LAUSCH spielen laut Eigendefinition progressiven Alternative. Auf ihrem neuen Album „Glass Bones“ gelingt der Spagat zwischen Härte, Wucht und Eingängigkeit eindrucksvoll. ALEXANDER LAUSCH sprach mit Markus Deisenberger über Annäherungsphasen, Aha-Erlebnisse und übers „Eingrooven in Tschechien“.
Sie haben das neue Album über Crowdfunding bei wemakeit finanziert?
Alexander Lausch: Zum Teil, ja. Wir haben eine Förderung desÖsterreichischen Musikfonds bekommen. Und da wird ein Eigenanteil in der Kalkulation verlangt. Wir dachten wir, dass wir uns diesen Eigenanteil wie beim letzten Mal über Crowdfunding holen. Bei der letzten Platte haben wir so die Kosten für die Pressung finanziert. Und so haben wir es auch dieses Mal gemacht.
Und es hat funktioniert?
Alexander Lausch: Tadellos, ja. Es blieb zwar netto weniger übrig, als die Fördersumme, die brutto ist, ausmacht, aber es hat gereicht.
Das neue Album sollte das komplexeste der Bandgeschichte werden, habe ich gelesen. War das der Ansatz?
Alexander Lausch: Das kompletteste, ja. Komplex aber sicher nicht. Wir wollten einen aufgeräumteren Sound. Bei den letzten Alben haben wir einfach gemacht. Auf einmal war das eine oder andere redundant. Wir haben es natürlich auch genossen, lang zu sein und manche Dinge zu wiederholen, wenn sie uns gut gefielen. Dieses Mal aber war der Anspruch, das Ganze zu destillieren, wegzulassen, was nicht notwendig war. Rein musikalisch denken wir aber überhaupt nicht in Kategorien wie kompliziert oder nicht kompliziert, einfach oder komplex. Zumindest beim Schreiben kommt das so nicht vor. Es passiert einfach.
Wo würden Sie sich musikalisch verorten? Im Rock? Oder doch im Metal?
Alexander Lausch: Sozialisiert sind wir in der 90er-Jahre-Alternative-Szene. Unser Bassist ist zehn Jahre älter als Matthias, der Schlagzeuger, und ich, deshalb kann ich es nicht so genau sagen. Die Anfänge der Seattle-Grunge-Szene waren es bei Matthias und mir. Kings X zum Beispiel. In der Schule haben wir uns gegenseitig befruchtet, abseits von allem, was sonst so passiert ist. Was im Radio lief, hat uns demgegenüber wenig bis gar nichts gegeben. Wir interessierten uns eher für Importe aus den USA. Irgendwann sind wir mitBiffy Clyro in Kontakt gekommen, die heute Stadion-Touren spielen. Damals aber kannten die nur wenige.
Wie kam dieser Geschmack bei den anderen an?
Alexander Lausch: Es wurde belächelt. „Was wollt ihr denn mit dieser komischen progressiven Gitarrenmusik?“, hieß es.
Waren Helmet ein Einfluss?
Alexander Lausch: Auf jeden Fall, ja. Wobei es aber nie der Anspruch war, es so zu machen wie die anderen. Wir haben immer versucht, einen sehr eigenständigen Zugang zu finden. Die ersten gemeinsamen Sachen von uns gibt es erst seit Anfang der 2000er-Jahre. Vorher haben wir zwar sehr oft gemeinsam Musik gehört und über Musik geredet. Dass sich unsere Wege aber musikalisch kreuzten, passierte erst relativ spät.
Was haben Sie musikalisch vorher gemacht?
Alexander Lausch: Meine Wurzeln liegen mehr im Blues. Stevie Ray Vaughn habe ich verschlungen, auch Clapton und Jimmy Hendrix.
Auf „Ignition“, einer Nummer des neuen Albums, kann man einen leichten Blues-Anklang hören …
Alexander Lausch: Ja, das Reduzierte, nicht so Komplizierte kommt aus dieser Ecke.
„Ob Reggae oder ein beinhartes Riff, das ist ja eigentlich nicht wichtig.“
Ist die Stilvielfalt, die von Blues bis Rock, von Reggae bis Metal reicht, gewollt? Oder ist das etwas, was einfach passiert?
