise
Ehe man an die an sich schon vielschichtige Beantwortung besagter Frage(n) geht, sei noch vorangestellt, dass sich die Aufgabenstellung eines Musikverlags seit den Anfängen dieser Branche (verknüpft mit dem Musikalienhandel seit dem 16. Jahrhundert, als Verlag im heutigen Sinn seit etwa der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts) ebenso grundlegend geändert hat, wie die meisten Wirtschaftszweige während einer solchen Periode. Im Fall Verlag kommt freilich hinzu, dass gleich zwei einschneidende technologische Ereignisse erst in jüngerer Zeit elementar von Außen einwirkten – die Entwicklung des kostengünstigen Fotokopierverfahrens und das Schreckwort vieler Handelsbranchen: Internet. Unter der seit rund 30 Jahren vorhandenen Möglichkeit für jedermann, auf schnelle und billige Weisen Notenmaterial beliebig oft zu kopieren, litt zunächst insbesondere der Verkauf von Chornoten und Stücken für den Unterricht. Internet und Downloadmöglichkeit haben die Problematik seit einigen Jahren auf fast das gesamte Notenspektrum erstreckt.
Dass die Verlage von diesen teils vorhersehbaren Entwicklungen überrascht wurden, mag der generellen menschlichen Trägheit, mit der auf revolutionäre Neuerungen reagiert wird, zuzuschreiben sein. Dass aber auch nach Eintritt des verlagsökonomisch so gesehenen Super-GAUs nur langsam und oft ziellos reagiert wurde, dokumentiert sich an den weltweiten Konsequenzen: Besitzerwechsel auch bei Großunternehmen, Teil- oder Komplettfusionierungen, die Schließung kleinerer Unternehmen, der Verkauf von „Familiensilber“ (Immobilien ebenso wie historische Manuskripte aus den Verlagsarchiven) und natürlich der Weisheit stets letzter Schluss: oft drastische Mitarbeiterreduktionen.
Erst spät – für manche Unternehmen zu spät – wurden „weichere“ und überlegtere Alternativen gesucht, etwa die Etablierung gemeinsamer Vertriebsstrukturen. Das Internet nicht als Feind (= gefährlichen Konkurrenten), sondern als Freund (= wichtigsten Servicepartner) zu sehen und nutzen ist ein Weg, der erst seit wenigen Jahren und mittlerweile vielfach erfolgreich beschritten wird.
Die Aufgaben des Verlags
Bestand früher die Tätigkeit eines Verlags in Satz, Stich, Druck, Verleih und Verkauf (einschließlich der entsprechenden Bewerbung) musikalischer Werke, so sieht diese Welt heute doch deutlich anders aus. Zuallererst musste der aufwändige und teure Notenstich billigeren Satzverfahren und schließlich fast völlig dem Computersatz weichen. Daneben spielt auch die Nutzung von Fotokopie (bzw. des Scannens) durch Herstellung von Handschriftenfaksimiles eine Rolle. Dass das sinnliche Erleben einer gestochenen Notenausgabe somit Geschichte ist, ist ein Faktum. Der Notenstich wurde auf dem Altar des Zeit- und Geldsparens am raschesten geopfert. Am bewusstesten wird man sich dessen wohl spätestens beim zunehmend relevanten Download von Noten via Internet – aktuell eine von den Verlagen zunehmend angebotene Möglichkeit, Notenmaterial zu beziehen, und naturgemäß ein wenig sinnlicher Vorgang.
In der Regel liefert heute ein Komponist ein fertiges computergesetztes „Manuskript“ beim Verlag ab, dass dann von diesem ebenfalls anders als zu früheren Zeiten nicht in einer mehrere hundert Exemplare umfassenden Auflage sondern in einer „bedarfsorientierten“, oft nur wenige Stück ausmachenden Zahl hergestellt wird. Herstellen bedeutet in diesem Fall schlicht die Produktion einer qualitätsvollen Ausgabe die in Papierformat und -stärke den Anforderungen des musikalischen Gebrauchs entspricht. Dazu kommt ein mehr oder minder hübscher Umschlag, der neben Titel und Autorenname(n) in jedem Fall auch die Zuordnung zum Verlag enthält; somit quasi die „Marke“, um die es geht. Ist es doch wie eingangs erwähnt für viele Komponisten ein Ziel, unter der Flagge eines Verlags zu segeln: Sei es ein Kleinverlag, der sich mit umso mehr Intensität dem Individuum widmen kann, sei es ein Großunternehmen, bei dem man ein Rädchen in einer gewichtsvollen Tradition bildet.
