„Emo-Boy trifft cooles Skater-Girl. Sie mögen sich natürlich nicht. Erst später werden sie Freunde, dann ein Paar. Und dann eine Band.“, so lautet die Online-Version der Gründungsgeschichte von ANGER. Ein Duo im – auf den ersten Blick – ganz klassischen Band-Framing: Frau, Mann, Gitarre und Gesang. NORA PIDER und JULIAN ANGERER sprachen mit Ada Karlbauer über den Release des neuen Tracks „Love“, über die Zusammenarbeit wie Yin und Yang, die Lust an Freude und Leid zur selben Zeit sowie darüber, eine gemeinsame Form der Ekstase zu kreieren.
Erst kürzlich erschien Ihre Debüt-EP „Liebe & Wut“. Bitte beschreiben Sie den Entstehungsprozess.
Julian Angerer: „Liebe & Wut“ ist im März 2018 erschienen. Wir haben Songs geschrieben, haben Sie im Spätsommer, Herbst und Winter 2017 selbst aufgenommen und dann mit Peter Paul Aufreiter [Hearts; Anm.] produziert und gemischt. Nach den Sessions haben wir uns in den Schlossgarten von Schönbrunn gesetzt und über Wien geschaut. Wir waren extrem aufgeregt. Das war schon lustig irgendwie, da nur drei Leute davon wussten. Fünf Monate später, im August 2018, waren wir wieder im Studio und haben diesmal mit Zebo Adam [Flut, Bilderbuch; Anm.] und seinem Team einen Monat Songs aufgenommen.
Der Track „Love“ kommt am 18. Jänner. Das war dann nochmal eine ganz andere Liga. Wir sind extrem happy über das Ergebnis. Die Vocals haben wir gleichzeitig eingesungen, ohne wirklich zu editieren. Wir sind einander gegenübergestanden und haben über Liebe gesungen. Es war extrem magisch. Es gab nur uns beide und über Kopfhörer die Außenwelt. Es gibt selten solche Momente. Zurzeit fühlt es sich so an, als wären wir kurz vorm großen Absprung. Wir arbeiten viel und zielstrebig.
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„Wir lieben das Showbusiness. Wir sind Showmenschen. Wir lieben Pop.“
Wie verläuft der gemeinsame Arbeitsprozess?
Nora Pider: Wir arbeiten eigentlich rund um die Uhr an ANGER. ANGER, das sind wir. Julian und Nora. Yin und Yang. Das klingt sehr esoterisch, aber es vereint unsere Seelen miteinander. Wir arbeiten gemeinsam an den Songs, am Livekonzept, an der Performance, den Stimmungen, an unserem Auftreten, unserem Bewusstsein, unserem mentalen Setting. Wir sind beide sehr konsequent und gewissenhaft. Wir lieben das Showbusiness. Wir sind Showmenschen. Wir lieben Pop. Wir streiten auch sehr viel, vor allem beim Üben. Das sind richtig heftige Streits. Deshalb auch „Liebe & Wut“. Wir sind sehr perfektionistisch und wollen den Hörerinnen und Hörern auch live alles anbieten, was wir können.
Die Track-Titel „Sunday Depression“, „(Find) Someone“ und „Without you“ klingen melancholisch, sehnsüchtig und an manchen Stellen fast etwas verkitscht.
Nora Pider: Es macht uns Spaß, Dinge nicht zu verkomplizieren. „I‘m gonna sip a drink or two just to make me look cool.” Was brauche ich da mehr? Wir haben keine Angst vor Kitsch. Und klar geht es um persönliche Geschichten, eigene Erfahrungen, Beobachtungen im sozialen Umfeld.
„Das Fühlen selbst gilt es anzustreben.“
„Hedonist pop for lovers“ lautet die Selbstbeschreibung Ihres Sounds. Was kann man sich darunter vorstellen?
Julian Angerer: Die Lust an der Freude ebenso wie am Leid. Wir haben keine Angst vor negativen Gefühlen, vor Schmerz. Das Fühlen selbst gilt es anzustreben. Es gibt keine Hierarchien in der Welt von ANGER. Es braucht sehr viel Mut, Dinge einfach zu gestalten, Sounds wirken zu lassen, sich nicht zu verstecken. Den haben wir.
Wie wesentlich sind eskapistische Gedanken für das Projekt insgesamt?
Nora Pider: Wir laden das Publikum ein, sich auf uns einzulassen. Gemeinsam in eine Form der Ekstase zu geraten. Wir laden ein, teilzunehmen, sich fallen zu lassen, mit uns auf eine Reise zu gehen. Live kommt der performative Aspekt von ANGER wohl am deutlichsten zum Vorschein. Wir machen eine Pop- Rock-Show mit Kostümen, Tanzeinlagen und Überraschungen. Es geht schließlich darum, die Leute zu unterhalten – am Ende ist es ein Showbusiness und wir sind Entertainer.
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„Popmusik lebt von Zitaten. Kunst lebt von Zitaten.“
ANGER nutzt viele Soundcodes der nahen Vergangenheit sowie der 70er- und 80er-Jahre. Diese Art der musikalischen Retrotopie ist bereits seit vielen Jahren eine wiederkehrende Praxis. Welche Perspektiven bietet der Vergangenheitsblick in der Gegenwart?
Julian Angerer: Popmusik lebt von Zitaten. Kunst lebt von Zitaten. Gezielt wollen wir keiner Dekade im Besonderen nacheifern. Wir bedienen uns bei allen, die uns faszinieren. Ob das nun
Kurt Cobain & Courtney Love, Brian Eno, Madonna, Elliott Smith, Michael Jackson, Cher, Nirvana, Dua Lipa, The 1975, Station Rose, Albano & Romina Power, Beyoncé & Jay-Z, Kanye West, The Cure, Lady Gaga oder Bilderbuch ist. Es sind die Soundästhetiken, das Songwriting, die Performance, die Attitüden, die uns faszinieren und inspirieren. Eine Popästhetik, die sich durch alle Dekaden zieht. Es sind die Moves von Micheal Jackson und Beyoncé, die „Oblique Strategies“ von Brian Eno und Peter Schmidt, die Performances von Marina Abramović, die Texte von Elfriede Jelinek und von Robert Smith.
Was sind die nächsten Schritte?
Julian Angerer: Wir arbeiten derzeit am Debütalbum. Die neue Single „Love“ erscheint am 18. Jänner, einen Monat später – am 18. Februar – spielen wir ein Konzert im wunderschönen RadioKulturhaus Wien. Alle weiteren Schritte, Releases und Infos gibt es auf den üblichen Social-Media-Kanälen. 2019 wird unser Jahr. Das kann man schon mal verraten.
Herzlichen Dank für das Gespräch!
Ada Karlbauer
Termine:
18. Februar – Radiokulturhaus, Wien
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