FLIRTMACHINE gehören wohl zu den unaufgeregtesten aufregendsten Bands der heimischen Szene. Die aus Salzburg stammende Band, rund um den Homestudio-Bastler ROBERT GERSTENDOFER verknüpft dabei zeitlose Low-Fi-Ästhetik mit psychedelischen Sound-Updates und aktuellen Teenager-Befindlichkeiten mit adoleszenten Blickwinkeln. Kein Wunder also, das mit ihrem äußerst frischen und unpolierten Sound sowie mit einem untrüglichen Gespür für griffige Pop-Melodien nicht nur zu FM4-Lieblingen geworden sind. Anlässlich des zweiten Albums „Flirtmaschine Forever“ hat sich Didi Neidhart für mica mit ROBERT GERSTENDOFER zum Interview getroffen.
Der Opener „Lovers“ – für FM4 „einen der besten Songs des Jahres 2021“ – hat ja dieses The Cure/Dinosaur Jr.-Feeling. Du hast mir unlängst auch gesagt, dass dir 1990s Bands wie Slowdive oder My Bloody Valentine gefallen. Gehts da nur um die Musik, oder auch um eine gewisse Haltung?
Robert Gerstendorfer: Dass „Lovers“ so gut ankam, hat mich und die Band natürlich sehr gefreut und legte die Basis für das Fertigstellen des Albums. Der “Inspirations-Anstoß” mit The Cure – auch bei den Live Radioansagen der Moderator*innen nach dem Abspielen des Songs – kam dann doch über ein paar Umwege, da ich den Song direkt am selben Tag, nachdem ich New Orders „Age Of Consent” zum ersten Mal hörte, geschrieben habe, und ich einen ähnlichen Ansatz mit der Stimmführung von Surf Curses Single „Disco” aus 2019 im Song imitierte – und die genannte Band auch wiederum Einflüsse von den Bands deiner Frage anklingen lassen.
Seitdem melancholische sad people ihre meist-verwerflichen und uninteressanten Skizzen und Poems über eine Gitarre durch ein paar Effektpedale vertonen lassen, und dabei doch alle paar Jahre sehr coole Alben rauskommen, ist das alles irgendwie eine zeitlose Vermischung in sich selbst. Vielleicht ist die am einfachsten zu nennende Haltung innerhalb dieser Shoegaze-Bands diejenige, dass man die eigene Stimme im Mix nicht penetrant aufdreht und sich hinter der Musik verstecken kann, womit sich ja Viele sowohl menschlich als auch musikalisch identifizieren können.
Eine schöne Definition von Pop geht ungefähr so: Die besten Pop-Songs schreiben 20somethings für Teenager, weil sich 20somethings noch an all das pubertäre Gefühlschaos erinnern, aber schon reflektierter darüber berichten können. D.h., typische Teenagerbefindlichkeiten sind zwar womöglich kein Thema mehr fürs Privatleben, aber für Songs allemal. Du bist jetzt 22 und hast die Songs zum Album in den letzten drei Jahren geschrieben. Kannst du mit solch einer Definition von Pop was anfangen?
Robert Gerstendorfer: Bestimmt. Die subtile Note der Traurigkeit existiert ja auch in den allerbesten Popsongs, und die 20somethings haben da vielleicht einen größeren Pool an Auswahl von direkten und frischen super-mega Heartbreak-Erfahrungen, die man in Songs einfach thematisieren kann. Das ist aber nichts Exklusives für dieses Alter und das Pop-Genre. Man hat eben mittlerweile einen leichteren Zugang zum Musikmachen und zum Instagram-Personality-Sein. In meinem Fall kann ich mit unserem Album definitiv ein persönliches Kapitel der letzten Jahre abschließen. Doch das Album ist soeben erst erschienen und bei mir braucht es immer eine gute Zeit, bis ich eine exakte Bedeutung all dieser Songs nennen kann. Sie haben sich aber in den letzten drei Jahren gut erhalten und sind jetzt fresh und funky. Das ist für heute meine Definition von Pop! Fresh und funky. Uh yeah!
