Österreichische Elektroniker waren in den Jahren seit 2000 nicht mehr so omnipräsent wie in der Dekade zuvor. Spannende Ansätze und Entwicklungen gab es dennoch zuhauf. Ein kleiner Überblick von Sebastian Fasthuber.
Wie die elektronische Musik aus Österreich seit 2000 klang, darüber ließe sich wahrscheinlich ein Buch schreiben. In ein paar Absätzen aber ist es unmöglich zusammenzufassen. Oder doch? Je länger man darüber nachdenkt, was sich in punkto Sounds und Szenen getan hat, nachdem der „Vienna Sound“-Hype 1996/97 und seine ein paar Jahre spürbaren Auswirkungen endgültig verklungen waren, wird es umso reizvoller, zumindest ein paar Punkte und Stichworte aufzuschreiben und einige Namen, die in den Nullerjahren prägend und/oder neu waren, zu nennen. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit.
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Eines ist klar: Elektronische Musik war in den Nullerjahren definitiv nicht mehr der angesagte, heiße neue Scheiß, sondern Normalität geworden. Die Neunziger waren geprägt gewesen von Namen wie den zeitweise wie Lichtgestalten verehrten Peter Kruder und Richard Dorfmeister (mitsamt ihrem G-Stone-Camp), den immer auf der Suche nach dem leiwanden Beat befindlichen Patrick Pulsinger und Erdem Tunakan (und ihrem Cheap-Label), den ebenfalls genreübergreifend arbeitenden Sofa Surfers, Techno-Größen wie Christopher Just, Clemens Neufeld und Electric Indigo oder der auf Sound fokussierten Experimentalecke mit Peter „Pita“ Rehberg, Christian Fennesz und anderen Künstlern des Mego-Labels sowie der „elektronischen Band“ Radian.
In den Nullerjahren – machten zunächst genau diese Leute weiter. Die erste Hälfte des Jahrzehnts brachte nur wenige neue Akteure, stand weitgehend im Zeichen jener Artists, die bereits einige Bekanntheit erlangt hatten und in der Folge ihre Ansätze zum Teil einfach genauer ausformulierten. So schaffte es das mit Gitarre, Bass und Schlagzeug wie eine Popband besetzte, aber doch elektronisch klingende Trio Radian aus der Wiener Experimentalszene um das Gürtellokal Rhiz kommend, mit beinahe akademisch anmutenden, streng durchkonzipierten Alben auf dem US-Label Thrill Jockey zu einem weithin beachteten Act zu avancieren.
Noch viel erfolgreicher war Fennesz, der sich nach Bandanfängen als Gitarrist in den 80ern in den 90ern als Elektroniker langsam freispielte, um in den Nullerjahren quasi sein eigenes Genre zu begründen. Sein Album „Endless Summer“ (2001) erwies sich als eine der prägenden Platten des Jahrzehnts. Zunächst einmal klang sie fantastisch und wie nichts anderes, das man bereits gehört hatte. Wo Fennesz seine elektronisch bearbeiteten Gitarrenklänge auf früheren Veröffentlichungen vornehmlich zu harschen Soundskulpturen übereinanderschichtete, ließ er hier verstärkt Sanftheit und Melodien walten. Seine Liebe zur Popmusik schlug durch. Das Album benannte er nach einer Platte der Beach Boys, einer Band, die er schon auf seiner stilbildenden Single „Fennesz Plays“ (1998) gecovert hatte (nebst den Rolling Stones).
Während diese Leute konsequent an ihren Ansätzen feilten und Album für Album vorlegten, brachte die vergangene Dekade für andere Produzenten einen Umbruch. „Viele Hauptprotagonisten der 90er hatten sich ein wenig abgenützt“, findet Patrick Pulsinger, der in den 90ern selber als fähiger Produzent, DJ und Labelbetreiber eine prägende Figur war. Und er bezieht sich in sein Statement auch durchaus selbst ein: „Für mich war diese Zeit ein extremer Change. Ich habe Cheap Records verlassen, bin in ein neues Studio umgezogen und habe mich musikalisch komplett umorientiert. In der Zeit ist mein Jazz-Album ,Easy to Assemble…‘ entstanden. Das alte Konzept, mit Label, Produzieren und so hatte sich für mich einfach erschöpft.“
In weiterer Folge trat Pulsinger vor allem als Produzent anderer Künstler hervor bzw. nahm er bei einer Vielzahl von Platten in seinen Feedback Studios im 5. Bezirk das Mastering vor. Erst gegen Ende der Dekade veröffentlichte er wieder regelmäßiger eigene Musik und schloss etwa seine in den frühen 90ern begonnene Serie „Dogmatic Sequences“ ab oder veröffentlichte sein lang erwartetes Artist-Album „Impassive Skies“ (2010).
