Tribute to Anestis Logothetis

Kaum ein Name wird hierzulande so sehr mit graphischer Notation in Verbindung gebracht wie Anestis Logothetis. In den 1950er Jahren, als der 1921 in Bulgarien geborene Komponist nach einer Zwischenstation in Griechenland bereits nach Österreich gelangt war, entwickelte er Zeichnungen, die den Interpreten als unübliche Partituren dienen. Gelegentlich finden sich auf diesen zwar Notenlinien und -köpfe, doch oftmals in verschlungener Form oder in Verbindung mit graphischen Elementen; in den experimentellsten Notationsformen werden die üblichen Zeichen zur Angabe von Tonhöhe und -dauer  sogar gänzlich von ausdrucksvollen, immer wieder auch humorvollen Zeichnungen ersetzt. Damit setzte er das bis dahin gängige Machtverhältnis von Komponist und reproduzierenden MusikerInnen außer Kraft, denn den Interpretierenden dienen sie als Anregungen für eine Ausführung mit überaus großen Freiräumen. Diesem Innovativen Kopf widmet sich am 8. und 9. Juni nun eine Konferenz in Athen, die neben Lectures und Konzerten auch Installationen und Workshops für MusikerInnen und Kinder zu bietet hat.

Etwas schwer tut sich die Musikwissenschaft mit den Werken von Logothetis, denn aufgrund der mangelnden Methoden zur Untersuchung dieser individuellen Partituren mit interpretatorischer Souveränität trauen sich nur wenige ForscherInnen an das wissenschaftliche Neuland heran. Umso wichtiger, dass nun ein Schritt in diese Richtung gesetzt wird um jene zu versammeln, die sich bereits intensiv mit Logothetis und seinem Schaffen beschäftigt haben. Neben zahlreichen internationalen Gästen beteiligen sich mit Dieter Kaufmann und Thomas Gorbach auch zwei österreichische Vortragende – neben Julia Logothetis, die sich hingebungsvoll um den Nachlass ihres Vaters kümmert. Die behandelten Themen reichen von der Auseinandersetzung mit den graphischen Partituren und ihrer Realisierung und Vermittlung über Akusmatik bzw. elektronische Musik bis hin zum Einfluss von Stadtplanung auf das Schaffen des Komponisten.

Ein Highlight der Veranstaltung sind auch die beiden Konzerte, die eine intensive Auseinandersetzung mit dem Erklingen von Logothetisʼ Werken ermöglichen, denn kaum je bekommt man Werke sowohl konventionell notierte Werke, elektroakustische Kompositionen und selbstverständlich graphisch notierte Werke umfassen. Die Aufmerksamkeit, die eine solche Konferenz erregt, erreicht hoffentlich auch zahlreiche MusikerInnen und WissenschaftlerInnen, so dass das Schaffen Logothetis zukünftig steigende Präsenz in Konzertprogrammen und Publikationen erfährt. (dw)

http://www.logothetis.at/