Doch zurück zur Produktion: Hier hat sich also der Prozess aktuell bereits zu einem Großteil auf die Seite des Komponisten verlagert. Wenn ein Komponist heute noch ein handschriftliches Manuskript bei seinem Verlag abliefert, so wird ihm jedenfalls die Herstellung in Rechnung gestellt und mit allfälligen finanziellen Einnahmen ist somit oft erst nach völliger Abdeckung dieser Kosten zu rechnen (So werden diese beispielsweise bei einem Orchesterwerk meist erst im Fall der dritten oder vierten Aufführung durch die Leihgebühren aufgewogen – wobei der Großteil der zeitgenössischen Orchesterkompositionen allerdings nie an diese Aufführungszahl heranreicht oder sie gar übersteigt). Diesbezüglich entstehen für Komponisten zunächst sogar finanzielle Einbußen, was von den Verlagen zwar im Allgemeinen nicht wirklich verheimlicht, aber freilich auch selten in aller Offenheit ausgesprochen wird.
Grundsätzlich ist somit die Notenherstellung zwar nach wie vor eine Verlagsaufgabe, sie ist aber nicht zum Vorteil der Komponisten ausgelegt. Und sie hat sich vor allem in den letzten Jahren immer mehr zum Nachteil des Komponisten entwickelt, wie man ehrlicher Weise hinzufügen muss. Rasch war an dieser Stelle ein allgemein gültiger Slogan gefunden, der auch in der besten Absicht formuliert wurde: Ein Musikverlag ist heute nicht mehr im klassischen Sinn ein Notenproduzent, sondern er hat vor allem die Rolle eines Serviceunternehmens, als da sind die Wahrnehmung der bürokratischen Verwaltung und der Rechte eines Komponisten sowie primär die Bewerbung der verlegten Stücke. Ersteres bezieht sich etwa auf die Abwicklung der Leih- und Aufführungsverträge mit Veranstaltern, die Erteilung von Lizenzen bei Verwendung von verlegten Werken in anderen Druckausgaben (z. B. auch Notenbeispielen in fachlichen Artikeln, Büchern oder auf Websites), die Verrechnung von Gebühren bei CD-Produktionen oder anderen Medienverwertungen nur als Leihmaterial existenter Werke, die Verrechnung von Einnahmen nach den vereinbarten Aufteilungsschlüsseln. – Und all dies sollte generell gut und korrekt funktionieren. Dass der Alltag auch hier nicht selten Ausnahmen zeigt, wenn etwa seit Jahren kursierende CDs nie in einer Abrechnung aufscheinen, ist primär durch mangelnde Übersicht seitens des Verlags zu erklären, die wiederum fast immer auf mangelnde personelle Kapazitäten zurückzuführen ist.
Viel dramatischer wirkt sich Letzteres freilich im anderen wesentlichen Aufgabengebiet des heutigen Musikverlags aus: der Werbung. Wollte (sollte) der Verlag heute primär nicht der Notenhersteller, sondern der Agent des Komponist sein, so besteht die wesentlichste Aufgabe in der Verbreitung seiner Werke. Nur einige Verlage haben freilich ihre Abteilungen so umgeschichtet, dass diese Aufgaben auch entsprechend wahrgenommen werden können. In der Praxis läuft dies vielfach auf eine „begrenzte Werbung“ hinaus: Die Herstellung von Katalogen und Prospekten, Berichte in Verlagszeitschriften und Einträge auf der eigenen Website.