Was bei Flirtmachine immer schon aufgefallen ist, ist dieser sehr unprätentiöse Low-Fi-Sound mir rumpelnden Drums, trashigen Gitarren und einem generell sympathischen Holpern. Beim Debüt „Primetime“ (2019) scheint das noch eine Spur überdrehter gewesen zu sein (bzw. neben der Spur). Könnte man sagen, du hast jetzt eine andere Balance zwischen Struktur und Chaos, zwischen Dada-Humor und Pop-Witz gefunden?
Robert Gerstendorfer: Dass mein Bandprojekt Flirtmachine im kleineren Salzburger Kreis und darüber hinaus mit Chaos, Dada-Humor usw. verbunden wurde, war ursprünglich nicht der Plan. Anfangs wollte ich ja nur an einem „Flirtmachine Forever“-artigen Debüt-Album arbeiten. Also nur Gitarren, Sad Songs und sonst nichts. Ich habe das aber immer wieder verschoben und nicht gemacht, weil ich wusste, dass ich auf einen genau richtigen Zeitpunkt warten muss, um so ein Album zu veröffentlichen – vor allem, bis die Lyrics vertretbar im Kasten sind. Während dieser Zeitspanne und in der Anfangszeit meines Beats-Machens entstand diese Zumutung von Album namens „Prime Time“, das Gottseidank einen coolen Rahmen für die Band schuf. Nach diesem 2019er Album waren wir vogelfrei und konnten mit allen nur möglichen Musikgenres und Richtungen arbeiten. Das nächste Album wird vielleicht eh so ein „Prime Time 2“, mal sehen. Vieles steht offen, die Balance ergibt sich selbst.
Wie wichtig sind eigentlich die Beats und die Quellen, die du dafür verwendest für dich? Bei „Skid“ gibt es ja deutlich zu hörende 808-Rhythm-Sounds, wenn auch mit etwas Rostpatina überzogen. Geht es dir da auch um Referenzen zu gewissen anderen Genres?
Robert Gerstendorfer: Hätte mein Bruder und Bandmate Arthur mir nicht die wunderbaren Seiten der elektronischen Musik gezeigt – ganz spezifisch als wir 2016 ein Todd Terje-Liveset in Wien gemeinsam sahen – wäre ich wohl nur schwer aus dem nervigen Sumpf der Alternative Rock-Bands gewachsen und hätte entweder keine oder sehr schlechte Musik gemacht. Durch den Sound von Drummachines und den unbegrenzten Möglichkeiten der Synthesizer-Welt kann man relativ gut abwägen, wie viel man davon in die eigenen Gitarren-Kompositionen einfließen lässt.
Wo wir gerade bei anderen Genres sind. Wie wichtig sind für dich Spoken Word/HipHop-Sachen? Das blitzt ja immer wieder durch, aber eher so wie damals bei Beck, wo es ja auch vor allem um die Anwendung von Sampletechniken im Indie-Bereich ging und auch die gesprochenen Wörter gleich gar nicht versucht haben, Rap zu imitieren, sondern es eher so klangen, als habe Beck die Beastie Boys gehört und sich dann aber eher an Sonic Youth orientiert.
Robert Gerstendorfer: Das ist natürlich eine wichtige Referenz, um zu wissen, ob mein Gesangs-Zugang zu einem Song funktionieren kann. Wenn jemand sagt, dass ein paar Momente an meinem Album stimmlich an Pavement oder Beck erinnern – die auch wiederum gute musikalische Einflüsse genommen haben -, dann kann ich mit halbwegs gutem Selbstvertrauen an das Mikrofon gehen und mir dabei nicht zu viele Gedanken machen, ob das jetzt scheiße ist. Rappen kann ich nicht gut, das überlass ich lieber anderen! Aber mal sehen.
Was hat es mit all den Pop-Anspielungen in den Songs auf sich? Bei „Skid“ singst du „I’m Lou Weed“, bei „Ballade“ kommt Donna Summer vor und bei „Every Song Ever“ sogar ein gelbes U-Boot.
Robert Gerstendorfer: Diese drei Beispiele sind eigentlich wirklich nur klassische Fälle der Zweck-Silben-Füllung beim Texte schreiben. Statt „Donna Summer“ wäre sich auch „California“ ausgegangen. Aber wenn einem eben ein paar bekannte Namen der Popwelt einfallen, dann ist das manchmal ein cooler Moment beim Zuhören. „Lou Weed“ ist keine Anspielung auf irgendwas. Wirklich nicht!
