„Vor allem Menschen, die uns nahe sind, inspirieren uns.” – SARAHBERNHARDT im mica-Interview

Mehrstimmige Dialekt-Chansons mit Ukulele und Harfe – gemeinsam mit SARAH METZLER und SIGRID HORN hat der umtriebige Musiker BERNHARD SCHEIBLAUER unter dem Namen SARAHBERNHARDT das Album „Langsam wiad’s wos“ (MedienManufaktur Wien) veröffentlicht. Im Interview mit Jürgen Plank erzählen die drei vom Aufwachsen am Land, wie sie in die Zukunft blicken und von einem eben erst aufgenommenen Wohnzimmer-Konzert.

Gibt es ein Vorgängerprojekt zu SarahBernhardt?

Cover langsam wiads wos
Cover “langsam wiads wos”

Sigrid Horn: Ja, Bernhard und ich haben zirka ab dem Jahr 2012 miteinander Musik gemacht. Zunächst mit Liedern, die ich geschrieben habe, und danach auch mit Liedern, die Bernhard geschrieben hat. Eines davon ist auch auf „Langsam wiad’s wos” drauf. Da haben wir zum ersten Mal miteinander mit der Ukulele gespielt.

Du bist sehr umtriebig, Bernhard. Was ist für dich bei SarahBernhardt möglich, was bei anderen Bandprojekten nicht geht?

Bernhard Scheiblauer: Ich wollte beim Schreiben der Lieder so viel Zeit wie möglich haben. Und dabei auch so viel alleine sein, wie möglich. Das ist auch ein Grund, warum es dieses Projekt gibt. Mir war es wichtig, dass ich Texte schreiben kann, die zum Teil jahrelang liegen geblieben sind. Manche Texte reichen bis ins Jahr 2012 zurück. Und einige von denen verwerte ich dann eben. Das ist für mich ein totaler Genuss, dass ich das so machen kann, ohne Druck zu haben.

Sarah Metzler: Das ist wie bei einem guten Wein!

Auch wenn Bernhard die Lieder lange liegen lässt, irgendwann zeigt er sie dir und Sigrid. Wie geht es dann weiter?

Sarah Metzler: Ich kenne oft schon Fragmente von Liedern. Wenn wir zum Beispiel zu zweit im Park sitzen, spielt mir Bernhard immer wieder etwas vor. Instrumentale Handy-Aufnahmen oder bestimmte Akkordfolgen. Ich probiere dann, etwas dazu zu spielen. Und das wird dann irgendwann zu einem Teil von einem Lied. Solche Teile kenne ich schon bevor man von einem fertigen Lied sprechen kann. Ich klinke mich also meistens schon relativ früh ein. Ich probiere dann zu einer Stelle eine zweite Stimme dazu, von der man noch gar nicht weiß, dass sie ein Refrain ist.

Ihr seid musikalisch im Bereich Folk, Worldmusic verortet. Inhaltlich geht es – verkürzt gesagt – um das Leben am Land. Sind das Themen, die ihr mit dem Album transportieren wolltet: das Heranwachsen am Land und das Weggehen aus dem Dorf? 

Bernhard Scheiblauer: Es ist unweigerlich erkennbar, dass das Aufwachsen am Land mitschwingt. Dagegen wollte ich mich auch gar nicht wehren. Aber wirklich zur Aufgabe gestellt habe ich es mir nicht, das Landleben zu porträtieren. Aber mein Aufwachsen und die Erinnerungen daran haben am Land stattgefunden.

[…] Wenn man sich sehr konkret mit der Vergangenheit beschäftigt, sind diese Dinge für einen erledigt” 

Wolltest du somit auch etwas aufarbeiten?

Bernhard Scheiblauer: Mir ist schon aufgefallen, dass ich eine Grund-Sentimentalität in mir habe, die stark ausgeprägt ist. In dem Moment, in dem ich etwas aufschreibe, ist es auch ein bisschen abgehakt und abgehandelt. Ich finde, wenn man sich sehr konkret mit der Vergangenheit beschäftigt, sind diese Dinge für einen erledigt. Vorausgesetzt man macht das ordentlich.

Bild Sarahbernhardt
SarahBernhardt (c) Daniela Matejschek

Abgesehen von den Kindheitsthemen ist in euren Liedern, sowohl in der Musik als auch im Text, oft Humor enthalten. Wie wichtig ist euch Humor?

Sarah Metzler: Das Augenzwinkern ist wichtig.

Bernhard Scheiblauer: Humor ist uns sehr wichtig. Und Humor ist auch als klares Instrument zu sehen, um aufzulockern und einen Zugang zu Dingen zu schaffen, die emotional nicht so leicht erreichbar sind. Ein Vorbild sind dabei die Strottern. Sarah und ich waren bei einem Konzert der Strottern und das hat uns weggeblasen. Zum einen wegen der Performance, aber auch wegen der Art und Weise, wie sie das Humorvolle und das Traurige miteinander verbinden. Das war eine große Inspiration.

Sarah Metzler: Die Strottern sind wirklich ein Mega-Vorbild und wir hören sie uns immer wieder gerne an. Als wir dann überlegt haben, ein Album zu machen, haben wir uns oft gedacht, dass es uns gut gefallen würde, würde sich ein Album von uns wie eine Platte von Peter, Paul & Mary anhören.

