„Wir haben das Gefühl, dass unsere Musik gut nach Skandinavien passt“ – ANNA KATT im mica-Interview

Privat kennen sich die drei schon seit den 1990er-Jahren: als ANNA KATT machen KRISTINA LINDBERG, STEFAN LINDBERG und MANU MITTERHUBER seit 2014 miteinander Musik. Zurzeit ist die Linzer Band mit dem dritten Album auf Tour, dessen Lieder in englischer und schwedischer Sprache gesungen werden. Jürgen Plank hat mit der Band darüber gesprochen, was sich auf Schwedisch besser als in anderen Sprachen ausdrücken lässt und wie wichtig Yoga für die Band ist.

Billy Bragg hat einst „the difficult third album“ aufs Plattencover geschrieben. Was war bei eurem dritten Album schwierig?

Manu Mitterhuber: Es war tatsächlich viel Arbeit. Wir haben mehr Zeit als für die ersten beiden Alben aufgewendet, bei denen die Mission klarer war: weg von der Elektronik, puristisch Songs in den Mittelpunkt stellen und Kristinas Stimme herausarbeiten. Beim dritten Album haben wir uns gefragt: Kann man den Liedern noch etwas anderes mitgeben? Trauen wir uns mehr? Können wir bunter im Arrangement und im Songwriting werden? In diese Richtung haben wir intensiv am Album gearbeitet.

Stefan Lindberg: Auch in Bezug auf die Grundstimmung. Die ersten beiden Alben waren doch eher melancholisch gehalten und wir wollten uns ein wenig aus der Komfortzone hinausbewegen, denn das Melancholische können wir eh ganz gut. Wir wollten das Tempo ein wenig erhöhen und die Vielfalt erhöhen und das war auch eine neue Herausforderung.

Wie ist das für dich, Kristina, dass deine Stimme in den Mittelpunkt gestellt wird?

Kristina Lindberg: Das ist eigentlich ein Geschenk. Stefan und Manu haben mit den Gitarren einen Sound entwickelt, der richtig gut trägt und durch den ich viel Freiraum habe. Ich habe eigentlich keine laute Stimme und brauche ein bisschen Platz, damit sie zur Wirkung kommt. Wir sind zum Teil ganz leise und werden manchmal auch lauter. Für mich war das eine sehr positive Entwicklung, von der Elektronik weg.

Warum trägt euer Album den schwedischen Titel „Skymning“?

Kristina Lindberg: Ich komme ursprünglich aus Schweden, daher gibt es auch Lieder in schwedischer Sprache. „Skymning“ heißt auf Deutsch Abenddämmerung, dieser Titel ist passend, weil es in der Abenddämmerung um Lichtwechsel und um Farbwechsel geht. Das haben wir versucht, musikalisch auf das Album zu bringen.

Anna Katt (c) Robert Josipovic

Manu Mitterhuber: Uns gefällt es immer besser, die schwedische Sprache zu verwenden, deshalb befinden sich im Vergleich zu den ersten beiden Alben auch mehr schwedische Titel auf der neuen Platte. Schwedisch hat eine ganz eigene Sprachmelodie, einen eigenen Klang. Und in Bezug auf die musikalische Idee ist es manchmal recht klar, ob da ein englischer oder ein schwedischer Text dazu passt. Wenn man beim Zuhören den Text nicht versteht, kann man einfach mal die Musik genießen, die auch für sich steht. Dann kann man ja immer noch weiter graben, worum es da geht.

„Die Themen der Lieder sind recht eng mit Skandinavien verbunden, mit Menschen, Orten und Schicksalen“

Was lässt sich denn auf Schwedisch inhaltlich besser transportieren als in anderen Sprachen?

Kristina Lindberg: Die Themen der Lieder sind recht eng mit Skandinavien verbunden, mit Menschen, Orten und Schicksalen. Das kann ich dann auf Schwedisch authentischer rüberbringen. In Skymning zum Beispiel geht es um das Verabschieden, um das Sterben zur richtigen Zeit.

Stefan Lindberg: Es geht auch um das Thema Heimweh. Wenn man lange in Österreich lebt und die Familie ist ganz woanders, dann lässt sich das in der Muttersprache besser ausdrücken.

Ihr könntet zur Überwindung des Heimwehs eine Tournee durch Skandinavien machen.

Manu Mitterhuber: Wir haben den Plan, das zu tun.

Stefan Lindberg: Kristina hat das unlängst schön formuliert: wir orientieren uns geographisch nach oben. Es ist schon ein klares Ziel: wir wollen mehr Konzerte im skandinavischen Raum spielen.

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Heute kann man über social media oder Streaming-Plattformen gut feststellen, wo die eigene Musik gehört wird. Gibt es in Nordeuropa Fans von euch?

