„WENN MAN SELBER MUSIK MACHT, MACHT MAN MUSIK, DIE MAN SELBER GERN HÖREN WÜRDE“ – OLD MRS. BATES IM MICA-INTERVIEW

Noch handelt es sich bei den Wienern OLD MRS. BATES um einen Geheimtipp. Das dürfte aber nicht mehr lange so bleiben. Mit ihren in den letzten Monaten veröffentlichten drei Singles „Cold Place“, „Call Me Over“ und „Old Man“ konnte das Wiener Rock-Duo, bestehend aus SCHORSCH (Gesang, Gitarre) und VALLE (Schlagzeug), bereits in der heimischen Indie-Szene einiges an Staub aufwirbeln. Mit der nun erscheinenden neuen EP „Nothing Makes Sense“ dürfte der Band der nächste Schritt auf der Karriereleiter gelingen. Im Interview mit Michael Ternai erzählten SCHORSCH und VALLE, was bei der neuen EP anders ist als bei den vorangegangenen, warum sie immer noch zu zweit sind und warum ein Album derzeit für sie keine Option ist.

„Nothing Makes Sense“ ist im Grunde genommen eigentlich schon eure vierte EP. Was habt ihr dieses Mal anders gemacht?

Schorsch: Unsere ersten drei EPs haben wir alle noch nach dem Selfmade-Prinzip aufgenommen und von Freund*innen mischen lassen. Wie es eine junge Band eben tut. Was bei „Nothing Makes Sense“ neu ist, ist, dass wir jetzt mit dem Label „Rola Music“ zusammenarbeiten, das unsere PR und das Booking übernimmt. Dadurch sind wir jetzt zum ersten Mal am Schirm. Davor haben wir uns noch nicht wirklich um diese Sachen gekümmert. Es ist dieses Mal alles viel professioneller abgelaufen. Beginnend beim Studio bis hin zu den Aufnahmen. Zudem haben wir unsere Songs dann auch zum Mischen nach Schweden und zum Mastern nach Amerika geschickt. Wir wollten mal schauen, was da so rauskommt. Und sie klingt auch besser, muss man sagen.

Valle: Ein für uns großer Schritt war auch, dass wir bei „Nothing Makes Sense“, erstmals mit einer*einem Produzentin*Produzenten zusammengearbeitet haben.

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Hört man sich durch eure letzten EPs und die neue, kann man den Eindruck gewinnen, dass die neue EP quasi das Beste der vorangegangenen verbindet. Kann man das so sagen?

Schorsch: Das kann schon sein. Ich würde es aber so erklären, dass wir zum ersten Mal nicht nur fünf Lieder geschrieben und aufgenommen haben, sondern zehn. Von diesen haben wir dann unsere Favoriten herausgepickt. Das erklärt vermutlich auch die musikalische Breite der Songs. Über die musikalische Richtung haben wir uns konkret eigentlich nie wirklich groß Gedanken gemacht. Wir schreiben das, was uns gefällt. Und das kann mal das und dann wieder etwas anderes sein.

Valle: Wobei wir bei dieser EP schon sehr darauf geschaut haben, dass die Songauswahl in sich stimmig ist und als Ganzes funktioniert.

Angesichts dessen, dass ihr nur zwei Bandmitglieder seid, ist euer Sound richtig, richtig fett. Wie hat sich die Idee ergeben, die Band einfach zu zweit zu machen?

Valle: Als wir uns ganz am Anfang zum ersten Mal zu zweit im Proberaum getroffen haben, um ein Lied auszuprobieren, hatte ich schon noch die Vorstellung, dass wir uns noch andere Musiker*innen, wie etwa eine*n Bassistin*Bassisten oder eine*n Gitarristin*Gitarristen, suchen werden. Aber irgendwie empfanden wir beide diese Zweierkonstellation mit der Zeit immer lustiger. Es hat einfach einen Riesenspaß gemacht. Zudem haben wir gemerkt, dass es auch so sehr gut funktioniert. Auch weil wir auf verschiedene technische Hilfsmittel zurückgegriffen haben. Unter anderem läuft die Gitarre auch über einen Bass-Amp, wodurch die Gitarre quasi den Bass dazu spielt.

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„[…] MANCHMAL KOMMEN WIR SCHON AUCH AN EINEN PUNKT, AN DEM WIR NICHT MEHR WEITERKOMMEN UND DEN INPUT VON EINER DRITTEN PERSON BRÄUCHTEN.“

Ich nehme an, ein Vorteil, zu zweit in einer Band zu sein, ist auch, dass sich der Songwriting-Prozess einfacher gestaltet.

