Wolfgang Mitterer: Das tapfere Schneiderlein

Den Grund dafür, eine Kinderoper zu machen, beantwortet Wolfgang Mitterer so: Dass die Neue-Musik-Polizei nicht anwesend ist? Dass man mit bildlich assoziierbaren Samples wie Tierstimmen, etc. nicht sparen muss? Dass es konkret und nicht abstrakt sein muss? Dass ich vor kurzem selber Opa geworden bin? Am 8. Dezember hat im Dschungel Wien “Das tapfere Schneiderlein” Premiere” Unbekümmerte Kinder

Schon seine erste Oper “Massacre” nach Christopher Marlowe, 2003 im Rahmen der Wiener Festwochen uraufgeführt, war ein Kompositionsauftrag der Wiener Taschenoper. Nun komponierte Wolfgang Mitterer für die auf Neues Musiktheater spezialisierte freie Operngruppe seine erste Kinderoper. Mitterers Spezialität sind Samples, etwa aus Tierstimmen, Maschinen, Motoren oder auch einfach kurze Ausschnitte des klassischen Repertoires, diese werden auch im “Schneiderlein” nicht zu kurz kommen. Ein akustisches Bühnenbild aus Fliegengesumm, Wildschweingrunzen, Riesengeschnarch und Hochzeitsglocken.

Ob Mitterer für Kinder anders komponieren wollte, fragte ihn die Librettistin Helga Utz im vorab erschienenen Interview (siehe Link). Mitterer: “Kinder verstehen subtilere Melodieführungen sicher unmittelbar sofort und müssen nicht mit Tra-tra-Banal-Melodien, womöglich noch laut verstärkt, an die Wand geprügelt werden. Sicher, da geben sie eher Ruhe. Aber frage nicht, was nachher los ist. Ich habe nur unbekümmerte 3- bis 6-Jährige kennen gelernt und viele bekümmerte Erwachsene. Kinder können sich sicher gut in das Wesen des Schneiderleins hineinversetzen. Ich liebe das tapfere Schneiderlein. Das Schneiderlein hat auch Angst in allen Facetten vor den starken Tieren und großen Riesen. Es weiß, dass es scharf nachdenken muss, wie es die Probleme lösen kann. Aber es bleibt gelassen. Ein schöner Zug, sehr lebensbejahend. Als Musiker oder Sänger sollte man etwas davon haben, sonst könnte es passieren, dass man die Intonation verliert.”

Der Regisseur Jewgenij Sitochin ist selbst auch Schauspieler und nicht zuletzt ein Clown alter russischer Schule. Aus der Sicht der Wiener Taschenoper verlangt gerade Oper für Kinder nach nichts weniger als professionellem Theaterhandwerk: Die Kindern interessiert kein Konzept und auch keine Idee von dem Stück. Sie wollen das Stück auf der Bühne sehen: Ein lustig-listiges Schneiderlein, das in die weite Welt hinauszieht, Riesen, Wildschwein und Einhorn besiegt und dafür Königstochter samt Königreich bekommt. Im Sinne des Gesamtkunstwerks Oper wird es am nötigen Theaterdonner nicht mangeln.

Helga Utz, unter Klaus Zehelein Operndramaturgin am Staatstheater Stuttgart und zuletzt leitende Dramaturgin in Darmstadt, wird auch bei zukünftigen Kinderopern der Taschenoper für Libretto und Dramaturgie verantwortlich sein.

Mit “Die zertanzten Schuhe” ist für den Winter 2007 bereits die nächste Produktion geplant, 2008 und 2009 sollen mit “Die Gänsemagd” und “Der Trommler” zwei weitere Kinderopern nach Märchen der Gebrüder Grimm folgen. (Wiener Taschenoper/hr).

Foto Wolfgang Mitterer: Gert Mosettig

Wiener Taschenoper
Dschungel Wien
Wolfgang Mitterer