Alexander Lausch: Letzteres. Das kommt einfach intuitiv beim Schreiben. Beim Ausarbeiten der Parts gibt es dann oft diese Aha-Erlebnisse. Ob Reggae oder ein beinhartes Riff, das ist ja eigentlich nicht wichtig. Da gibt es keinen spezifischen Anspruch, das kommt einfach.
Der Sound ist unheimlich dicht, wirkt, als ob Sie sich sowohl song- als auch produktionstechnisch sehr viel Mühe gegeben hätten. Ist das der Grund, weshalb es doch länger, drei Jahre nämlich, seit dem letzten Album gedauert hat?
Alexander Lausch: Nein, das Songwriting und die Arrangements haben so lange gedauert. Es brauchte einfach diese Zeit, weil wir das erste Mal überhaupt mit einem Produzenten gearbeitet haben. Das brauchte eine Annäherungsphase. Es ging auch ein wenig hin und her, weil wir nicht immer aneinanderklebten. Dadurch dauerte es einfach länger.
Der Produzent ist derjenige, den man auch im Teaser-Video zum Album sieht?
Alexander Lausch: Genau. Georg Gabler. Wen man nicht sieht, ist sein Sohn, Jonathan Gabler, Label-Chef und unser Manager, der auch mitgearbeitet hat. Jonathan war auf einem Konzert von uns und da kamen wir ins Gespräch. Das ganze Bürokratische lief über Jonathan, dadurch konnten wir uns auf die Kernaufgabe konzentrieren. Der nächste Schritt für uns war einfach, dass es jemanden gibt, der sich um das Rundherum kümmert. Anders macht es keinen Sinn. Unser Drummer ist ins Waldviertel gezogen, unser Bassist ist auch in Niederösterreich. Ich bin der Einzige, der in Wien geblieben ist. Ich kann das in Wien aber nicht alles allein machen. So hat es sich ergeben, dass wir jemanden ins Boot holten.
Woher kommen Sie eigentlich ursprünglich?
Alexander Lausch: Unser Bassist kommt aus Tirol, wir anderen beiden aus dem Waldviertel.
Aber Sie proben gemeinsam im Waldviertel, wenn ich richtig informiert bin, oder?
Alexander Lausch: Ja. In Dobersberg in einem alten, umgebauten Kindergarten. In Wien knüpfen wir Kontakte, vernetzen uns. Musik machen wir am Land. Wir schauen, dass wir beim Proben ganz bewusst viel Ruhe haben.
Hat Sie der Input von außen weitergebracht?
Alexander Lausch: Auf jeden Fall. Bis zum letzten Album war das keine Option, weil wir immer alles allein machten. Es anders zu probieren, war die richtige Entscheidung. Es wurde wirklich intensiv.
Das heißt, es ist eine musikalische und organisatorische Professionalisierung eingetreten?
Alexander Lausch: Definitiv. Auch ein Booker ist jetzt mit an Bord. Das Label stellt sich gerade auf. Mothers Cake und Milk+ sind auch auf dem Label. Wir versuchen, für die gesamte Szene eine Basis zu legen, wie es sie etwa auch im Metal oder im Indie-Bereich gibt.
Für welche Musik?
Alexander Lausch: Alternative progressive Szene. Das ist das Dach. Aber es gibt auch Ausreißer. Mit Palindrome ist auch Avantgarde dabei. Laute, alternative Gitarrenmusik, die progressiv ist. Wenn man heute Garish sagt, weiß jeder, welche Art von Musik damit gemeint ist. Genau das wollen wir für unsere Art von Musik erreichen.
Wer ist Ideengeber?
Alexander Lausch: Die genannten Bands und Austin Settle, der in einer kleinen Doku über unsere Szene einen amerikanischen Altrocker spielt, der nach Österreich kommt und mit dieser Szene in Kontakt tritt. Die lief auf ORF 3. Neben Austin Settle – der mit die Idee zu diesem Video hatte – ist auch David Furrer (Milk+) zu erwähnen.
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Wer macht die Kontakte?
Alexander Lausch: Das läuft über andere Labels, Walter Gröbchen zum Beispiel. Das Konzert im kommenden Jänner zum Beispiel im RadioKulturhaus hat er organisiert.