Schorsch: Generell schon. Es hat alles Vor- und Nachteile. Wir sind uns bei den Dingen relativ schnell einig. Aber manchmal kommen wir schon auch an einen Punkt, an dem wir nicht mehr weiterkommen und den Input von einer dritten Person bräuchten. Diese fehlt uns manchmal. Aber bisher hat es ganz gut geklappt. Zudem glaube ich, dass unser Produzent in gewisser Weise diese Rolle übernommen hat und auch schon beim Songwriting immer wieder Vorschläge macht.
Wie wir es in Zukunft mit der Band machen werden? Wir reden schon immer wieder davon, auch andere Leute mit an Bord zu holen. Es wird uns auch immer wieder von verschiedenen Seiten ans Herz gelegt, es einmal zu probieren. Und eigentlich sind wir auch nicht wirklich dagegen, aber bis jetzt haben wir diesen Schritt eben noch nicht gemacht. Ich bin auch nicht wirklich der Typ, der aktiv ausschreibt und auf diesem Wege jemanden sucht. Ich warte immer ganz gern darauf, dass sich irgendetwas Cooles ergibt und wir vielleicht eine Person finden, die wir beide mögen.

Valle: Wir wollen dahingehend nichts erzwingen. Es muss schon eine Person sein, mit der wir gut auskommen und uns anfreunden können. Aber vielleicht passt es ja früher als gedacht. Wir wissen es nicht.

Als ihr zusammengekommen seid, war euch da schon klar, in welche musikalische Richtung es gehen soll?

Schorsch: Ja. Die Geschichte dazu ist, dass ich eigentlich schon recht lange in Wien gelebt, aber lange keine Bandmusik mehr gemacht habe. Irgendwann ist die Inspiration wiedergekommen und ich habe angefangen, zu Hause ein paar Demos aufzunehmen. Am Ende hatte ich fünf Songs bzw. Entwürfe von Songs in der Art, wie ich sie mir gut vorstellen konnte, zusammen. Sie waren relativ rifflastig, wahrscheinlich auch deswegen, weil ich ja vom Bass komme und da zum ersten Mal die Gitarre in die Hand genommen habe. Auf jeden Fall bin ich dann irgendwann beruflich nach Innsbruck. Ich nutzte den Trip dorthin auch dazu, Valle zu besuchen, der zu dieser Zeit dort wohnte. Valle und ich gingen in Salzburg gemeinsam in die Schule und sind seitdem gut befreundet. Daher wusste ich, dass er Schlagzeug spielt, und ich hatte auch gehört, dass er nach Wien übersiedeln will.Wir haben uns dann getroffen und ich habe ihm die Demos vorgespielt. Da hat er sich schon ein Bild machen können, in welche Richtung es geht. Und er war von der ersten Sekunde an voll dabei.

Valle: Es hat sich vom Timing her einfach sehr gut ergeben, dass Schorsch gerade seinen kreativen Ausbruch hatte und ich genau zu diesem Zeitpunkt ohnehin nach Wien wollte. Es war also mehr ein echter Zufall als wirklich ein Plan. Aber wir sind geduldig dabeigeblieben und das ganze Projekt ist von einer EP zur nächsten stetig angewachsen.

Bild Old Mrs Bates
Old Mrs. Bates (c) Felix Krisai

„WIR MACHEN UNSERE SONGS JETZT NICHT BEWUSST POPPIGER.“

Obwohl es in euren Nummern ordentlich rockig zugeht, zeigt ihr dennoch wenig Scheu davor, auch mal poppige Tunes anzuschlagen.

Schorsch: Wenn man selber Musik macht, macht man Musik, die man selber gern hören würde. Und ich stehe eben auf catchy Tunes, da kann ich eigentlich gar nichts dafür. Deswegen sind bei uns die Gesangslinien auch so angelegt.

Valle: Es steckt bei uns jetzt kein Kalkül dahinter. Wir machen unsere Songs jetzt nicht bewusst poppiger. Es hat sich einfach irgendwie organisch in diese Richtung entwickelt, vor allem seit unserer letzten EP. Und ja, diesbezüglich sind auch Inputs vonseiten unseres Produzenten gekommen.

Schorsch: Zudem hat sich auch unser Songwriting-Prozess ein wenig verändert, insbesondere seit Valle damit begonnen hat, mit Synthesizern zu arbeiten. Das eröffnet mir mehr Räume. Er spielt Schlagzeug und über den Synth die Bassline und ich kann mich allein auf den Gesang konzentrieren, ohne nebenbei irgendetwas herumspielen zu müssen. Ich bekam dadurch plötzlich mehr Freiheiten, mich gesanglich mehr auszudrücken. Und seitdem geht es mehr in diese Richtung.

Valle: Das mit dem Synthie hat tatsächlich etwas ausgemacht. Wir konnten dadurch das Ganze etwas luftiger zu machen und auch kreativer arbeiten. Davor war die Musik doch sehr rifflastig und gitarrenorientiert. Dieser neue Zugang hat doch etwas Frisches hineingebracht.

Aus welcher musikalischen Ecke stammt ihr eigentlich? Wodurch wurdet ihr musikalisch sozialisiert?

Valle: Ich hatte während meiner Schulzeit mit Freund*innen eine Band, die mehr in die Punkrock-Richtung gegangen ist.

