Waves Vienna Konferenz: Festivals In South-Eastern Europe

In den letzten Jahren hat die Musikindustrie eine regelrechte Verschiebung erfahren. Während in den Neunzigern noch CDs- und Plattenverkäufe die Musikwirtschaft ankurbelten, geht der Trend mittlerweile in Richtung des Konzert- und Veranstaltungsmarktes. In Zeiten, in denen so gut wie Alles auf Festplatte gespeichert werden kann, erfährt das Erlebnis und der persönliche Bezug zum Künstler immer größere Bedeutung. Festivals sind zum lukrativen Geschäft geworden und die Besucherzahlen diverser Sommer-Großveranstaltungen steigen kontinuierlich an. Dieser Trend hält natürlich nicht nur im Westen Europas Einzug. Auch der Südosten kann mit einigen großen Festivals aufwarten. Im Rahmen der Waves Vienna Music Conference 2013 wurden vier von ihnen vorgestellt:

Kroatien: Outlook

Dijana Lakus, die einzig weibliche Diskutantin der Runde, ist als Organisatorin der Festivals Dimension, Outlook und Seasplash tätig. Das Besondere an diesen drei Events, ist die außergewöhnliche Location, die Lakus sogar als „die beste Europas“ bewirbt. Als Austragungsstätte dient das Fort Punta Christo, eine alte Befestigungsanlage versteckt gelegen zwischen Pinienwäldern und der Bucht von Pula, wo für Festivalbesucher nach schweißtreibenden Konzertbesuchen die Möglichkeit besteht, ins erfrischende Meer einzutauchen. Was vor elf Jahren mit einer kleinen Reggae- und Dubveranstaltung begann, hat sich mittlerweile zum Music Hot- Spot Kroatiens gemausert. Insbesondere Outlook, eines der größten Festivals für Soundsystem-Kultur, zieht von Jahr zu Jahr mehr Besucher an. Eine maßgebliche Rolle spielt der gegenwärtige Touristen-Boom Kroatiens, der viele junge und feierlaunige Reisende in Land lockt.

Slowenien: Metaldays

Auch Slowenien darf sich über einen Zuwachs an Gästen freuen. Jene schätzen vor allem die großzügige Natur des Landes. Aber nicht nur die. In Tolmin, einer Stadt wo die beiden Flüsse Soča und Tolminka zusammenlaufen, kommt es jedes Jahr zum großen Treffen der Metal-Szene. Mittlerweile finden die  Metaldays dermaßen großen Anklang, dass die Ticketzahl auf 12000 limitiert wurde. Neben zahlreichen internationalen Acts, die für gewaltige Stimmung vor Ort sorgen, haben die Besucher zusätzlich die Möglichkeit eine „relaxte“ Atmosphäre zu genießen. Die Veranstalter legen großen Wert auf das Wohlbefinden der Gäste. Jedes Jahr stehen den Konsumenten neue Aktivitäten außerhalb der zentralen Konzertveranstaltung zur Verfügung. „It’s all about fun“, so Organisator Roman Filež. So locken die Metaldays ergänzend mit Angeboten, die von Wanderungen bis hin zu geführten Rafting-Touren reichen. Dass die Natur so stark in das Festival eingebunden wird, hat seinen Sinn. Die Veranstalter möchten ein ökologisches Umdenken erzielen und das Festival in Zukunft so „grün“ wie möglich gestalten. Diese Werteinstellung soll nicht nur der Umwelt, sondern auch den Festivalbesuchern zu Gute kommen, die jedes Jahr erneut aus Deutschland, Österreich und Spanien nach Slowenien pilgern.

Serbien: Exit

Nach dem Zerfall Jugoslawiens, haben sich serbische Studenten für die kulturelle und musikalische Wiederbelebung des Landes eingesetzt und im Jahr 2000 das Exit-Festival gegründet. Dieses findet jährlich in Novi Sad statt und bietet auf zahlreiches Bühnen ein breites Spektrum an Musik. Internationale wie auch regionale Künstler sorgen an vier Tagen für ein facettenreiches Programm das von Pop, Rock bis Elektronik reicht. Das Exit Festival hat neben künstlerischen Programmpunkten auch immer eine politische Message. 2013 richtete sich der Fokus auf das Thema Revolution, welches im Rahmen von Konferenzen und Workshops intensiv behandelt wurde. „Exit to something better“ lautet die Kampagne des riesigen Festivals, das heuer über 47000 Besucher anlockte. Mit Unterstützung der Regierung setzen sich die Veranstalter für eine bessere Zukunft für die Jugend sowie ein besseres Image des Landes ein.

Mazedonien: Taksirat

Für ein besseres Image kämpft auch Login Kochishk, Gründer des Festivals Taksirat. Taksirat, das so viel wie „Schicksal“ bedeutet hat 2009 als kleines Festival mit 1000 Besuchern begonnen. Das „Winterfestival am Balkan“ ist inzwischen zu einem kulturübergreifenden Großevent gewachsen, das an mehreren Locations in und um Skopje herum stattfindet. So groß die Auswahl an internationalen Bands und Musikern, so klein der Preist de Tickets. Es gibt wohl kaum eine andere Veranstaltung, bei der man für umgerechnet etwa 10 Euro Iggy Pop oder Manu Chao zu sehen bekommt. „Für einen höheren Eintrittspreis wäre das Festival in Mazedonien nicht machbar“, so Kochishk. „Das Einkommen der Bevölkerung, insbesondere der Jugend Mazedoniens ist sehr gering, die Publikumsenergie am Festival aber umso größer.“

Wie sind bei den Eintrittspreisen, die zum Teil weit unter dem Preisniveau von westeuropäischen Festivals liegen, die Bookings von Major-Acts möglich? Hierbei stoßen die Veranstalter auf große finanzielle, organisatorische und logistische Herausforderungen. Die Veranstalter von Metaldays gehen so vor, dass terminliche Schlupflöcher gefunden werden und große Acts nicht am Wochenende, sondern unter der Woche gebucht werden. Dijana Lakus vom Outlook Festival nutzt die „Kunst des Netzwerken“. Bei über 100 Promotion-Events auf der ganzen Welt, versucht sie möglichst viele internationale Kontakte zu knüpfen. Vladimir Vodalov vom Exit Festival und Login Kochishk von Taksirat setzen auf einen großen, internationalen Headliner und lassen dafür lieber viele regionale Bands zum Zug kommen, die beim Publikum auf nicht minder große Begeisterung stoßen.

Primär haben die Veranstalter zum Ziel, dass die Besucher eine gute Zeit erleben können und selbst für geringe Ausgaben auf ihre Kosten kommen. Und gerade diese Ideologie macht ein Balkan-Festival zu einem besonderen Ereignis. Finanzieller Gewinn steht nicht im Mittelpunkt. Alles was zählt ist die Synergie zwischen Publikum und Künstler.  Roman Filež bringt es auf dem Punkt: „Eine gute Atmosphäre kann man nicht kaufen“. Man kann sie nur erleben –  laut den Panelgästen am besten am Balkan.

Foto (c) Exit Festival

Panel: Festivals in South-Eastern Europe
Haris Bilalovic (Radio & Television Presenter; BA) diskutierte mit: Login Kochishk (Taksirat; MK), Vladimir Vodalov (Exit Festival; RS), Roman Filež (Metal days; SI) und Dijana Lakus (Outlook Festival, HR)