Immer mehr aus der Mode gekommen ist hingegen der Typus des „reisenden Werbers“, der regional wie international persönlich in Erscheinung tritt und Interpreten wie Veranstaltern mit glaubwürdiger Kompetenz die hauseigenen Werke schmackhaft zu machen versucht. Vieles an dieser Aufgabe ist heute natürlich auch über den virtuellen Raum machbar, viele Kontakte lassen sich etwa via E-Mail knüpfen und pflegen – doch auch hier ist Effizienz letztlich nur möglich, wenn auch eine entsprechende Personenanzahl gezielt und schlagkräftig agieren kann. Rechnet man anhand eines konkreten Beispiels aus der Zahl bei einem Verlag vertretener zeitgenössischer Komponisten und Angestellter im Werbungsbereich hoch, so kommt man etwa auf das Ergebnis, dass für die Betreuung des einzelnen Verlagskomponisten in der Woche durchschnittlich fünf bis zehn Minuten zur Verfügung stehen. Da freilich die „Zugpferde“ und aktuelle Ereignisse einen entsprechenden zeitlichen Mehraufwand erfordern, bleibt für den Großteil der Verlagsautoren ein Zeitanteil von weit weniger als fünf Minuten, de facto also vielfach bis gegen Null. Dieser Zustand ist naturgemäß für alle Seiten unbefriedigend. Seitens der Komponisten führt er in der Regel dazu, nach einiger Zeit den einstigen Traum, dass es das Höchst wäre, von einem Verlag vertreten zu werden, als zerplatzt zu betrachten. Die Folge ist dann fast immer Resignation und ein sich Fügen in die düsteren Umstände.
Hier sei der Komponist an die in allen Standardverlagsverträgen enthaltenen Absätze erinnert, die ihm angemessene Werbemaßnahmen für sein Werk seitens des Verlags zusichern. Abgesehen davon, dass die „Angemessenheit“ eine Definitionsfrage ist, ist es sicher nicht vermessen, vom Verlag regelmäßig (also z. B. einmal im Jahr) Rechenschaft hierüber einzufordern und eine Auflistung der gesetzten Schritte zu verlangen. Allerdings muss man sich dabei über zweierlei im Klaren sein: Fordert jeder Komponist vom Verlag diese Nachweise ein, ist alleine die Erstellung derselben mit soviel zeitlichem Aufwand verbunden, dass erneut ein großer Zeitaufwand nicht der eigentlichen Werbung zugute kommt. Zum anderen muss man sich für den Fall einer unbefriedigenden Auskunft auch allfällige Konsequenzen überlegen: Nimmt man einen Missstand nur zur Kenntnis, wird er sich nicht ändern und man selbst noch unzufriedener sein. Der „letzte Schritt“ – die Auflösung des Vertrags und Zurücknahme eines Werks, weil der Vertragspartner Verlag den entsprechenden Punkt nicht einhalten konnte – sollte also auch eine reelle Option sein. Naturgemäß weisen Verlage nicht darauf hin, doch werden solche Schritte seitens von Komponisten durchaus gelegentlich gesetzt. Der Verlag seinerseits hat von sich aus kaum Interesse, ein Werk zu retournieren, wenn es augenblicklich nicht zu Aufführungen kommt, da er immer noch darauf setzen kann, zu einem späteren Zeitpunkt damit Einnahmen zu erzielen, ohne sich zwischenzeitlich dafür zu engagieren. Aber auch für viele Komponisten ist eine Untätigkeit des Verlags „akzeptabel“, wenn einerseits zumindest zu einer gewissen Zeit dafür gearbeitet wurde, zum anderen sie sich auch selbst nicht imstande sehen, ihrem Werk größere Publizität zu verschaffen, jedoch die Hoffnung hegen, im Verband eines Verlagskatalogs eben doch dann und wann zu einer Aufführung zu