Schorsch: Bei mir ging es eher in Richtung Indie-Rock, wobei wir eigentlich das gespielt haben, was uns gefallen hat.

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Was sind die Inhalte eurer Texte? Worum geht es in den Songs?

Schorsch: Es sind Themen aus dem Leben. Und schon auch persönliche Texte, aber ich halte es ganz gern etwas mystisch. Ich bin nicht jemand, der seine persönlichen Erfahrungen offen auf den Tisch legen möchte, sondern eher metaphorisch arbeitet. Dann geht es bei mir auch viel um Phonetik. Dieses Wort klingt cool, wie kann ich es in einen Song einbauen? Es geht mir darum, mit den Texten ein Bild zu kreieren.

Aber da entwickle ich mich auch noch weiter. Ich habe auch schon Songwriting-Workshops gemacht, in denen ich auf interessante neue Zugänge zum Thema Songwriting gestoßen bin, die ich zuvor überhaupt nicht am Schirm hatte und auf die ich jetzt wieder gern zurückgreife.

Valle: Ich finde die Texte von Schorsch genial, weil sie einfach so abstrahiert sind. Sie gehen nicht offensichtlich in eine Richtung, sondern drücken sich richtig schön über Metaphern aus.

Ihr habt bislang nur EPs herausgebracht. Habt ihr auch mal vor, ein Album zu veröffentlichen?

Valle: Es ist bei uns schon immer wieder Thema, wie wir die Sachen herausbringen wollen. Unsere Herangehensweise ist eher die, dass wir versuchen, halbwegs regelmäßig etwas zu veröffentlichen. Wenn wir jetzt ein ganzes Album mit zehn Songs machen würden, würde das einfach dauern. Uns kommt es in unserem Stadium, in dem wir uns befinden, sinnvoller vor, einfach regelmäßig Content zu kreieren. Einmal im Jahr eine EP ist für uns machbar. Das entspricht jetzt ganz gut unseren Vorstellungen.

Schorsch: Ich kenne viele Künstler*innen, die bei einem Album hängen bleiben. Es muss ja richtig gut werden und daher wird an jedem Song so lange herumgetüftelt, bis er passt. Und dann sind schon mal mehrere Monate oder Jahre vergangen. Auf das haben wir nicht wirklich Bock. Wir wollen stetig dabeibleiben und so präsent sein. Auch für uns. Eine EP im Jahr ist, wie Valle schon gesagt hat, machbar, und ich glaube auch, der Grund, warum es uns noch gibt. Wir haben durch die Regelmäßigkeit einen Plan, einer Single folgt meist ein Video …

Macht ihr eure Videos selber?

Schorsch: Ja, die machen wir selber. Ich bin ja hauptberuflich Kameramann und Cutter. Dadurch habe ich sehr viele Freund*innen und Kontakte in der Branche, die uns immer wieder aushelfen.

Bild Old Mrs Bates
Old Mrs Bates (c) Felix Krisai

Was sind die nächsten Pläne? Ihr präsentiert das Album zunächst einmal am 28. Mai im B72 in Wien. Wie geht es dann weiter? Gibt es dann noch eine Tour?

Schorsch: Das ist schon alles im Gange. Ende Oktober bis Mitte November werden wir durch Deutschland touren. Das wird überhaupt unsere erste Tour sein. Es wird sicher interessant, wie es uns da geht. So lange waren wir noch nie gemeinsam unterwegs. Aber wir sind sehr exited.

Valle:In diesem Jahr passiert wirklich viel. Wir spielen jetzt im Sommer noch einige Konzerte, im September sind wir dann beim Waves Vienna und auch sonst wird es im Herbst – abgesehen von der Tour – noch weitere Shows geben. Wir werden sehr viel unterwegs sein.

Schorsch: Und dann sind wir heuer noch einen Monat in den USA, um dort unsere nächste EP aufzunehmen. Dominik Schmidt, unser Produzent, verbringt ja immer ein halbes Jahr in Wien und ein halbes Jahr in Portland. Und er hat uns schon öfter gefragt, ob wir nicht einmal zu ihm nach Portland kommen wollen, um dort etwas aufzunehmen. Lange waren wir uns nicht sicher, ob wir das tun sollten, weil es hier in Wien so viele andere Studios gibt. Irgendwann haben wir uns aber gedacht, dass wir jetzt schon so lange nicht auf Urlaub waren und wir dieses Angebot als Vorwand nehmen könnten, wieder einmal aus Österreich rauszukommen. Und das machen wir jetzt. Die erste Hälfte des Monats werden wir im Studio sein, und die zweite machen wir dann Urlaub in Kalifornien.

Herzlichen Dank für das Gespräch!

Michael Ternai

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Old Mrs. Bates live
28.05.2022 B72, Wien, Albumrelease Facebook-Event
04.06.2022 Hafenstadt, Klagenfurt

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