„Ich denke für mich und die Band ist das Projekt Flirtmachine einfach etwas, womit wir in den nächsten Jahren weiterwachsen werden und einfach beweisen wollen.“
Könnte man Flirtmachine als etwas bezeichnen, wo es darum geht, einerseits gegen Lethargie und Langeweile anzusingen, und andererseits darum, gerade daraus Inspirationen zu holen?
Robert Gerstendorfer: Ich denke für mich und die Band ist das Projekt Flirtmachine einfach etwas, womit wir in den nächsten Jahren weiterwachsen werden und einfach beweisen wollen, dass es hier immer einen spannenden Platz für coole Musik und chillige, party-lastigen Konzerten geben wird – egal in welcher Form.
Ja, das letzte Jahr und darüber hinaus war definitiv von einer gewissen Lethargie meinerseits geprägt, und die Veröffentlichung des Albums hat mir wieder aus dieser hinausgeholfen, da auch das Arbeiten am Album daran mitschuldig war. Ein konstantes Battle also: Soll ich jetzt an diesem stupiden Refrain arbeiten oder einfach mein Fahrrad schnappen oder bei TikTok scrollen? Und am Ende tut man weder noch! Und so vergingen viele Tage.
„Dream-Pop“ ist ja eine Bezeichnung, die oft im Zusammenhang mit deinen Songs fällt. Jetzt ist die aber auch voll mit Thematiken, wo es entweder um Träume (als perfekte Orte, oder als Fluchtpunkte) oder ums Abhauen (aus einer konkreten Situation oder gleich aus dieser Welt) geht. Geht es dabei um reinen Eskapismus, oder doch eher um etwas, was durchaus als Widerstand gegen die Verhältnisse verstanden werden kann (und wenn das nur ein Drei-Minuten-Pop-Song ist)?
Robert Gerstendorfer: Bestimmt bedient das Schreiben eines Dreampop-Songs im langweiligen Producing-Zimmer die visuellen Träume des Wegrennens in Slowmotion Richtung Weiss-nicht-wohin. Für mich persönlich ist der Sound von gutem Dreampop einfach ein weiterer toller Aspekt vom Musikhören und Musikmachen. Bei ein paar Liedern unseres Albums war es für mich textlich naheliegend, mit diffusen verträumten Erinnerungen die Musik damit zu ergänzen. Manchmal impliziert eine gewisse Akkordfolge oder eine Soundtextur genau das. I did what I had to do!
Bei den Songs blitzen ja auch immer wieder Momente der Melancholie und einer gewissen Verletzlichkeit auf. Das war bei Debüt noch nicht so, bzw. wurde womöglich mit einem Lächeln und etwas Blödsinn entschärft. Ist das jetzt ein Effekt von Corona, oder doch etwas, was sich ja bei Bands wie The Cure oder Dinosaur Jr., oder überhaupt bei Low-Fi-Pop und Grunge auch finden lässt, und dementsprechend dann auch durch deine Songs geistert.
Robert Gerstendorfer: Eine Nebenwirkung der Corona Impfung vielleicht? Nein, Spaß beiseite! Wie gesagt: Unsere zwei Alben sind nicht so einfach aneinander zu reihen. Die Emotionen sind immer fortwährend, und das Songschreiben verfälscht das immer ein wenig. Aber ja, die neuen Songs auf dem neuen Album kann man treffsicher irgendwo in die Welt der Gitarrenbands anreihen, inspirations-technisch. Am Ende setzt sich wohl unser halb-armenischer Weltschmerz durch, wie zum Beispiel bei Arthurs Gitarrensolo bei „Ballade”. Das ist Melancholie pur.
Ich habe mich beim Durchhören der Songs immer wieder gefragt, wann wird da entschieden, dass da was fertig ist? Wie bleibt es bei diesem Rohbau-Appeal, bei dem aber auch nichts in sich zusammenfällt und einzelne Songs trotz hörbar vieler Gitarrenspuren dann doch nicht überproduziert klingen?
