„Es war uns ein großes Anliegen, über Piña colada zu singen“ – THOMAS PETRITSCH (GRANADA) im mica-Interview

Hierzulande zu großer Bekanntheit gelangte THOMAS PETRITSCH als EFFI. Mit seinem Projekt GRANADA geht der steirische Liedermacher nun musikalisch rundumerneuert und in erfrischend unkonventioneller Art erneut an den Start. Was auf dem am 16. September erscheinenden Debüt „Granada“ auf dem Programm steht, ist herausragende Popmusik mit starker österreichischer Note. THOMAS PETRITSCH im Interview mit Julia Philomena.

Mit Effi haben Sie jahrelang englischsprachige Musik gemacht, nun gibt es mit Granada ein deutschsprachiges Musikprojekt. In Ihrem Pressetext findet man einen Vergleich mit den Beatles, sie schreiben: Wenn Bilderbuch David Bowie ist und Wanda die Rolling Stones, dann sind Granada wohl die Beatles.Da ist die Erwartungshaltung vonseiten des Publikums ja relativ hoch.

Thomas Petritsch: Das stimmt! Da kann man sich leicht ins eigene Fleisch schneiden. Allerdings ist der Vergleich gewollt provokant. Vergleiche zu ziehen ist immer schwierig, aber man kann sich doch ein ganz gutes Bild machen. Von dem ganzen David-Bowie-Wahnsinn sind wir weit entfernt, von den wilden Rock-Attitüden der Rolling Stones auch, da sind die Beatles noch am nächsten dran.
Dass wir Wanda und Bilderbuch als Beispiele genommen haben, soll mit Provokation aber nichts zu tun haben. Vor den beiden Bands kann man ja eh nur den Hut ziehen. Der Vergleich soll eher richtungweisend funktionieren und nicht irgendjemanden deformieren [lacht].

Hat der Bandname Granada eher mit Andalusien oder eher mit der österreichischen Floskel „Gleich spielt’s Granada!“ zu tun?

Thomas Petritsch: Dass es in Österreich diese Redewendung gibt, ist uns absurderweise erst im Nachhinein eingefallen. Die Intention war, einen Namen zu finden, der gut klingt, der die Band kurz und prägnant beschreibt, aber nicht plakativ oder zu naheliegend ist. Der Gedanke der Ferne hat uns gefallen und so sind wir nach einem langwierigen Suchprozess auf die Stadt Granada gestoßen. Außerdem gab es ja auch den „Ford Granada“, der mir als melancholischem Autoliebhaber sehr gefällt. Aber ich habe eben nicht nur ästhetisch, sondern auch musikalisch einen Hang zum Nostalgischen und somit haben wir den Namen dann als sehr passend empfunden.

“Granada war also nie als Band geplant, sondern hat ursprünglich ganz gezielt einen Zweck erfüllt.”

Granada hat sich durch eine Auftragsarbeit für den österreichischen Film „Planet Ottakring“ vom Projekt zur Band transformiert. Zu welchem Zeitpunkt stand fest, dass Granada auch außerhalb des Filmkontexts weiterbestehen soll?

Thomas Petritsch: Der Regisseur des Films, Michael Riebl, hat mich gefragt, ob ich nicht zwei, drei Nummern für „Planet Ottakring“ schreiben möchte. Am Anfang hatte ich ein bisschen Berührungsängste, vor allem bei der Verwendung der deutschen Sprache für Songtexte. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich ausschließlich englische Texte geschrieben und mir waren der Zugang und die Arbeitsweise mit meiner Muttersprache ganz fremd. Da musste ich einen Schalter umlegen und völlig neue Wege finden. Auch die Instrumentierung war – verglichen mit meiner anderen Musik – ganz neu. Ich wollte beispielsweise unbedingt ein Akkordeon dabeihaben, weil das für mich die Multikulti-Atmosphäre in Wien beziehungsweise Ottakring sehr gut einfängt. Granada war also nie als Band geplant, sondern hat ursprünglich ganz gezielt einen Zweck erfüllt. Aber das Komponieren hat solch einen Spaß gemacht, dass ich im Endeffekt viel mehr geschrieben habe, als der Michi eigentlich wollte. Mir hätte es unglaublich leidgetan, die ganzen Nummern wegzuwerfen. Deswegen haben wir kurzer Hand beschlossen, alles aufzunehmen und zu schauen, was dabei rauskommt.

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Wie hat sich die Bandkonstellation formiert?

Thomas Petritsch: Für das Filmprojekt habe ich zum größten Teil alles selbst aufgenommen. Da hat es nicht viele Gastmusikerinnen und Gastmusiker gegeben. Als das Projekt dann aber konkreter wurde, als ich mir Gedanken darüber gemacht habe, wie die Besetzung der Band auf der Bühne ausschauen soll, habe ich begonnen, Leute zu suchen. Roland Hanslmeier, den Schlagzeuger, zum Beispiel kenne ich ja schon aus Effi-Zeiten. Die anderen Musiker habe ich über befreundete Bands gefunden. Bei meiner Aufstellung war mir die musikalische Stimmigkeit gar nicht so wichtig, sondern viel mehr die soziale Tonart untereinander. Ich wollte, dass sich in erster Linie alle gut verstehen und miteinander harmonieren, damit der künstlerische Output nicht von mir allein, sondern von allen kommt.

Granada existiert nun seit etwa einem Jahr. Wie kann man sich die Zusammenarbeit vorstellen?