Patrick Pulsinger – Porno by Disko B
Ebenfalls als Umbruchszeit sieht die Nullerjahre rückblickend das Sofa Surfers-Mitglied Wolfgang Schlögl. Damit meint er nicht einmal so sehr, dass sich seine Band im Sound zeitweise wieder zurück zu ihren Rock- und Noise-Prägungen bewegte oder dass er mit seinem Soloprojekt I-Wolf und mit The Slow Club (sein generationenübergreifendes Projekt mit Hansi Lang und Thomas Rabitsch) während Bandpausen Erfolge feierte. Womit er übrigens keineswegs das einzige Sofa Surfers-Mitglied war, das sich solo austobte: Markus Kienzl veröffentlichte gleich zwei Alben mit basslastiger Großstadtmusik („Product“, „Density“) und produzierte die vielseitige Popsängerin Tania Saedi, Wolfgang Frisch näherte sich auf seinem Soloalbum „Watering the Land“ gar Singer-Songwriter-Musik an und arbeitete mit der in Wien lebenden Italienerin Katika.
Worauf sich Wolfgang Schlögl vielmehr bezog, war, dass sich das Berufsbild des Elektronikmusikers in der letzten Dekade allmählich veränderte: „Es ist eine neue Generation von Theater- und Filmleuten auf den Plan getreten, die neue Anforderungen an die Musik stellt. Das sind Leute, die so alt sind wie ich, manchmal auch jünger. Dadurch haben sich für Musiker wie mich, die vorher kein Mensch gefragt hätte und die sich auch nicht in dem Feld gesehen hätten, plötzlich Aufträge in diesen Bereichen ergeben. Da hat sich ein komplett neuer, spannender Arbeitsbereich aufgetan.“ Für viele Akteure im Feld der elektronischen Musik erwies sich das als – durchaus auch finanziell – lohnende Aufgabe, die auf der anderen Seite mit sich brachte, dass weniger Zeit vorhanden war, um an eigener Musik zu arbeiten, und dadurch Veröffentlichungen mitunter spärlicher wurden.
Apropos spärlicher: Um Kruder & Dorfmeister, die Stars der 90er, wurde es in den Nullerjahren sehr ruhig. Wiewohl sie sich nie offiziell trennten und alle heiligen Zeiten immer wieder mal gemeinsam auflegten, kam von ihnen keine neue Musik mehr raus (erst auf ihrer Label-Compilation „Sixteen F**king Years Of G-Stone Recordings“ erschien 2010 mit der Uptempo-Nummer „Aikon“ ein neues Stück). Folglich nahm man die beiden irgendwann nicht mehr als intaktes Gespann wahr. Richard Dorfmeister verlegte seinen Lebensmittelpunkt nach Zürich und arbeitete zusammen mit Rupert Huber an Tosca, seinem anderen Duo, mit dem er stetig Alben veröffentlichte. Peter Kruder war zunächst als Peace Orchestra solo aktiv, betrieb mit den Münchener Kollegen Christian Prommer und Roland Appel zeitweilig das Trio Voom:Voom und verlegte sich später darauf, unter seinem bürgerlichen Namen treibende House- und Techno-Tracks zu veröffentlichen.