kommen. Würde man eine Umfrage durchführen, die die Zufriedenheit von Komponisten mit ihrem Verlag zum Inhalt hat, so käme es dabei zu einem sehr zwiespältigen Ergebnis mit einer durchaus (relativ) zufriedenen „Oberschicht“ (relativ bis häufig aufgeführter Autoren) und einer breiten Masse unzufriedener bis unglücklicher Komponisten, die sich vom Verlag „verraten“ fühlen bzw. sich vor der Erkenntnis sehen, dass ihren Werken „nicht zum Erfolg zu verhelfen ist“. Symptomatisch in diesem Zusammenhang die reale, aber bonmothafte wirkende Antwort eines Komponisten, der bittere Klage darüber führte, dass sein Verlag seit 25 Jahren nichts für ihn getan hätte und daraufhin gefragt wurde, warum er denn dann noch bei dem Verlag sei: „Na sonst nimmt mich ja keiner!“
Ist also der Gedanke der gemeinsamen idyllischen Reise des Passagiers „Komponist“ mit dem Schiff „Verlag“ über die Weltmeere heute ein theoretisches Ideal, so sollte jeder Komponist, der neu vor dieser Situation steht, schlicht die genannten Aspekte für sich abwägen und nüchtern eine Entscheidung treffen: Den gemeinsamen Weg anzustreben, im Bewusstsein, dass er diverses Konfliktpotenzial enthält, oder den heute nicht minder häufigen Schritt zum „Selbstverleger“ zu setzen, der eben die eigene Herstellung und den eigenen Vertrieb des Notenmaterials beinhaltet und hinsichtlich der weltweiten Werbung von den eigenen zeitlichen Möglichkeiten bestimmt ist. Dass diese Verbindungen auch glücklich – oder zumindest zufrieden stellend – verlaufen können, ist jedenfalls nur durch eine entsprechende Offenheit gegenüber einander denkbar: Sagen Komponist und Verlag gleich zu Beginn, was sie sich vom jeweils anderen erwarten, vorstellen und wünschen und (und diesbezüglich ist es um die Offenheit viel schlechter bestellt) was sie von sich aus zu geben und zu leisten imstande sind, besteht tatsächlich die Chance auf ein dauerhaftes Funktionieren.
Voraussetzungen zur Inverlagnahme
Generell ist davon auszugehen, dass Verlage mit der Neuinverlagnahme von Autoren äußerst restriktiv umgehen. In den seltensten Fällen werden idealistisch oder im Bewusstsein um die notwendige Investition in die Zukunft aktiv (junge) Komponisten von Verlagen eingeladen, ihre Werke dem Unternehmen anzuvertrauen Von einem neuen Namen im Katalog erwartet man sich entweder, dass er bereits ein solch hohes Renommee genießt, dass er den vorhandenen Bestand schmückt, oder entsprechend rasche Einnahmen. Diese sind am ehesten zu erwarten, wenn eine größere (Ur)Aufführung bzw. (Bühnen)Premiere des zu verlegenden Werks ins Haus steht. Der Komponist tritt dann freilich augenblicklich einen Teil der zu erzielenden Einnahmen (Leihmaterial, Tantiemen) an den Verlag ab; dies in der Regel auch dann, wenn er bereits selbst das Material hergestellt und an den Veranstalter geliefert hat – eine gewisse Vorgabe, die sich der Verlag vom Komponisten für das für die Zukunft in ihn gesetzte „Vertrauen“ erwartet. In jedem Fall zu teilen sind die Tantiemen. Und da soll es auch schon vorgekommen sein, das im Fall einer bereits kürzlich zuvor erfolgten Aufführung eines Werkes die Inverlagnahme vertraglich rückdatiert wurde, um dem Verlag das entsprechende Mitschneiden möglich zu machen. Hier bleibt dem Komponisten nur besonderes Verhandlungsgeschick und/oder Augenrollen und Zähneknirschen.