Robert Gerstendorfer: Die Songstruktur ergibt sich meist relativ zügig und ist oft das allererste: Da erscheint bei mir schnell ein visueller Baustein aus Intro, Vers und Refrain und wie viele Wiederholungen es geben wird und so weiter. Wenn das steht, kann man das Ganze musikalisch mit so viel füllen, wie man eben Lust hat. Ein kontrolliertes Chaos innerhalb der festen Songstruktur also. Überproduziert klingt Flirtmachine wahrscheinlich eh nie, da einige Regeln der Aufnahme-Kunst nicht so genau genommen werden. Am Ende hat unser Freund Niki Gehrer auch einen super Job beim Mastern des Albums erledigt, um meine Mixes etwas aufzupolieren, aber dennoch den Lofi-Charakter beizubehalten. „Ballade” und „Bad Forever” klingen echt geil, find ich.
„Für uns als Liveband ist es jedoch sehr wichtig, meine holprigen Lieder als professionelle Liveband rüber zu bringen und einfach eine tighte Show abzuliefern.“
Im Studio sind Flirtmaschine quasi eine One-Man-Band, Live hingegen steht ihr zu viert auf der Bühne. Wie sieht es da mit der Transformation der Studio-Versionen hin zu den Live-Versionen mit Band aus? Kann da der holprige Low-Fi-Appeal überhaupt mitgenommen werden, oder wird es automatisch etwas straighter?
Robert Gerstendorfer: Ja genau. Bis jetzt war das bei den zwei Alben so, dass ich die allermeisten Songs alleine geschrieben habe, bis auf „Mexalen” und “Ballade”. In diesem Interview ist es eventuell etwas verwirrend, wenn manchmal von „Ich“ zu „Band“ gewechselt wird.
Grundsätzlich ist das mittlerweile nach diesem Album-Release ein relativ fließender Übergang zwischen beiden Modi. Für uns als Liveband ist es jedoch sehr wichtig, meine holprigen Lieder als professionelle Liveband rüber zu bringen und einfach eine tighte Show abzuliefern. Anders geht es eh nicht mit dem überragenden Lineup von Camillo Jenny am Schlagzeug, Simon Ploier am Bass und Arthur Gerstendorfer an der Leadgitarre. Die Mischung aus meinen sehr einfachen Songstrukturen und dem Können der anderen drei ergibt sich irgendwo zwischen den Definitionen von Trash und supertighter-professional Rockband. Es bleibt weiterhin spannend. Jede Show war bis jetzt vom Gefühl immer etwas anders, wir wollen immer Neues probieren. Und ich will und muss besser werden, um mit den anderen der Band mithalten zu können.
Ein Album mit Band im Studio aufnehmen – wäre das eine Option für dich, oder bist du dann doch lieber der Einzel-Heinz, der alleine vor sich herumtüftelt und sich da auch nicht reinreden lassen will?
Robert Gerstendorfer: Klar wäre ein Studio-Album super! Je nach Möglichkeiten natürlich. Für mich waren die letzten Jahre einfach ein größerer Lernprozess als Musiker und Produzent – und dafür ist ein Homestudio ganz gut geeignet. Wenn wir einmal eine Tonträger-Förderung als Band abchecken, machen wir Hi-Fi-Disco im besten Studio irgendwo. Aber dann misch ich es dann am Ende wahrscheinlich eh selbst im akustisch nicht für Spotify-Playlists geeigneten Musikzimmer ab. Wir werden als Band jetzt erstmal sehen, in welche Richtung wir aufnahme-technisch gehen wollen. Mit „Ballade” hat das ja schon super geklappt.
Diesen Song hat Arthur geschrieben und wir nahmen ihn gemeinsam im Musikzimmer daheim auf, daher der eh schon bekannte Flirtmachine Lofi-Sound. Meine Schwester Anna hat auch einen Klavier-Take hinterlassen, und Camillo Jenny hat ein paar Drum Fills am Ende dazu gespielt. Da ich eben alles abmische und am Track singe, passt der Song nahtlos in das Album rein. Das macht uns optimistisch für die Zukunft des gemeinsamen Flirtmachine-Albums, wann auch immer es entstehen mag!
Wie lang feilst du eigentlich an deinen Gitarrensounds herum? Songs wie „Scenery“ oder „Dreiklang“ schöpfen da ja teilweise sehr aus dem Vollen.