Den Platz, den K&D frei ließen, nahmen für einige Zeit D&K ein, Dzihan & Kamien. Die in Wien lebenden und arbeitenden Vlado Dzihan und Mario Kamien bremsten mit einer gleichermaßen slicken wie musikalisch hochwertigen Melange aus Downtempo, Jazz und Elektronik alle K&D-Trittbrettfahrer der Fraktion „Vienna Groove“, die sich um 2000 sehr zahlreich auf diversen Labels und Samplern tummelten, locker aus. Besonders mit ihren ersten beiden Alben „Freaks & Icons“ und „Gran Riserva“ (2000 bzw. 2002) waren sie international höchst erfolgreich.
Aber auch Labelkollegen von Kruder & Dorfmeister nützten das Vakuum für sich. So veröffentlichte der Ausnahme-HipHopper DJ DSL sein mit viel Liebe und in akribischer Kleinarbeit gefertigtes Album „#1“. Stefan Mörth alias Stereotyp praktizierte einige Jahre lang sehr gekonnt Beatwissenschaft im Sinne von futuristischer Dub- und Dancehallmusik, ehe es leider ruhiger um ihn wurde. Speziell sein Debütalbum „My Sound“ (2002) ist ein übersehenes Meisterwerk. Kruders alter Kollege Rodney Hunter erarbeitete derweil eine elegante Soundmischung aus Disco, Funk und House, während Makossa & Megablast mit ihren von House und Techno bis Dub und Electro reichenden Sounds die Clubs rockten.
Klaus Waldeck, der zu Beginn seiner Laufbahn von den Medien als Gegenspieler von Kruder & Dorfmeister aufgebaut wurde, entwickelte sich im Lauf der Jahre weg von TripHop-Klangmalereien. Im Duo Saint Privat mit der Sängerin Valerie vermischte er Easy Listening mit Bossa Nova und Referenzen an französische Filmmusik. Später agierte er wieder solo und erwies sich mit dem „Ballroom Stories“-Album, auf dem er Swing und Jazz der 20er und 30er als moderne Popmusik reaktivierte, als Vorreiter des Electro Swing.
Weitaus populistischer und schließlich auch erfolgreicher segelt der Linzer Marcus Füreder, der seine Karriere noch im Zeichen Techno begonnen hatte, seit einigen Jahren unter diesem Banner. Als Parov Stelar wurde er, von heimischen Medien zunächst weitgehend unbemerkt, zum erfolgreichsten österreichischen Musikexport überhaupt. Überall, wo er hinkommt, füllt er Hallen mit einer Kapazität von tausend Besuchern und mehr. Und auf Facebook, heutzutage nicht der schlechtes Gradmesser für Popularität folgten ihm Mitte März gut 472.000 Menschen.
Auf Seiten der Musikproduktion brachten die Nullerjahre eine nicht zu unterschätzende Entwicklung. War schon in den 90er Jahren viel von der Liberalisierung der Produktionsmittel die Rede gewesen, so war es ab circa 2000 im Grunde genommen gar nicht mehr nötig, als Musiker in ein Studio zu gehen. Man konnte nun alles mit einem Gerät machen, der Laptop wurde mitsamt der nötigen Software zum Studio auf kleinstem Raum. Patrick Pulsinger sieht einen Zusammenhang zwischen dieser Neuerung und der Tatsache, dass in den Nullerjahren verstärkt Frauen als Produzenten auf den Plan traten: „Ab dem Zeitpunkt mussten sie nicht mehr in ein Musikgeschäft gehen und sich von einem Typen ungut anlabern lassen. Sie konnten sich einfach hinsetzen und am Computer mit ein paar Programmen sofort versuchen, Musik zu machen. Wenn man ehrlich ist, ist die Entwicklung, dass Frauen produzieren, extrem neu. Das gibt es erst seit etwa 15 Jahren.“
Vorbildfunktion hatte hier sicher Eva Jantschitsch, die 2004 unter dem Namen Gustav mit dem Album „Rettet die Wale“ unüberhörbar auf den Plan trat. Ihr Debütalbum lässt sich als Produkt verschiedenster Aneignungen, Selbstermächtigungen und Umcodierungen hören. Vor allem trieb Gustav der Laptop-Elektronik das nerdig Jungsmäßige aus. Auf ihrem Erstling finden sich erfrischend undogmatische Sounds und Arrangements, die nicht dem Gerät huldigen, sondern dieses für sich arbeiten zu lassen. Auf „Verlass die Stadt“ (2008) näherte sich die Musikerin dann verstärkt dem Popsong und dem Chanson an, ohne es an Ecken und Kanten fehlen zu lassen.