Bewerbung zur Inverlagnahme
Geht man davon aus, dass jeder größere Verlag regelmäßig (in Österreich etwa ein- bis dreimal wöchentlich) mit Anfragen zur Inverlagnahme konfrontiert ist und jährlich durchschnittlich (wenn überhaupt!) vielleicht zwei bis drei Autoren neu aufgenommen werden, macht es Sinn, sich die Form, in der man sich selbst präsentiert, gut zu überlegen. Auch hier kommt in einer primär visuell orientierten Welt dem äußeren Erscheinungsbild Bedeutung zu. Wer sich die Mühe macht, wohlausgewogen zu einem nicht zu viel und einem nicht zu wenig an Information in übersichtlicher Darstellung zu gelangen, erhöht eventuell seine Chance. Grundlegend ist wie bei beruflichen Bewerbungsschreiben generell ein kurz gefasster (insbesondere künstlerischer) Lebenslauf mit Foto, darüber hinaus eine übersichtlich gegliederte Werkliste, eine (überschaubare) Anzahl an Partituren und eine Demo-CD, allenfalls DVD (Vorsicht: Man muss durchaus davon ausgehen, dass viele Verlage letztere gar nicht in ihren Büroräumlichkeiten abspielen können). Besonders wichtig: eine Liste vergangener sowie insbesondere künftiger Aufführungen. Daraus geht für den Verlag am unmittelbarsten hervor, wie sehr der „unbekannte“ Komponist bereits „im Geschäft“ ist und vor allem, was bereits in näherer Zukunft an Einkünften möglich sein könnte. Dementsprechend – siehe auch oben – ist auch der Zeitpunkt, zu dem man sich bewirbt, entscheidend und am besten so zu wählen, dass prominente Ereignisse in einem angemessenen Zeitabstand (mindestens 3–4 Monate, maximal 2–3 Jahre) bevor stehen.
Verlagsvertrag
Generell existieren standardisierte Verlagsverträge, die innerhalb eines Unternehmens jeweils für Kauf- und Leihausgaben leicht voneinander abweichen und zwischen den Verlagen weltweit nur marginale Abweichungen aufweisen. Sie enthalten neben den Angaben zum Werk auch die jeweiligen Aufgaben des Autors und des Verlags – etwa die Verpflichtung des Komponisten zur Ablieferung einer druckfertigen Vorlage, andererseits auch den zeitlichen Rahmen, in dem der Verlag das Werk endzufertigen bzw. in den Handel zu bringen hat. Nicht selten wird dieses Datum seitens des Verlags stillschweigend überzogen, da dringlichere Projekte die Kapazitäten sprengen. Hier ist Komponisten jedenfalls zu raten, die Herstellung zum gesetzten Zeitpunkt einzufordern bzw. nach Ablauf desselben die Produktion in einer angemessenen Nachfrist zu verlangen.
Ein wesentlicher Punkt des Verlagsvertrags ist, dass damit die Rechtewahrnehmung vom Komponisten auf den Verlag übertragen wird. Der Verlag hat sich fortan genauestens um alle dem Urheber zustehenden Rechte zu kümmern und entsprechend alle weiteren Verträge mit Dritten abzuschließen. Was Komponisten gelegentlich übersehen: Sie selbst dürfen keinerlei Verträge über das jeweilige Werk abschließen. Sie dürfen auch nicht Kopien des eigenen, dem Verlag überantworteten Werks verbreiten. Wenn sie diese mit Einverständnis oder sogar auf Ersuchen oder Aufforderung des Verlags selbst herstellen, sind diese vom Verlag (oder mit dessen Autorisierung) mit dem Verlagscopyrighthinweis zu versehen.
Seitens fast aller Verlage als „totes Recht“ angesehen wird heute jener Paragraph, in dem sich der Komponist zur Ablieferung des handschriftlichen Originalmanuskripts seines Werks verpflichtet, womit dieses ins Eigentum des Verlags übergeht. Sind so in den vergangenen rund 150 Jahren vielfach Verlagsarchive von hohem bis sehr hohem materiellen Wert entstanden (und konnte der Verkauf vieler solcher Bestände an Bibliotheken und private Sammler wie erwähnt in den jüngsten kritischen Phasen kurzfristige Liquiditäten schaffen, die sich teils unternehmensrettend auswirkten), so wird heute vom Verlag in der Regel anerkannt, dass die eigene Leistung bzw. der Verbleib der größten Kostenlast beim Komponisten nicht rechtfertigt, dieses materielle Gut in Besitz zu nehmen oder zu behalten. Zeitgenössischen Autoren oder deren Nachfahren, die in den Verlagsarchiven lagernde Manuskripte zurückforderten, wurden diese in jüngerer Vergangenheit zumeist problemlos übergeben, zumal ein publicityträchtiger Musterprozess in dieser Angelegenheit dazu führen könnte, dass ein Urteil die aktive Retournierung sämtlicher Bestände erzwingen könnte. Es gibt freilich auch Verlage, die von sich aus bereits auf die Annahme des Manuskripts verzichten oder bei sich lagernde Manuskriptbestände an die Verfasser übergeben, insbesondere wenn es zu Umzügen in kleinere Räumlichkeiten kommt und somit schlicht kein Platz mehr dafür vorhanden ist!
