Ein Weihnachtsalbum, das nach mehr klingt. Das Bläserensemble FEDERSPIEL sorgt mit seinem neuen Album „Von der langsamen Zeit“ (O-Tone) dafür, dass man entschleunigen und sich für Momente in die Welt schönster Klänge zurückziehen kann. FRÉDÉRIC ALVARADO-DUPUY und SIMON ZÖCHBAUER sprachen mit Michael Ternai über die Idee, ein Weihnachtsalbum zu machen, darüber, warum ein guter Klang für das Ensemble so wichtig ist, und über den Wunsch, noch einmal mit einem Chor zusammenarbeiten zu können.
Was verbindet ihr persönlich eigentlich mit Weihnachten?
Frédéric Alvarado-Dupuy: Für mich persönlich ist es mehr die Zeit, in der man winterlich zur Ruhe kommt, als das christliche Fest der Geburt von Jesus Christus. Für mich hängt es mit der Jahreszeit zusammen. Mit der Ruhe, die man nach der vielen Unruhe und dem Stress genießen kann.
Simon Zöchbauer: Für mich bedeutet Weihnachten einen Stimmungswechsel. Es ist für mich eine Zeit des In-sich-Kehrens. Im Sommer ist man viel draußen, man spielt viele Festivals und ist unter vielen Leuten. Man ist im extrovertierten Modus unterwegs. Der Winter ist für mich eine Art Einladung dafür, ins Gegenteil überzugehen, zu Hause etwas Heimeliges zu erleben.
Euer Weihnachtsalbum ist also der Ausdruck eurer ganz persönlichen Gefühle für diese Zeit. Quasi euer Stimmungsbild.
Frédéric Alvarado-Dupuy: Ja, in gewisser Weise. Wir haben einfach versucht, diese Stimmung musikalisch einzufangen und auf Platte zu bringen. Obwohl jeder klarerweise zu diesem Thema seine individuellen Anknüpfungspunkte hat. Aber etwas Ruhigeres, zu dieser entschleunigten Zeit Passendes zu machen, das war doch für jeden von uns ein Anliegen.
Ist die Idee, ein Weihnachtsalbum zu machen, schon länger in euren Köpfen herumgegeistert?
Frédéric Alvarado-Dupuy: Die Idee, ein solches Album zu machen, hatten wir eigentlich schon länger. Wir haben das Programm davor ja auch schon oft gespielt. Nur passte es bisher zeitmäßig nicht wirklich, es auf eine Platte zu bringen. Wir haben letztes Jahr zum Beispiel bereits ein anderes Album aufgenommen gehabt und herausgebracht. Aber jetzt war es eben so weit. Lustig war, dass wir dieses Weihnachtsalbum im Juli aufgenommen haben. Quasi in kurzen Hosen.
„Wenn man sich mit traditioneller Musik beschäftigt, hat man schon einen besonderen Zugang zu Quellen.“
Neben Eigenkompositionen sind auf „Von der langsamen Zeit“ auch einige Bearbeitungen von nicht so bekannten Liedern zu hören. Wie findet ihr diese?
Simon Zöchbauer: Wir spielen unser Weihnachtsprogramm ja schon sehr lange. Ich glaube, seit fünf, sechs Jahren. Diese Zeit haben wir immer wieder auch dafür genutzt, uns auf die Suche nach Liedern zu begeben. Wenn man sich mit traditioneller Musik beschäftigt, hat man schon einen besonderen Zugang zu Quellen. Man geht zum Beispiel ins Volksliedarchiv oder man hört da oder dort, bei einem Konzert oder sonst wo, einmal etwas. Oder irgendjemand anders bringt ein bestimmtes Stück an dich heran.
Ich selber bin ins österreichische Volksliedarchiv gegangen und habe geschaut, welche Weihnachtslieder es gibt. Dabei bin ich unter anderem auf das Archiv von David Gregorius Corner mit sakralen Gesängen gestoßen. Ebenso habe ich Aufzeichnungen von Walter Deutsch entdeckt. Mir geht es dabei aber mehr um Inspiration. Wie klingen die Melodien? Was kann man aus diesen machen?
Ihr seid als siebenköpfiges Bläserensemble ja dafür bekannt, dass ihr auch sehr kraftvoll spielt. War es ein Problem für euch, einmal ein Album zu machen, dass überwiegend deutlich ruhiger ist?
Frédéric Alvarado-Dupuy: Nein, nicht wirklich. Und es wird teilweise ja schon auch lauter. Nur haben die Nummern auf diesem Album nicht ganz so einen brachialen und ekstatischen Charakter, wie es zum Teil auf unseren anderen Alben oder in unserem normalen Programm der Fall ist. Es hat sich für mich aber ganz natürlich angefühlt, in diesem Programm diesen gewissen Schritt eben nicht zu machen.
Es geht uns ja nicht um Lautstärke oder um die Höhe der Dezibel, es geht mehr um eine gewisse Stimmung, die sich auf unseren Alben ausdrückt, und die ist normalerweise eine eher sommerliche und frische. Eine solche Stimmung findet sich aber auf „Von der langsamen Zeit“ kaum.
Ist die Aufführung dieses Albums wirklich nur auf die Weihnachtszeit beschränkt?
Simon Zöchbauer: Ja. Dieses Programm ist wirklich nur für die Zeit vor Weihnachten gedacht. Und ich glaube, das macht es auch aus. Man weiß, dass es da wirklich etwas Neues zu hören gibt und dass man es auch nur in diesen Wochen hören kann. Das macht dieses Programm exklusiv. Und das nicht nur für das Publikum, sondern auch für uns. Es bringt für uns einfach eine Abwechslung, einmal eine ganz andere Stimmung auf die Bühne zu bringen.
