The Vegetable Orchestra – Onionoise

Ein weiteres Beispiel dafür, was in der Musik nicht alles möglich ist, liefert das „Gemüseorchester“ mit seinem neuen Album „Onionoise“ (Monkey). Es ist die inzwischen dritte Veröffentlichung dieses in der Tat weltweit einzigartigen Ensembles, das sich in seinem Schaffen ganz der klanglichen Erforschung von Gemüse widmet. Hier erklingen keine Gitarren, Violinen oder sonstige Instrumente. Vielmehr dienen als Klangerzeuger, im frischen wie im getrockneten Zustand, Karotten, Artischoken, Lauch, Kürbisse, Zwiebelschalen und anderes Grünzeug. Funktioniert nicht? Das Gemüseorchester belehrt uns einmal mehr, dass man wirklich mit allem  auf höchstem Niveau musizieren kann. „Onionoise“ erscheint am 3. Dezember. Präsentiert wird es am 13. Dezember im Wiener Radiokulturhaus.

Auf diese Idee muss man einmal kommen. Wüsste man nicht, dass im Player gerade die CD des Gemüseorchesters läuft, man müsste meinen, hier wäre eine Gruppe von Elektronikern am Werken, die im Experiment an seltsamen und ungewöhnlichen Sounds bastelt. Es ist schlicht und einfach erstaunlich, was klangtechnisch aus den vegetabilen Materialien herauszuholen ist. Wiewohl man dazu sagen muss, dass die 12-köpfige Formation auch viel Zeit dafür aufwendet, ihr Instrumentarium zu entwickeln.

In filigraner Kleinstarbeit betätigen sich die Mitglieder als Instrumentenbauer und konstruieren so aberwitzige Gerätschaften wie eine Lauchgeige, eine Karottenflöte, ein Gurkophon, eine Kürbispauke uvm. Die Möglichkeiten scheinen fast unbegrenzt. Verblüffend ist, wie enorm vielschichtig die Sounds dieser aus Gemüse bestehenden Klangerzeuger sind: schrill, laut, leise, dunkel, weich, knisternd… wirklich schade nur, dass die Instrumente nur von kurzer Lebensdauer sind. Meist ist schon nach einem Konzert oder Studioaufenthalt Schluss.

The Vegetable Orchestra – Scoville by mica

 

Musikalisch kennt das 1998 in Wien gegründete Orchester keinerlei Grenzen, wobei die Kompositionen auf die speziellen klanglichen Eigenschaften der Gemüseinstrumente zugeschnitten sind.  So fusionieren in den Stücken Elemente aus so unterschiedlichen Bereichen wie Minimal Techno, Free Jazz, Dub, Elektronik, Ambient, Noise, Pop, der Neuen und elektroakustischen Musik zu einem enorm vielschichtigen und groovigen Ganzen.

Der Opener „Scoville“ etwa geht schlicht als erstklassig treibende Technonummer durch, die in jedem Tanzschuppen funktionieren würde. „Nightshades“ wiederum kommt sehr hypnotisch und ambientmäßig daher, während es sich bei „Pocket Stampede“ um ein einziges experimentelles Elektroakustikstück handelt. Südamerikanisches Flair kommt bei der Nummer „Brazil“ auf. Und, und, und….

„Onionoise“ ist ein außergewöhnliches Stück Musik geworden. Und das nicht nur aufgrund des ungewöhnlichen Instrumentariums. Nein, auch aus kompositorischer Sicht entwickelt sich die ganze Angelegenheit zu einer sehr spannenden Sache. Es macht schlicht und einfach Spaß, den sehr vielschichtigen Nummern zu lauschen, offenbaren diese doch auch nach mehrmaligem Hörgenuss immer wieder neue Geheimnisse.(mt)