Kristina Lindberg: Das merkt man schon und es ist aber auf jeden Fall ausbaufähig. Wir müssten einfach mehr herumkommen und live spielen, das ist ein Wunsch. Wir wollen dorthin!

Manu Mitterhuber: Wir haben jetzt eine Promo-Agentur, die in Kopenhagen sitzt und wir haben das Gefühl, dass unsere Musik gut nach Skandinavien passt und dass es dort auf jeden Fall eine Hörerschaft dafür gibt. Aber Schweden ist ein schwieriges Pflaster, ich kenne das von anderen Projekten: wir sind in ganz Europa getourt, aber dort haben wir noch nie gespielt.

Ist das so, weil die schwedische Popkultur sehr stark ist und immer wieder gute und erfolgreiche Bands hervorbringt?

Manu Mitterhuber: Genau. In Schweden hat die eigene Popkultur einen hohen Stellenwert und für Metal und Jazz gibt es auch eine Szene und als ausländische Band hat man es dann nicht so leicht.

„Wir versuchen zum Teil den Zuhörer bei schwierigen Themen musikalisch ein bisschen in die Irre zu führen“

Ich habe über euch gelesen, dass es in den Liedern auch um psychische Erkrankungen geht.

Manu Mitterhuber: Die Themen sind zum Teil heftig, werden aber trotzdem positiv umgesetzt. In diesem Spannungsfeld bewegen wir uns musikalisch und inhaltlich oft.

Stefan Lindberg: Wir versuchen zum Teil den Zuhörer bei schwierigen Themen musikalisch ein bisschen in die Irre zu führen. Wir spielen das Lied dann in Dur oder rhythmisch leichtfüßig, leichten Ukulele-Pop. Da legen wir ganz gerne Fallen, sozusagen. Da kann es schon sein, dass wir über Überbelastung oder Burnout singen und die musikalische Anmutung hat etwas sehr Leichtfüßiges. Das ist teilweise ein Konzept bei den Liedern.

Und Yoga ist ein Aspekt, der mit euch verbunden ist.

Kristina Lindberg: Ich bin Yoga-Lehrerin und wir haben immer wieder Musik und Yoga verbunden. Wir waren auch mit einem recht bekannten Yoga-Lehrer unterwegs, da waren wir in Korea, in Seoul und in Deutschland. Wir spielen teilweise auch live beim Unterricht. Stefan begleitet eine Yoga-Stunde dann zum Beispiel live und das hat etwas Besonderes. Live-Klänge sind immer schön.

Anna Katt (c) Robert Josipovic

Sind so bereits Patterns entstanden, die in ein Anna Katt-Lied eingeflossen sind?

Stefan Lindberg: Das war bei der ersten Anna Katt-Nummer so. Kristina hatte gerade ihre Yoga-Ausbildung abgeschlossen und wollte die Yoga-Gruppe mit einem Lied überraschen und das war der Auslöser für das ganze Anna Katt-Projekt. Wir haben damals ein Lied kreiert, das dann am ersten Album gelandet ist. Das Yoga-Thema fließt sozusagen ein bisschen durch alle Alben, obwohl beim neuen Album kaum ein Yoga-Kontext zu finden ist.

„Es wäre positiv, das Projekt geographisch zu öffnen und aus Österreich hinaus zu kommen“

Was wäre ein Karrieresprung für euch mit dem aktuellen Album?

Stefan Lindberg: Unser deklariertes Ziel ist tatsächlich eine stärkere Live-Präsenz in den nächsten beiden Jahren aufzubauen. Wir haben jetzt drei Alben produziert und einen schönen, großen Pool an Songs, mit dem wir uns spielen können. Es wäre positiv, das Projekt geographisch zu öffnen und aus Österreich hinaus zu kommen.

Ihr habt inzwischen einige Konzerte gespielt, gibt es ein lustigstes Tour-Erlebnis?

Stefan Lindberg: Nein. (alle lachen)

Kristina Lindberg: Beim Konzert in Regensburg hatten wir einen Norweger als Gast, der Schwedisch verstanden hat. Da habe ich gewusst: ich muss jetzt aufpassen, was ich sage.

Stefan Lindberg: In Regensburg haben wir drei Sets gespielt und am Schluss ist jemand, den wir eigentlich kennen, zu uns gekommen und hat gesagt: Manu, du bist so eine geile Sau! Sie hat das musikalisch gemeint. Normalerweise kriegen ja nur die Frontmen Rückmeldungen, aber in diesem Fall wurde dem Gitarristen gehuldigt. Eine Tour ist wie eine Achterbahn: für Deutschland hatten wir wenige Erwartungen, aber dort waren auf ziemlich viele Leute bei den Konzerten, in Österreich manchmal weniger. Das macht so eine Tour ziemlich dynamisch.

Herzlichen Dank für das Gespräch.

Jürgen Plank

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Anna Katt live
13.12.2019. Stromboli, Hall in Tirol

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