„Du entscheidest selbst, was besser für dich passt!“ – TOMBADOUR im mica-Interview

Rücken an Rücken transportieren Tombadour ihre Vorstellung von genreübergreifender Musik. Tombadour, das sind Reggae-Poet und Drummer THOMAS GARTMAYER alias TOMBO und der Wiener Pianist MARKUS „MOJO“ JAKISIC. Gemeinsam blicken sie über den Tellerrand, loten neue Grenzen aus und tauchen mit dem Publikum in einen musikalischen Kosmos von Jazz, Klassik, Hip-Hop und Dancehall Reggae ein. Josef. M. Winkler sprach mit dem Duo.

Beginnen wir doch gleich einmal bei dem Bandnamen: Tombadour. Wer versteckt sich hinter diesem Namen und wofür steht er musikalisch?

Markus Jakisic: Tombadour sind Thomas Gartmayer und Markus Jakisic. Wir haben unseren Ursprung im Reggae und Raggamuffin. Musikalisch zeichnen wir uns durch eine gewisse Experimentierfreudigkeit aus. Wenn uns etwas gefällt, dann packen wir es auch in den Song mit rein. Egal ob Bach, Jazz oder sonst etwas.

Thomas Gartmayer: Oder anders gesagt: Ein Pianist und Soundwizard trifft Raggamuffin MC/Drummer, um dem deutschsprachigen Reggae/Hip-Hop/R-‘n‘-B-Ding einen neuen Anstrich zu verpassen.

Herausgekommen sind dabei Reggae-Chansons. Markus Jakisic am Klavier, Tombo rappend und singend am Schlagzeug. Wie ist es zu dieser außergewöhnlichen Zusammenarbeit gekommen?

Thomas Gartmayer: Markus habe ich vor über zehn Jahren bei einem Gastauftritt in einer anderen Band kennengelernt. Als Not am Mann war, ist er als Keyboarder zu meiner damaligen Band CheesVibes dazugestoßen. Nach dem Ende meines ersten Bandprojekts sind wir natürlich weiter in Kontakt geblieben. 2014 sind wir zu zweit neu durchgestartet und da gleich einmal ins Studio, um vier Songs als „One Take“ mit Klavier und Stimme aufzunehmen. Daraus wurde unsere erste EP „Variationen in Cmoll, Gmoll und Fismoll“. Ein Jahr später, Ende 2015, habe ich mein verstaubtes Schlagzeug aus der Garage geholt und Markus erstmals Synth-Bässe zu unseren Tracks geschraubt. So haben wir jetzt ganz andere musikalische Möglichkeiten und unseren heutigen Sound.

Markus Jakisic: Bei einem Konzert im St. Pöltner Sonnenpark hatten die Leute zwar auch zu Stimme und Klavier getanzt. Und trotzdem haben wir uns entschieden, weiter an uns zu feilen und Drumset und Synth-Bass einzubauen. Wir wollten einfach noch tanzbarer werden. So erlebt man unser Konzert gemütlich im Sitzen oder tanzt im Club oder bei einem Festival richtig ab. Man entscheidet selbst, was besser für einen passt!

Tombadour (c) Tombadour

„Du kannst noch so fresh sein, aber wenn dich niemand kennt, wird dich auch zukünftig niemand kennenlernen“

Ihre Konzerte – ein gutes Stichwort. Im Moment spielen Sie vor allem in Wien und der näheren Umgebung. Zu Jahresbeginn waren Sie erstmals beim Protestsongcontest dabei. Wie zufrieden sind Sie mit der aktuellen Situation und was möchten Sie daran ändern? Auch in Bezug auf Konzertanfragen, Buchungen und mögliche Kollaborationen mit anderen Künstlerinnen und Künstlern.

Thomas Gartmayer: Mein Gefühl sagt: Es geht traktorartig und stetig vorwärts. Für mich war und ist die erste große Hürde, ein Live-Set zu haben, das im kleinen Rahmen zum Mitdenken anregt und im Club-Modus zum Abtanzen und Partymachen taugt. Wenn wir es in absehbarer Zeit schaffen, unseren gewachsenen Song-Pool auch noch in Nullen und Einsen zu gießen, sprich gemeinsam den Weg ins Studio finden, wird uns das ein ganzes Stück weiterbringen.

Der Business-Part ist – wie bei so vielen Kolleginnen und Kollegen auch – der unangenehme Teil der Arbeit, aber eben part of the game. Du kannst noch so fresh sein, aber wenn dich niemand kennt, wird dich auch zukünftig niemand kennenlernen.