Robert Gerstendorfer: Danke. Naja, seitdem ich verstanden habe, dass ich mein Gitarrensignal über mein Boss DD20 Delay-Pedal auf zwei Gitarren-Amps splitten kann, nehme ich immer eine Gitarrenspur über meine zwei Fender-Amps (Hot Rod Deluxe II und Fender Champion 40) in Stereo auf. Dabei stehen die manchmal in verschiedenen Positionen vor dem Verstärker. Das passiert je nach Gemüt. Dabei verwende ich ein Shure SM57-Micro und irgendein Kondensator-Mikrofon. Da ergeben sich von sich aus sehr brauchbare Sounds, vor allem wenn man beim Mischen beide Signale extra nochmal beliebig Stereo auslegt. Das ist bestimmt die Grundlage der Guitar-Tones am Album. Stereo! Stereo! Stereo! Dann ist es meistens auch völlig wurscht, welches Microphon man verwendet hat. Es hat schon einiges mehr als die letzten drei Jahre gebraucht, bis ich mich auf diesen Sound festlegte. Seit circa einem Jahr kümmere ich mich um die Gitarrensounds nicht mehr so viel. Vielleicht aus Faulheit. Aber die Stereo-Technik funktioniert gut. Beim Bass-Sound brauche ich wiederum den tighten Ton von Simon und Arthur. Meine eigenen Bass-Takes haben nur in den Songs „Skid” und „Scenery” überlebt.
Siehst du dich dabei eher als Gitarrist oder als Songwriter?
Robert Gerstendorfer: Gerade weder noch. Ich habe intensiv Songs geschrieben von 2019 bis 2021, und seitdem sehe ich mich eher als Verwalter des Projekts Flirtmachine. Ich habe irgendwann mal Stopp gesagt und mich dazu gezwungen, endlich diese Songs aus dieser Zeitperiode fertig zu produzieren und daran zu feilen. Und es sind neben diesem Album noch weitere Songs und Ideen, die ich fertigstellen will. Aber ich muss wieder zurück in die kreative Phase und einfach wieder mehr Musiker sein. Ich bin gerade ein sehr schlechter Gitarrist.
Wie wichtig ist für dich generell die Studioarbeit bzw. das Studio/Mischpult (mit all den damit verbundenen Möglichkeiten und Tricks)?
Robert Gerstendorfer: Sehr wichtig, denn im Homestudio-Setting passiert das ganze Projekt Flirtmachine eben, abgesehen von den Liveshows. Das Fundament liegt ganz klar in meinen Ableton-Projekten, wo ich lange an den Mixes arbeite. In der DAW passiert quasi das Songschreiben, das Loopen und so weiter. Und irgendwann exportiert man alle Songs und es ist eine Liste an Songs fertig, d.h., hoffentlich auch ein Album.
Neben Referenzen zu The Cure & Co, die es scheinbar in jeder neuen Generation von Pop-Musiker*innen gibt, scheinen auch Psychedelic und vor allem Krautrock zwei Genres zu sein, bei denen alle mal landen (oder mal durch müssen/wollen). Mit „Whisper“ und speziell mit der ambiesken Kraut-Impression „Aries vs Pisces“ legst du dich diesbezüglich ja mächtig ins Zeug. Aber was haben all diese Genres heutzutage für eine Bedeutung, jenseits eines (nostalgischen) Wiedererkennungswerts? Wo liegt ihre Aktualität für dich begründet?
Robert Gerstendorfer: Ich persönlich erkenne die Genres wieder, wenn ich mir den Instagram-Account von “Schiaches Salzburg” ansehe. Aber ja, das sind einfach alles legendäre und zeitlose Platten von The Cure und den früheren Krautrockern, die ich selbst nicht so oft höre. Ich bin einer der weiteren Unzähligen, die das dankend annehmen und auf einem Album eine Gitarre mit Reverb- und Chorus-Effekten kombinieren und ein bisschen „Trara“ darübersingen. Easy relatable content.
In einem früheren mica-Interview hast du neben Neil Young als damals aktuellen Einfluss Connan Mockasinn genannt, den wir ja auch zusammen mit Samuel Eastgate als Soft Hair kennen. Ich musste bei einigen Songs an Eyedress denken. Was bzw. wer inspiriert dich momentan? Wirst du wahrscheinlich auch kennen, oder?