„Von der langsamen Zeit“ hört sich ja nicht nach einem Weihnachtsalbum an, wie man es sich erwartet. Manche Stücke, wie zum Beispiel „Dronade & Erhebung“, klingen sogar eher dunkel.
Frédéric Alvarado-Dupuy: Dass wir jetzt kein Album aufnehmen, wo nur Andachtsjodler und Stille Nacht drauf sind, ist für uns ja selbstverständlich. Das sind nicht wir. Und auch wenn wir traditionelle Musik machen, machen wir jetzt kein Showjodeln, wie es im Musikantenstadl vorkommt. Und für das steht Weihnachten im Grunde genommen auch gar nicht.
Und weil du „Dronade & Erhebung“ erwähnt hast: In dem Stück geht es komplett um Entschleunigung. Es wird von einem Bass-Drone durchgetragen. Matthias [Werner; Anm.] hat hier einen groß aufgebauten Bläsersatz und dazu ein Chor-Arrangement geschrieben, Ayac [Jimenez-Salvador; Anm.] hat den elektronischen Unterbau gemacht.
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„Die Zusammenarbeit mit dem Chor war so eine Art Testlauf.“
War es das erste Mal, dass ihr mit einem Chor zusammengearbeitet habt?
Frédéric Alvarado-Dupuy: Ja, tatsächlich. Die Zusammenarbeit mit den Academy Singers war so eine Art Testlauf. Wir sind im RadioKulturhaus ja schon im Frühjahr mit dem Chor gemeinsam aufgetreten. Und da das gut funktioniert hat, haben wir sie dann gefragt, ob sie nicht auch auf unserer CD etwas einsingen wollen. Was sie auch taten. Der Chor ist in zwei Stücken zu hören. Und es wird tatsächlich im nächsten Jahr eine Fortsetzung geben. Wir planen, ein paar ganze Weihnachtskonzerte gemeinsam mit dem Chor zu spielen. Das ist natürlich ein großer Aufwand, weil der Chor ja aus vierzig bis fünfzig Sängerinnen und Sänger besteht.
Ihr habt das Album im Casino Baumgarten aufgenommen. Warum? Und wie wichtig war diese Location für den Sound des Albums?
Simon Zöchbauer: Weil es frei war [lacht]. Nein. Es sind viele Parameter, die für uns cool sind, wenn wir sie haben. Einerseits ein eigener Raumklang, der für uns Bläser einen eigenen Hall mitbringt, sodass man nicht mit künstlichem Hall arbeiten muss. Das war im Konzerthaus Weinviertel in Ziersdorf, wo wir „Smaragd“ aufgenommen haben, auch so. Für das neue Album haben einen Raum gesucht, der einen ähnlichen Charakter mitbringt, weil ein solcher Raum die Stücke und ein Weihnachtsalbum im Gesamten runder macht. Wir haben uns verschiedene Räume angeschaut und sind letztlich im Casino Baumgarten gelandet. Das Casino Baumgarten in Wien ist einfach eine Location, die das mitbringt.
Frédéric Alvarado-Dupuy: Ich finde, der Raum war top. Wie auch der in Ziersdorf. Es geht immer um das Gefühl, das man hat, wenn man in so einem Raum spielt. Wenn der Raum so klingt, dass man sich fallen lassen und drauflosspielen kann, dann macht die Aufnahme natürlich mehr Sinn und Spaß. Und man gelangt musikalisch einfach in andere Sphären, als wenn man in einem trockenen Studio mit dem Klang kämpfen müsste. Natürlich kann man sich da auch helfen und einen Hall auf die Aufnahme legen. Aber wir verfolgen in Bezug auf den Klang dann doch einen eher klassisch-puristischen Zugang.
Heißt das, dass ihr dieses Album gezielt für große Konzertsäle aufgenommen habt?
Frédéric Alvarado-Dupuy: Wir treten ja auch in Konzertsälen auf. Somit ist es naheliegend, dass wir unsere Alben und Programme genau auf einen solchen Rahmen ausrichten.
Simon Zöchbauer: Es ist ja mittlerweile unser sechstes Album. Und da bekommt man schon ein Gefühl dafür, wo man sich wohlfühlt. Wir fühlen uns einfach wohl, wenn wir das Gefühl haben, dass wir gut klingen. Und wenn wir das in einem Saal haben, ist das Aufnehmen ein tolles Gefühl.
Euch gibt es schon viele Jahre. Hat sich euer Zugang zur Produktion eines Albums in den Jahren verändert?
Simon Zöchbauer: Ich glaube, wir hatten diesen Zugang eigentlich schon immer. Wenn auf meinem Computer unser erstes Album zufällig aufscheint, höre ich immer wieder einmal rein und stelle fest, wie gut es eigentlich aufgenommen ist. Man merkte schon damals diese Präzision, die uns auch heute ausmacht. Wir hatten immer schon den hohen Anspruch, dass das, was wir veröffentlichen, auch gut ist. Wir wollen wirklich zufrieden sein. Ich glaube, dieses Anspruchsdenken haben wir alle aus der Klassik, aus der wir ja kommen, mitgenommen. Wir waren nie eine Gruppe, die irgendwie „mittelvorbereitet“ ins Studio gegangen ist und dort an den Stücken gearbeitet hat. Aber das, was wir in den letzten Jahren schon gewonnen haben, ist Erfahrung. Diesbezüglich sind wir sicher gereift.
Herzlichen Dank für das Gespräch!
Michael Ternai
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Federspiel – Von der langsamen Zeit
13.12. Danubium, Tulln
14.12. Lisztzentrum, Raiding
16.12. Konzerthaus, Wien
18.12. Ev. Kirche Buschhütten, Kreuztal
19.12. Peterskirche, Vaihingen (DE)
20.12. Das K, Kornwestheim (DE)
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