Markus Jakisic: In puncto Kollaborationen hat sich seit dem Protestsongcontest einiges getan. So hat uns etwa die Songwriterin Clara Blume zu ihrem „Singer Songwriter Circus“ eingeladen. Was die Auftragslage und Dichte an Gigs betrifft, ist immer Luft nach oben. Jetzt gerade feilen wir an unserem Promo-Material und sind auf der Suche nach einer passenden Booking-Agentur und einem Management.

„Ich war nie Ö3-formatiert und muss auch nicht jedem mit meinen Texten gefallen“

Kommen wir zurück zum Protestsongcontest. Mit „Mein Land ist Einbahn. Dein Land ist Einbahn“ haben Sie es Anfang dieses Jahres geschafft, an dieser doch sehr prestigeträchtigen Szeneveranstaltung teilzunehmen. Wie haben Sie diesen Abend erlebt und was nahmen Sie sich für die gemeinsame Zukunft mit?

Thomas Gartmayer: Dieser Event ist ein ziemliches Spektakel und sehr sympathisch, weil er niederschwellig konzipiert und nicht unbedingt am Mainstream ausgerichtet ist. Dank FM4 ist das ganze Ding auch entsprechend gut promotet.

Der Abend selbst war natürlich sehr speziell: Du gehst mit nur einem Song auf die Bühne und hast daher eigentlich keine Zeit, um mit dem Publikum eine Beziehung aufzubauen. Die anschließenden Jurymeinungen gingen stark auseinander. Von „Super! Das mit Abstand beste Lied“ bis „So etwas wird auf Ö3 bestimmt nie gespielt werden“ oder auch „Das ist textlich zu kompliziert – ich versteh’ das nicht“. Damit können wir ganz gut leben. Ich war nie Ö3-formatiert und meine Texte müssen auch nicht jeder und jedem gefallen. Wir haben sicherlich sehr stark polarisiert und die mit Abstand längste Diskussion des Abends losgetreten. Das ist sicherlich sehr viel wert. Und – das hat Markus bereits angesprochen – neue Kontakte haben wir natürlich auch im Gepäck.

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Wie erleben Sie die aktuelle Situation in Österreich, im Speziellen in Wien? Wie viel Musik wird hier tagtäglich geschrieben und wie viele Ihrer Musikerkolleginnen und -kollegen schaffen es tatsächlich, ihren Lebensunterhalt mit Musik zu bestreiten?

Thomas Gartmayer: Also ich kenne ja mittlerweile wirklich einen Haufen Musikerinnen und Musiker und ökonomisch betrachtet ist Musikmachen der viel zitierte Vollholler. Um irgendwo zumindest eine Zehe reinzubekommen, braucht es nicht nur Talent und viel Arbeit, sondern auch einen hohen Wiedererkennungswert. Und Glück! Die meisten meiner Musikerkolleginnen und -kollegen haben sich dadurch professionalisiert, dass sie den wesentlichen Teil ihres Einkommens durch das Unterrichten verdienen.

Und wie sieht es mit dem österreichischen Musikmarkt und Ihrem ganz persönlichen Ausblick aus?

Thomas Gartmayer: Wenn sich Österreich als Musikland weiterhin profilieren möchte, und zwar abseits der ruhmreichen klassischen Vergangenheit, braucht es noch deutlich mehr Initiativen wie beispielsweise den Österreichischen Musikfonds und den SKE Fonds. Außerdem mehr TV- und Radio-Airplay für hier ansässige Musikerinnen und Musiker. Ich bin überzeugt, dass mehr Input und Öffentlichkeit auch mehr qualitativ hochwertigen Output bringt. Aus eigener Erfahrung kann ich nur bestätigen, dass Feedback in Form von Förderungen und Airplay einen enormen Motor anwirft. Nur über das Tun und Schaffen solcher Rahmenbedingungen kann sich die Musikszene weiterentwickeln und wirklich herausragende – nennen wir es – Produkte schaffen. Ein Vakuum hingegen bedeutet künstlerisch luftleeren Raum und Stillstand. Ausnahmen wird es natürlich immer geben.

Verraten Sie uns abschließend doch noch Ihren absoluten Lieblingstrack und den Titel des Albums, das Sie auf Ihrem Weg am stärksten geprägt hat.

Markus Jakisic: Für mich ist es das Klaviersolo von Kenny Kirkland bei „Bring On The Night/When The World Is Running Down” auf dem Album „Bring on the Night“. Ein Live-Mitschnitt eines Sting-Konzerts.

Thomas Gartmayer: Mein meistgehörtes Album ist mit Sicherheit „Tribute To The Martyrs“ von Steel Pulse. Und zu „Bikos Kindred Lament“, meinem Lieblingstrack auf der Platte, bin ich schon als 16-Jähriger wie eine Rakete abgegangen. 

Herzlichen Dank für das Gespräch.

Josef M. Winkler

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