Thomas Petritsch: Der Vorwand für eine Bandprobe ist beispielsweise meistens der, danach noch etwas trinken zu gehen [lacht]. Wir verstehen uns privat wirklich sehr gut, unternehmen oft was zusammen. In einer anderen Form mein Glück in dieser Band zu finden wäre wahrscheinlich schwierig. Wir arbeiten an allem gemeinsam. An den Texten, der Musik, den Auftritten etc. Wir treffen demokratische Entscheidungen und können über alles sprechen. Hochgeschaukelt hat sich bisher noch nichts, aber wir sind auch alle sehr einfühlsame, sensible Menschen. Da kommen sicher noch Streitereien auf uns zu. Man muss sich eine Band ja vorstellen wie eine Beziehung. Jetzt, nach einem Jahr, sind wir noch sehr verliebt ineinander [lacht]. Aber da bei uns die Basis passt, kann ich mir nicht vorstellen, dass der erste Streit gleich das Ende bedeutet. Ich hoffe, dass wir durch eine lange, glückliche Band-Ehe spazieren werden [lacht].

“Der Stereotyp des Wieners oder des Österreichers generell, dieses grantige, sarkastische, von Karl Kraus bis Mundl geprägte Bild, hat mit unserer Band sicher wenig zu tun.”

Granada besingt in österreichischer Mundart Cocktails, Sonne, Strand und Meer.  Ein ungewöhnlicher Mix.

Cover Granada
Cover “Granada”

Thomas Petritsch: Ja, eine lustige Verflechtung. Meine Gesangssprache ist ja auch recht undefiniert. Ich verwende da so eine Mischkulanz aus urbanen Dialekten, die mir zu Ohren gekommen sind. Der Stereotyp des Wieners oder des Österreichers generell, dieses grantige, sarkastische, von Karl Kraus bis Mundl geprägte Bild, hat mit unserer Band sicher wenig zu tun. Von einem Suhlen in diversen Klischees sind wird weit entfernt. Natürlich trinken wir auch gerne Bier, ärgern uns manchmal über das Leben oder rauchen mal eine, aber das müssen wir jetzt nicht ständig zur Schau stellen. Außerdem reduziert sich der Österreicher ja zum Glück nicht auf ein Bier trinkendes, Zigaretten rauchendes und schimpfendes Wesen [lacht].
Dass viele Sommer-Nummern drauf sind, ist aber mehr Zufall als Kalkül. Es war uns ein großes Anliegen, über Piña colada zu singen [lacht]. „The Piña Colada Song“ ist einer meiner Lieblingssongs von Rupert Holmes und es war uns ein Anliegen, auch bereits Bestehendes zu würdigen. Bernhard Kaufmanns Musikvideo zu unserem Song zeichnet sich auch genau dadurch aus, dass es nicht auf Perfektion getrimmt ist, sondern quasi „theateresk“ funktioniert. Diese lässige Haltung, die im Video spürbar ist, fängt dann doch ganz gut eine bestimmte österreichische Mentalität ein.

Kein Song ohne Musikvideo. Wird es bald üblich sein, als Band Snapchat zu nutzen?

Thomas Petritsch: Oder Virtual-Reality-Videos zu posten? Gute Frage! Instagram hat ja auch schon fast jede Band und verschenkt damit Einblicke ins persönliche Leben. Das ist natürlich heutzutage eine Möglichkeit, um viele Menschen zu erreichen und sie noch näher an sich zu binden. Ich weiß nicht, wie sich das in Zukunft noch weiterspinnen wird.
Ich würde von meiner Familie kein Foto posten – zu Weihnachten vorm Christbaum. Oder von mir am Strand. Ich bin auf Urlaub, ich bin auf Urlaub, ich bin noch immer auf Urlaub und jetzt am Strand. Jetzt am Strand mit Hut. Wen interessiert das [lacht]?
Da ist es schon weitaus sinnvoller, sich auf die wirklich relevanten Dinge, die die Band betreffen, zu beschränken.

Wie viel Politik hat in Ihrer Band Platz?

Thomas Petritsch: Na ja, als Teil der Hautevolee ist man ganz ungewollt ohnehin immer klar positioniert, oder [lacht]? Ich bin ein sehr politischer Mensch und gebe als solcher auch gerne meine Meinung kund. Im Bandkontext tue ich mir allerdings schwer damit, da muss es auch möglich sein, apolitische Texte zu schreiben. Aber würde uns Van der Bellen einladen, auf seiner nächsten Wahlparty zu spielen, würden wir uns sofort mit ihm auf die Bühne stellen.

Gäbe es keine Bühne, wo könnte man Granada dann hören?

Thomas Petritsch: Auf der Straße, bei den Leuten. Mit Anfang zwanzig war ich in Neuseeland unterwegs, habe Straßenmusikerinnen und -musiker kennengelernt und mit denen musiziert. Da habe ich die schönsten Erfahrungen gemacht. Das Spielen auf der Straße hat etwas sehr Verbindendes. Kaum spielt man, kommen die Menschen. Das ist ein tolles Energiespiel von allen Seiten, das auf der Bühne meistens auch funktioniert. Granada ist für mich genau das – diese Verbindung.

Welche Zukunftspläne haben Sie?

Thomas Petritsch: Schauen, was kommt. Weitermachen. Spaß haben! Und das hoffentlich eine sehr lange Zeit.

Vielen Dank für das Interview.

Julia Philomena

GRANADA ALBUM RELEASE TOUR
12.12.2016 Graz, PPC (AT)
13.12.2016 Wien, WUK (AT)
14.12.2016 Linz, Posthof (AT)
15.12.2016 Dornbirn, Conrad Sohm (AT)
16.12.2016 Innsbruck, Weekender (AT)
17.12.2016 Salzburg, Rockhouse (AT)


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Granada