Bernhard Scheiblauer: Das ist auch richtig. Vor allem Menschen, die uns nahe sind, inspirieren uns. Musikerinnen und Musiker, mit denen wir zu tun haben.

Sigrid Horn: Wir wachsen aneinander.

Bei einem Lied gibt es auch Operngesang, wer hat da gesungen?

Sigrid Horn: Das war ich. Ich kann bei SarahBernhardt alles machen, was mir Spaß macht. Das reicht von Blockflöte bis Operngesang. Ich habe klassischen Gesang studiert und bei diesem Lied war es eine konkrete Idee. Es hat gut dazu gepasst und zudem riesigen Spaß gemacht.

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Bernhard, deine Texte sind oft sehr poetisch. Stehen manchmal Gedichte für sich, die nicht zu einem Lied verarbeitet werden?

Bernhard Scheiblauer: Witzige Frage. Es gibt im Cafe Anno den Dialekt-Donnerstag. Der wird vom Verein ÖDA [Anm.: ÖDA steht für Österreichische Dialektautorinnen und -autoren] veranstaltet. Da gibt es Lesungen und auch musikalische Auftritte. Und in diesem Rahmen habe ich vor kurzem mal nur gelesen. Normalerweise machen wir dort immer auch Musik, aber an diesem Abend waren Texte dabei, die nie als Liedtexte gedacht waren. 

„Ich habe den Text vor mir liegen gehabt und habe geheult, weil es mich so erwischt hat.”

Ein Schlüsselsong des Albums ist für mich „Der Unverblümte“, der Themen rund ums Aufwachsen am Land anreißt: Sommer am See, Schule im Herbst. Das ist ein besonderer Song des Albums, wie seht ihr das?

Bernhard Scheiblauer: Ich wollte so etwas wie ein Liebeslied schreiben. Aber cooler. Zu dieser Zeit hatte ich viele positive Erlebnisse, in Bezug auf Konzerte und meine persönliche künstlerische Entwicklung. Ich wollte ein Medium finden, um das Positive rauszulassen, gemischt mit Sentimentalität.

Sarah Metzler: Der Song hat sich als die Nummer herauskristallisiert, die immer extrem gut ankommt.

Sigrid Horn: Ich kann mich noch genau daran erinnern, als wir das Lied im Jahr 2016 zum ersten Mal im Prater gespielt haben. Ich habe den Text vor mir liegen gehabt und geheult, weil es mich so erwischt hat. 

Wie geht es nach Corona für euch weiter?

Sigrid Horn: Ich blicke positiv in die Zukunft. Es ist super, dass Sachen wieder gehen. Es gibt viele kreative Veranstalterinnen und Veranstalter. Wir sind da recht zuversichtlich.

Bernhard Scheiblauer: Wir sind optimistisch, aber ich kriege von vielen Bekannten und Freundinnen und Freunden mit, dass es viele Menschen in der Kunstbranche gerade sehr schwer haben und verzweifeln. Bands lösen sich auf, manche Leute satteln um, weil gewisse Dynamiken fehlen. Wir sind extrem glücklich, dass wir etwas zu tun haben und das Album präsentieren dürfen.

Sarah Metzler: Es ist schön, dass wir beruflich wieder etwas machen können. Aber es fühlt sich nicht so an, als ob das vorbei ist. Ich bin da etwas zurückhaltend.

Ihr habt ein Wohnzimmer-Konzert aufgenommen. Ist das eine Alternative zu Konzerten auf Bühnen oder ging es da eher darum, präsent zu bleiben?

Sarah Metzler: Es war schon ein Plan zum Album ein bisschen Filmmaterial zu sammeln. Wir wollten einen Live-Eindruck vermitteln. Das hat dann gut in die Zeit gepasst. Aber grundsätzlich sind wir nicht so happy mit Online-Streaming.

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Bernhard Scheiblauer: Ein positiver Aspekt dazu ist: Die Wohnzimmer-Atmosphäre passt gut zu SarahBernhardt. Die taugt uns, das ist ein Ort, an dem wir uns wohl fühlen.

Sigrid Horn: Meistens sind wir genau am Ort des Videos und machen Wohnzimmer-Musik. 

Gibt es eine besondere Geschichte, die für euch mit diesem Album verbunden ist?

Bernhard Scheiblauer: Ich bin in einem Hotel aufgewachsen und im Hotelprospekt gab es ein Foto von meiner Mutter und meinem Bruder, in einem Bach stehend. Beide in lila Kleidung, gestylt. Als Kinder haben wir auch in diesem Bach gespielt und das Foto-Shooting für das Booklet der CD haben wir genau dort beim Bach gemacht.

Sigrid Horn: Das Album-Cover hat Sarah auf einem Flohmarkt gefunden. Die Baustellen-Thematik passt gut. Wir haben aber kein Haus, sondern ein Album gemacht.

Herzlichen Dank für das Interview.

Jürgen Plank

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SarahBernhardt live
CD-Präsentation: 7.8.2020: Hengl-Haselbrunner, Iglaseegasse 10, 1190 Wien, 20h

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