Ein Streichorchester gilt als gängiger Klangkörper klassischer Musik, schließlich lässt sich durch das gemeinsame Spiel der umfangreichen Instrumentenfamilie der relevante Tonbereich abdecken. Warum also nicht auch einmal aus den unterschiedlichsten Mitgliedern der farbenreichen Saxophonfamilie ein Ensemble zusammenstellen? Das dachten sich auch einige SaxophonistInnen und so fanden ambitionierte MusikerInnen zum Vienna Saxophonic Orchestra (VSO) unter der Leitung von Lars Mlekusch zusammen und betören seither mit der gesamten klanglichen Bandbreite vom Sopranino bis zum Bass die interessierten Ohren. Dazu bringen sie InterpretInnen ihre hochkarätigen musikalischen Fähigkeiten ein, denn sie setzen sich aus Mitgliedern renommierter Ensembles für Neue Musik, Gastmusikern großer Orchester oder bereits bekannter Kammermusikformationen zusammen.
Mit seiner Initiative lenkt das VSO das Interesse zunehmend auf ein Instrument, das vor allem Assoziationen zum Jazz weckt, sich aber auch in der Neuen Musik besonderer Beliebtheit erfreut. Dabei ist das Repertoire für die unübliche Formation noch denkbar gering, doch tut das der engagierten Formation keinen Abbruch. So behilft man sich einerseits mit Bearbeitungen von Werken älteren Datums, die in der unüblichen Besetzung neue Aspekte von Bekanntem erkennen lassen – denn das erst Mitte des 19. Jahrhunderts erfundene Saxophon hat zu Zeiten von Bach und Händel noch gar nicht existiert. Vor allem aber nimmt man sich auch der jüngeren Musikgeschichte an und spielt bereits Vorhandenes – die an und abschwellenden rhythmischen Gebilde eines Steve Reich etwa, leise atmende Klänge von Salvatore Sciarrino oder auch eine Sequenza von Luciano Berio lassen die technischen Fähigkeiten ebenso wie spannungsgeladene Interpretation auch in den leisesten Bereichen vernehmen.
Neben dem Spiel von Bekanntem baut das VSO aber zunehmend auf die Zusammenarbeit mit KomponistInnen und regte schon einige Werke für die junge Formation an. So griffen etwa Wolfgang Suppan, Hannes Kerschbaumer und Johannes Berauer bereits zur Feder, um den Saxophon-Aficionados Werke auf den Leib zu schreiben. Man kann nur wünschen, dass diese überaus interessante Formation einen gebührenden Platz im Konzertbetrieb und bei Festivals findet – nicht nur zum eigenen Erhalt, sondern ebenso auch, um KomponistInnen Möglichkeiten zur Zusammenarbeit und zu Aufführungen zu bieten. Denn vor allem das gemeinsame Auftreten der Beteiligten bringt Schwung in den ewigen Kreislauf der Konzertprogramme, die durch mutige Initiativen wie das VSO nur profitieren können. (dw)
Foto: Lukas Beck