„Wir haben schon gewusst, dass die Nummer gut funktioniert.“ – RAMMELHOF im mica-Interview

„Wladimir“ – mit diesem Lied hat am 12. Februar 2015 die Band RAMMELHOF den FM4-PROTESTSONGCONTEST gewonnen. Zwischen ihrem Sieg und dem hier dokumentierten Gespräch liegt ein Wochenende, an dem viel gefeiert wurde, wie Sänger GENERAL GERI erzählt. Ein launiges mica-Interview über Putin, Protest und einen Panzer. Das Interview führte Jürgen Plank.

General Geri, stelle dich bitte selbst vor.

General Geri: Ich bin General Geri, ich war früher beim Bundesheer und war Kommandant der 3. Panzergrenadier-Brigade. Die ist in Ostösterreich stationiert. Mein Herzblut war aber schon immer bei der Musik. Ich spiele auch Bass bei Excuse Me Moses und habe nun ein eigenes Projekt gestartet, weil ich schon immer Mundarttexte machen wollte, die ein bisschen kantiger sind und ein bisschen in Richtung EAV gehen.

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Wer ist außer dir in der Band?

General Geri: Gina der Gino, die kenne ich auch vom Bundesheer. Sie war früher ein Mann und ist jetzt ein Frau (lacht). Wehrmann Schrüll war mit mir in der gleichen Einheit, der spielt Gitarre, und Urgos Brutalos ist unser Schlagzeuger und Rekrut Nikolaiew unser Bassist. Die kenne ich alle vom Bundesheer und wir haben schon immer ein bisschen Musik miteinander gemacht und haben uns nun entschlossen, ordentlich anzupacken.

Seit wann gibt es Rammelhof?

General Geri: Offiziell seit Dezember 2014. Wir arbeiten schon länger an den Songs, aber wir sind am 19. Dezember mit dem Lied „Wladimir“ an die Öffentlichkeit gegangen.

„Ich habe das Ortsschild gesehen und habe mir gedacht, dass das ein cooler Name ist: Die ganze Welt ist ein Rammelhof!“

Wie ist der Name Rammelhof entstanden?

General Geri: Der Name ist auf lustige Art entstanden. Ich war damals im Waldviertel stationiert und in der Nähe von Allentsteig gibt es eine kleine Ortschaft namens Rammelhof, an der Grenze zu Oberösterreich. Ich habe das Ortsschild gesehen und habe mir gedacht, dass das ein cooler Name ist: Die ganze Welt ist ein Rammelhof! Das ist mir sofort eingefallen.

Diesen Ort gibt es wirklich?

General Geri: Das stimmt wirklich, es gibt sogar eine Website rammelhof.at, wir haben die Adresse rammelhof.com.

Wie ist die Idee zum Lied „Wladimir“ entstanden?

General Geri: Ich bin in der U-Bahn gestanden und damals war gerade der Beginn der Ukraine-Krise. Plötzlich ist mir die Hookline zum Lied eingefallen: „Wladimir, put put put put put putin“ (singt). Vor dem geistigen Auge habe ich schon Hühner fliegen gesehen. Ich habe mir aber gedacht, dass das zu primitiv ist und eh keinem gefällt, und habe die Idee ad acta gelegt. Monate später habe ich eine Skizze an die Band geschickt und die waren alle hellauf begeistert.

Man weiß viele Dinge über Putin, was er alles getan hat. Es war relativ leicht, einen Reim zu finden. Ich wollte ihn nicht direkt angreifen und ich wollte ihn auch nicht durch den Dreck ziehen. Ich wollte auch das Großkopf-Denken von Merkel mit hineinnehmen und so ist eben der Refrain entstanden, der alle Politiker, Merkel, Obama und Putin, auf eine Ebene stellt.

Hast du dich mit Putin auseinander gesetzt und über ihn recherchiert und was ist dabei zu Tage getreten?

General Geri: Ja, absolut. Wer sich in Russland so lange an der Macht hält und da Spielchen mitspielen kann, der kann nicht dumm sein. Er war in Deutschland als KGB-Agent stationiert und kann gut Deutsch. Er hat auch gute Verbindungen zu Österreich und ich finde ihn eigentlich nicht unsympathisch. Er ist kein Diktator im klassischen Sinn, der sich an die Macht geputscht hat, sondern ein vom Volk gewählter Präsident.

Worum geht es also in eurem Lied?

General Geri: Es geht weniger um Kritik an Putin, sondern mehr um Kritik an der breiten Bevölkerung, die eine gemäßigte Diktatur unterstützt. Ich habe vor allem viel im Internet recherchiert und da steht auch viel Blödsinn. Dieser Mann polarisiert extrem, entweder lieben ihn die Leute oder sie hassen ihn. Er ist laut Forbes-Magazin der mächtigste Mann der Welt. Die Beziehung zwischen ihm und seinem Volk hat mich interessiert und ist faszinierend.