In jedem Fall empfiehlt es sich, aktuelle Verlagsverträge in allen Punkten zu studieren und nicht oder mehrdeutig verständliche Punkte zu hinterfragen bzw. allenfalls auch die Umformulierung oder Streichung von Punkten zu diskutieren.
Exklusivvertrag
Was vielen Komponisten als größtes Glück erscheint, ist ein Exklusivvertrag bei einem renommierten Verlagshaus. In der Realität sieht diese Form der Partnerschaft heute so aus, dass Verträge auf Zeit (etwa Fünfjahresfristen) geschlossen und immer wieder erneuert werden. In der Regel verpflichtet sich der Verlag nicht, innerhalb dieses Zeitraums jedes neue Werk des Komponisten zu veröffentlichen. Hingegen obliegt es dem Komponisten, jedes neue Werk zuerst „seinem“ Verlag anzubieten und erst im Fall von dessen Ablehnung Alternativen in Erwägung zu ziehen. Nichtsdestotrotz bieten solche Exklusivverträge auch den entsprechenden Verlagsautoren gewisse Vorteile, da sie durch die engere Bindung insbesondere auch Infrastruktur des Verlags zu ihren Gunsten nutzen können (So mag es etwa durchaus einmal möglich sein, ein auch unverlegtes und umfangreicheres bzw. größerformatiges Werk auf den Geräten des Verlags zu vervielfältigen bzw. vom Verlag aus, potentiellen Interessenten zukommen zu lassen).
Lizenzvertrag
Wie angesprochen, ist es eine wesentliche Leistung des Verlags, dem Komponisten bürokratischen Aufwand abzunehmen. In diesem Sinn sind auch alle Lizenzverträge hinsichtlich eines Werks vom Verlag abzuschließen. Ebenso sind Anfragen hinsichtlich der Bearbeitung oder sonstigen Nutzung eines Werkes oder Werkteils durch Dritte durch den Verlag zu entscheiden (sinnvoller Weise bei komplexeren bzw. in die künstlerische Arbeit eingreifenden Vorhaben in Rücksprache mit dem Komponisten)
Musikverlage Österreich – International
So breit die österreichische Verlagsszene ist, sind es lediglich zwei Verlage, die man ihren bestehenden Katalogen nach quantitativ als „Großverlage“ ansehen kann: der 1876 gegründete Musikverlag Doblinger und die seit 1901 bestehende Universal Edition. Vereinfacht gesagt war ersterer in den letzten Jahrzehnten vorwiegend auf österreichische Autoren spezialisiert, während letzterer ein internationaleres Spektrum aufwies. Ausnahmen bestätigen natürlich vielfach die Regel, und klare Abgrenzungen existieren nicht. Neben diesen beiden gibt es eine Vielfalt an kleineren Verlagsunternehmen, die teilweise verschiedenste Spezialisierungen aufweisen. Ist es für einen österreichischen Komponisten an sich schon äußerst hürdenreich in Österreich verlegt zu werden, so bildet die Inverlagnahme bei einem namhaften ausländischen Haus die Ausnahme. Sie ist jedoch absolut nicht unmöglich. So sind vereinzelt heimische Komponisten beispielsweise bei Bärenreiter, Boosey & Hawkes, Breitkopf & Härtel, Edition Gravis, Edition Peters, Editions Musicales Durand–Salabert–Eschig oder Schott vertreten.
Christian Heindl
Links (die ausgewählten Verlage verstehen sich als Beispiele zur Illustration obiger Ausführungen)