Waves Vienna Konferenz: Feedback Listening Sessions

Die Feedback Listening Sessions waren mitunter die zwei bestbesuchtesten Panels des Waves Vienna Festival. Der Grund dafür war nicht nur das Aufgebot an MusikexpertInnen, sondern vor allem deren ungekünstelte Kommentare. Vorgespielt wurden ihnen Songs solcher Bands, die selber am Waves auftraten. So hatten die Musiker die Möglichkeit die Kritik oder das Lob der Jury über sich ergehen zu lassen. Bewertet wurde vor allem nach Radiotauglichkeit, Produktion und Authentizität.

Sarah Casey (Leighton-Pope Organisation; UK), Matjaz Mancek (Kino Siska; Sl), Robert Meijerink (Eurosonic Noorderslag; NL) und Jules Parker (Polaroid Management; UK) diskutierten mit Moderator Nick Hobbs (Charmenko; UK) über österreichische Musik. Obwohl natürlich verschiedene Meinungen in der Gruppe vorherrschten, löste die Pre-Production Version eines Beth Edges (AT) Songs eine angeregte Diskussion aus. Der Trigger war der britische – genauer gesagt Sheffield-Akzent, wie Hobbs es feststellte – des Sängers.

Auf der einen Seite appelliert der Brit-Rock-Song an Fans der Arctic Monkeys und könnte sich so seinen Platz im Air Play behaupten. Auf der anderen Seite gibt es viele Bands, und sehr viele englische Bands, die genau jenen Stil verfolgen. Soll sich also eine österreichische Gruppierung, wie es die Beth Edges sind, komplett verstellen um am internationalen Markt zu punkten, oder sollen sie angestrengt versuchen mit ihrer Musik das Rad neu zu erfinden?

Von dieser Frage kam man auf das Thema Akzente zu sprechen, was zu einer leidenschaftlichen Diskussion über Identität und Kommerz ausartete. Moderator Hobbs stellte dann in einer Art Schlussresümee fest, dass sich die Gesangssprache maßgeblich von der normalen Sprechart unterscheiden kann. Emotionen sollen nicht nur überzeugend vorgetragen werden, sondern genauso bei den HörerInnen ankommen. Das Beispiel Sigur Ros zeigt, dass es dabei egal ist, ob die Band in einer Fantasiesprache singt.

Mit Songs von Wandl (AT) und Punda Omar (AT) verließ man dann die rockigen Gefilde und wandte sich der elektronischen Musik zu. Beide Interpreten wurden für ihre überraschenden Melodien und eigenständigen Songstrukturen gelobt. Kritisiert wurde die Produktion, obwohl man festgestellt hatte, dass die Anlage nicht die beste war. Den folkigen Track von Ernesty International (AT) umschrieb man als solide, mit catchy Melodie.

Catchy war wiederum das Wort des zweiten Teils der Feedback Listening Sessions. Die neue Besetzung bestehend aus Sigtryggur Baldursson (Iceland Music Export; IS), Bev Burton (Killer B Music; UK), Gerrit Kerremans (Studio Brussel; BE), Linus Volkman (Intro; DE), Paul-Henri Wauters (Botanique; BE) und Moderator Thomas Zsifkovits (Nova Music; AT) hörte sich nicht nur österreichische Lieder an. Catchy war alles von Folk über Elektro bis Indie-Pop.  Aufgrund der großen Gruppen- und Liederzahl konnte keine allgemeine Diskussion entstehen, weswegen man sich fokussierter auf die einzelnen Songs konzentrierte.

Besonders gefielen die energetischen Lieder von Hella Comet (AT), Milk Drinkers (Sl) und Deadnote.Danse (AT). Letzteres stach mit den starken weiblichen Vocals heraus, Hella Comet konnte mit der Wall-of-Noise bestechen und Milk Drinkers wurden für die straighten Beats gelobt. Fijuka (AT), Olympique (BE), Calais (AT) und Soldout (BE) verblieben auf der ruhigen Seite, weswegen auch mehr auf Lyrics und die Stimmung geachtet wurde. Man war sich einig, dass innovative Melodien keinen kommerziellen Erfolg ausschließen würden. So sollten sich mehr Bands von dem sicheren Coolheitsfaktor verabschieden, und ein wenig kreativer und wilder werden. Das größte und auch schrägste Kompliment machte Baldursson Hella Comet. Er meinte, er wolle sich nach Hören des Songs die Kleider von Leib reißen, sich mit Pudding bekleckern und sich an der Wand reiben. Man könnte ein intensives Musikerlebnis kaum bildhafter beschreiben.
Anne Marie Darok

 

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