Und im bürgerlichen Leben, was machen Sie da?
Alexander Lausch: Ich bin Tontechniker, betreibe ein Studio im 17. Bezirk. Matthias ist Grafiker. Und Arnold ist in der Erwachsenenbildung tätig. Alle drei haben wir in den Jobs die Flexibilität, die wir brauchen, um Musik zu machen.
„Ich sehe das sehr pragmatisch. Man muss längerfristig planen.“
Was machen Sie, wenn ihre Musik einschlägt?
Alexander Lausch: Dann müssen wir uns das ausrechnen. Ich sehe das sehr pragmatisch. Man muss längerfristig planen. Für mich wäre es kein Problem, aber rechnen muss es sich.
Diskutieren Sie das untereinander?
Alexander Lausch: Ja, aber die Diskussion wird eher spaßhalber geführt. Natürlich arbeiten wir darauf hin, aber wir wissen von anderen Bands auch, wie hart es ist, nur von der Musik leben zu wollen. In meinem Studio stecken auch viele Investitionen. Das alles sein zu lassen, macht wahrscheinlich keinen Sinn. Schon gar nicht von einem Tag auf den anderen.
Was mir wohltuend aufgefallen ist, als ich mir Ihren Konzertplan angeschaut habe, ist, dass Sie auch in Tschechien spielen. Für die meisten Bands ist dieser Blick Richtung Osten alles andere als selbstverständlich. Da geht es immer nur nach Deutschland, obwohl das – zumindest von Wien aus – viel weiter weg ist als Tschechien, die Slowakei und Ungarn. Wie kommt das?
Alexander Lausch: Dobersberg liegt nahe der Grenze. Insofern war immer klar, dass wir, wenn wir im Umkreis spielen, auch nach Tschechien gehen. Es gibt einen regen Kulturaustausch, der von einer Theatergruppe ausging und sich weiterentwickelt hat. 2012 waren wir schon mal dort. Und auch der Drummer war mit seinem eigenen Projekt dazwischen mal dort. Und wir haben uns dieses Mal gedacht, dass wir vor dem Release ein paar Daten spielen. Das ist sehr dankbar, weil die Leute das nicht kennen und man sich dort super eingrooven kann.
Und finanziell?
Alexander Lausch: Ist es eher ein Problem, weil die Kaufkraft niedrig ist und die Veranstalter noch weniger Geld haben als wir. Aber es gibt ein Austauschprogramm, das uns einen Reisekosten- und Übernachtungszuschuss bezahlt hat. Das heißt: Verdienen tut man nichts, aber man kann sich eine gute Routine erspielen. Wir kamen einfach frisch zur Release-Party. Aber organisieren muss man das schon. Sonst spielt man nur in Beisln, wo es zwei Boxen gibt. Wenn es um etwas geht, bemühen sich die Veranstalter sehr.
Wie viele Leute kommen zu den Gigs?
Alexander Lausch: Unterschiedlich. Manchmal ein paar Hand voll. Der letzte Abend war in einem alteingesessenen Musikclub, da war das Haus voll. 80, 90 Leute.
Und kaufen die Leute CDs?
Alexander Lausch: Kaum. Nein, das ist den meisten zu teuer. Deshalb hatten wir auch Download-Codes dabei.
Wie schauen die weiteren Pläne aus? Gibt es einen Masterplan?
Alexander Lausch: Wir schauen, dass wir den Bogen ins neue Jahr kriegen. Im neuen Jahr wollen wir im Frühling nach Deutschland, und dann beginnt auch schon die Festival-Saison. Da wir bisher alles selbst gebucht haben, war das eher dürftig. Da geht mit unserer jetzigen Unterstützung sicher mehr. Es gibt viel mehr Aufmerksamkeit. Mittlerweile kommen auch Leute auf uns zu, die uns buchen wollen. Wir wollen viel spielen, müssen aber natürlich schauen, dass die Termine geblockt sind, um es beruflich zu packen. Ja, und wenn wir auf FM4 gespielt werden würden, wäre das toll. Im House of Pain liefen wir schon. Das kam gut an. Die eine oder andere Nummer könnte aber auch im normalen Programm laufen.
Vielen Dank für das Gespräch.
Markus Deisenberger
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