Im Liedtext fragst du: Was ist der Unterschied zwischen Diktatur und Demokratie. Was steckt hinter dieser Aussage?

General Geri: Der wichtigste Satz im Lied ist der letzte Satz des Refrains: „Die meisten Leute wollen eine starke Führung.“ Das erschüttert mich, dass viele Leute das wollen. Wenn man an einem Wirtshaustisch sitzt und die Leute werden nach ein paar Bieren gesprächiger, dann sagen viele: „Na ja, Putin. Der ist eh nicht so schlimm!“ Diese Grundhaltung hat mich immer wieder schockiert. Wie die NSA Menschen ausspioniert, das hat mit Demokratie allerdings auch nichts zu tun. Dieses Problemfeld soll der Song bearbeiten.

„Ich denke, mit Humor kann man die Leute viel besser erreichen und seine Botschaften besser anbringen.“

Wie gefällt dir denn die EAV, die vor kurzem eine neue Platte, „Werwolf-Attacke“ veröffentlicht hat und gerade auf Europa-Tournee ist?

General Geri: Ich habe die neue Platte noch nicht gehört, aber als Kind und als Jugendlicher in den 1980er-Jahren hat mir das wirklich gefallen: Dieses Blödeln, hinter dem aber immer ernste Themen stecken. Ich denke, mit Humor kann man die Leute viel besser erreichen und seine Botschaften besser anbringen. Wir sind sicher ein bisschen von der EAV beeinflusst. Ich verpacke auch gerne ernste Themen auf lustige Weise.

Wie hast du die Veranstaltung Protestsongcontest erlebt?
General Geri: Wir waren zum ersten Mal dabei und ich habe die Veranstaltung durch die Band Rotzpipn gekannt, von der ich ein Fan bin, ich mag ihren brachialen Humor. Mir hat die Veranstaltung wirklich getaugt. Ich habe mir zunächst gedacht, dass das nicht so groß sein wird und dass nicht so viele Leute dabei sein werden. Aber schon im Halbfinale war ein großer Saal voll und die Stimmung war gut. Das Finale war grandios, mit der Liveübertragung im Radio und den Leuten, die alle unglaublich nett waren. Mich hat gewundert, dass unser Mundart-Rock auch auf FM4 Aufmerksamkeit erregt hat, denn das passt eigentlich nicht in deren Programm. Trotzdem hat unser Lied den Leuten sehr getaugt und es war eine gute Veranstaltung.

Die Konkurrenz war sehr stark und die Entscheidung war knapp.

General Geri: Ein Juror hat uns null Punkte gegeben und ich habe mir gedacht, dass das eh nichts mehr wird. Wir haben aber aufgeholt und mit einem Punkt Vorsprung gewonnen, und das hat mich auch überrascht, weil die Konkurrenz stark war. Das war ein arges Gefühl! Aber ich muss sagen, mir haben auch Rotzpipn und Wiener Blond von Anfang an gefallen.

Warum habt ihr denn gewonnen?

General Geri: Erstens ist der Refrain sehr eingängig und bleibt bei jedem hängen. Zweitens ist das Lied lustig und humorvoll und wir haben ein konkretes Thema angesprochen. Das war ein Vorteil bei der Entscheidung der Jury.

Wie geht es jetzt weiter mit Rammelhof?

General Geri:
Der nächste Schritt ist, noch ein paar Songs zu schreiben, acht Lieder haben wir schon. „Wladimir“ ist sehr politisch und wir würden gerne noch ein paar Nummern machen, die in diese Richtung gehen. Wir haben ein Lied über die Geburt, die da sehr plastisch beschrieben wird. Oder auch ein Lied übers Geld, über Themen, die die Menschen bewegen.

„Wir haben die Nummer auch vielen Freunden vorgespielt und alle haben gesagt: Das ist ein Knüller.“

War für euch vor dem Finale des Protestsongcontests klar, dass die Nummer gut funktioniert?

General Geri: Ja, schon. Wir haben die Nummer auch vielen Freundinnen und Freunden vorgespielt und alle haben gesagt, dass sie ein Knüller ist. Wir haben schon gewusst, dass die Nummer gut funktioniert.

Was ist euer Ziel als Band?

General Geri: Wir hätten gerne eine kleine oder mittelgroße Fangemeinde, die unsere Lieder schätzt.

Vielleicht einmal im Ort Rammelhof spielen?

General Geri: Ja, das wäre eine super Idee! Es gibt dort keinen Club, aber irgendein Wirtshaus werden wir schon finden (lacht).

Jürgen Plank
Die Diskussions-, Vortrags- und Artikelreihe mica focus wird unterstützt durch die Abt. für Wissenschafts- und Forschungsförderung der

Kulturabteilung der Stadt Wien

http://www.rammelhof.com