Robert Gerstendorfer: Eyedress kenn ich eigentlich eher seit kurzem. Für dieses Album kann ich mittlerweile keine definitive Inspiration von Musik nennen, die mich während der Album-Fertigstellung begleitet hat. Ich habe natürlich weiterhin Musik gehört, aber das war immer getrennt von meinem persönlichen Musikmachen gegen Ende des Album-Prozesses. Das habe ich ein bisschen aus den Augen verloren, seit ich von Juli 2021 bis Juli 2022 nur an den Mixes der Songs gearbeitet und die Lyrics fertig geschrieben habe. Eine relativ unkreative Arbeit in diesem Fall. Es haben mich eher gewisse Alben und Projekte motiviert, mein Album fertig zu bekommen. „Not To Regress” von Farce ist zum Beispiel so ein Album, das ich gerne höre. Am direktesten lebt wohl die Arbeit von Josh Klinghoffer und John Frusciante in meiner Musik. Ich bin ein Riesen-Fan von deren Soloplatten bzw. Joshs Band Dot Hacker. Da kann man sich so viel abschauen.
Wie wurde das Album eigentlich finanziert?
Robert Gerstendorfer: Eine relativ gute und wohlbedachte Mischung aus einer kleineren Förderung der Stadt Salzburg im Jahr 2020, etwas Radio-Tantiemen und das über die Jahre angesammelte Equipment von uns vier Bandmembern. Also in Sachen Equipment ist das schon ausreichend, aber lange nicht so teuer wie andere Menschen im FM4 Band-Spektrum zum Beispiel arbeiten. Ich habe relativ früh zu mir selbst gesagt: Mehr als zwei Gitarren Amps, Ableton und zwei bis drei Mikrofone brauch ich nicht. Man kann eh soviel in der DAW machen, anstatt ewig lang an Blib-Blub-Sounds an teurem Analog-Gear zu arbeiten. Was ja eh total geil ist und ich auch irgendwann mal machen will, aber vielleicht bin ich auch als Musiker dafür noch nicht gut genug.
Ein bisschen habe ich jetzt auch gepokert, da wir auf eine Tonträger-Förderung gegen Ende des Jahres hoffen, ich aber schon das Geld für CDs, Kassetten, Album-Artwork und Mastering ausgegeben habe. Der Betrag ist aber nicht vierstellig und kommt durch weitere Gigs zurück, wenn die gut bezahlt sind und wenn Leute die CDs und Kassetten bei den Shows kaufen. Am klarsten ist jedoch das Privileg, viel Zeit im DIY-Musikzimmer der Elternwohnung in Salzburg zu haben und nicht für ein Tonstudio bezahlen zu müssen. Das ist mir schon bewusst. Jetzt bin ich ja mittlerweile nach Wien gezogen und muss mir neu überlegen, wie ich das genau mit dem Musikmachen angehen werde. Amps drehe ich ja gerne laut auf!
Wird es eine Live-Tour geben?
Robert Gerstendorfer: Das ist momentan unser großes Thema innerhalb der Band. Wir wollen schon viel spielen, uns aber auch nicht unter unserem Wert verkaufen und Konzerte ohne Einnahmen spielen. Das können wir uns nicht leisten. Wir haben jetzt über dieses Jahr und 2021 ein paar coole Shows in Salzburg, Wels, Linz, Kärnten und Wien gespielt. Momentan machen wir das Booking ja auch selbst. Vielleicht wird sich da was ändern, wenn uns jemand cool findet und für die Band planen will. Das ist alles etwas ungewiss. Wir sind noch nicht so bekannt, dass wir da easy eine Tour buchen können, die auch Geld einbringt, um alles abzubezahlen. Aber wir würden nichts lieber wollen, als mit dem Bandprojekt in den Bus zu steigen und Shows abzuklappern und sogar davon noch etwas zu haben, finanziell. Flirtmachine Forever!
Danke für das Interview.
Didi Neidhart
„Flirtmaschine Forever“ ist als CD & Kassette bei Label Records (Salzburg) sowie auf Bandcamp erschienen.
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