The TallTones eröffnen die Murszene Graz 2012

Hätten Leute wie Tom Waits, Lee Hazlewood oder Roger Waters einst ihre Liebe zur improvisierten Musik und zum Jazz entdeckt, ihre Songs würden sich wohl im Stile nur unwesentlich von jenen der The TallTones unterscheiden.

Was das Trio Primus Sitter, Stefan Gfrerrer und Richie Klammer auf ihrem selbstbetitelten und im vergangenen Jahr erschienenen Album „TallTones“ mit Klassikern wie „These Boots are made for Walking“, „Money“ oder „Chocolate Jesus“ anstellen, ist schon eine Sache für sich. Es ist wirklich spannend und erfrischend, diese einmal in einem vollkommen neuen klanglichen Gewand präsentiert zu bekommen. Zu den eigenwilligen Coverversionen auf dem Album gesellen sich auch ebenso interessante Eigenkompositionen dazu, die das schräge Klangexperiment des Trios auf ganz wunderbare Weise abrunden. Die nächste Gelegenheit diese außergewöhnliche Truppe live zu erleben, gibt es am 19. Juli im Rahmen der Eröffnung der Murszene Graz 2012 Konzertreihe am Grazer Mariahilferplatz.

Wer die verschiedenen Projekte des Gitarristen Primus Sitter (Mausi, Upper Austrian Jazz Orchester, …), des Kontrabassisten Stefan Gfrerrer (Klaus Paier Trio, Extra3, …) und des Trompeters Richie Klammer (Trio Exklusiv, Fuzzman, Quantett, …), der bei den TallTones auch den Part hinter dem Mikrophon übernimmt,  kennt, der kann sich etwa vorstellen, wie das Ergebnis einer Zusammenarbeit dieser drei herausragenden und in den verschiedensten Stilen bewanderten Musiker erklingen könnte. „TallTones“ ist ein wunderbares Beispiel dafür, dass man immer auch andere Wege gehen kann, dass man sich ohne weiteres an Klassiker der Popmusikgeschichte heranwagen kann, ohne gleichzeitig ein Verbrechen an diesen zu begehen.

The TallTones – desaster by mica

Primus Sitter, Stefan Gferrer und Richie Klammer entziehen die Originale geschickt ihrem ursprünglichen Kontext und siedeln ihre Interpretationen dieser, wie auch ihre selbst komponierten Stücke irgendwo zwischen den Polen Jazz und Pop an. Was entsteht, ist ein überaus spannende und abwechslungsreiche Klangreise, die immer wieder mit überraschenden Wendungen aufwartet. So verwandelt sich etwa der von Lee Hazlewood für Nancy Sinatra geschriebene Klassiker „These Boots are made for Walking“ in eine fast schon lupenreine, ungemein schwungvolle und alleine mit Kontrabass und E-Gitarre eingespielte Rocknummer. Tom Waits Nummer „Chocolate Jesus“ dagegen in einen sehr eigenwilligen und bluesigen Trauermarsch.

Die insgesamt elf Stücke machen einfach Spaß, auch weil es dem Dreiergespann gelingt, trotz ihrer virtuosen instrumentalen Fähigkeiten, diese nicht kopflastig werden zu lassen. Die Songs fließen, sie atmen den Blues, bewahren sich aber gleichzeitig etwas latent Humorvolles, Ironisches und Schräges. Ingredienzen, welche die gesamte Sache zu einer wirklich starken machen. Man will einfach mehr hören. (mt)

Foto: Günter Jagoutz