Als weltweit gehörter Alternative-Popstar aus eigenem Antrieb und Können sowie mit einem starken Bezug zur elektronischen Musik trat etwas später Anja Plaschg alias Soap&Skin auf den Plan. Ihr selbstproduziertes erstes Album „Lovetune for Vacuum“ (2009) – das Werk eines Teenagers, wie man nur zu schnell vergisst – beeindruckte mit genialischen Songs und intensiven Arrangements zwischen Piano-Klängen und orchestral eingesetzten elektronischen Rhythmusschleifen. Mit ihrem zweiten Album „Narrow“ (2012), auf dem sie ihren Weg konsequent fortsetzte, sollte Soap&Skin sogar die Spitzenposition des österreichischen Charts erreichen.
Weitere Produzentinnen und Musikerinnen, die immer hörenswert waren: die zwischen Avantgarde, Improvisation und Lärm höchst aktive Maja Osojnik, die Minimal Techno-Produzentin Clara Moto oder Shroombab, die über all die Jahre die Drum’n’Bass-Fahne hochhielt, die aus Brasilien stammende Joyce Muniz, die sich mit ihren eigenen Releases zwischen House und Techno eingeschwungen hat, oder die Sängerin Nomadee, die mit einem erfreulich eigenständigen HipHop/R’n’B-Ansatz hervortrat. Christina „Chra“ Nemec gründete mit Comfort Zone ein queer-feministisches Elektronik-Label, auf dem Acts wie Crazy Bitch in a Cave oder Cherry Sunkist veröffentlichen. Und Electric Indigos Plattform Female Pressure ist immer noch eine wichtige Anlaufstelle für Musikerinnen.
Shroombab – Tension (Clip), High Tension Digital by Shroombab
Neu war in den Nullerjahren, dass die Genregrenzen durchlässiger wurden. In den 90ern hätte man eine Künstlerin wie Gustav wohl kaum der elektronischen Musik zugeschlagen, da bei ihr Gesang und Text zentrale Rolle spielen. In den Nullerjahren aber begann sich vieles zu vermischen. Leute, die das vorige Jahrzehnt streng elektronisch unterwegs waren, erinnerten sich an ihre Popsozialisation in den 80ern und bekamen wieder Lust dazu, mehr in Richtung Songs zu gehen oder sich eine Gitarre umzuhängen. So etwa setzte der als Popelektroniker bekannt gewordene Wiener Bernhard Fleischmann wieder verstärkt traditionelles Instrumentarium ein und sang auf seinen letzten beiden Alben schließlich sogar selbst.
Noch fester im Pop verwurzelt war die kürzlich aufgelöste Band Bunny Lake um Sängerin Teresa Rotschopf alias Suzy on the Rocks und Sänger Christian Fuchs, die ausgehend von düsteren Electro-Clubtunes im Laufe der Nullerjahre zu waschechten Popsongs fanden und mit dem Song „1994“ auch das Mainstream-Radio Ö3 erreichten. Electro-Crooner Louie Austen war in den Nullerjahren ungebrochen aktiv, auch wenn seine Veröffentlichungen nicht mehr die Schneid hatten wie die frühen Platten, die die Cheap-Leute Pulsinger und Mario Neugebauer produziert hatten.
Durchaus auch popaffin ist auch Wolfram Eckert, der als DJ Marflow antrat und nun einfach unter seinem Vornamen agiert. Sein erstes Album „Wolfram“ zeigt ihn als versierten und mit viel Witz ausgestatteten Player zwischen Electropop, Italodisco und Eurodance. Auf Maxis geht er es aber auch schon mal forsch-technoider an. Der Kärntner in Wien, der als DJ international gut gebucht ist, war eines der ersten frischen Gesichter in den Nullerjahren.
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In der zweiten Hälfte des Jahrzehnts tauchten dann vermehrt junge Produzenten auf. Eine Weltkarriere startete der Wiener Produzent und Keyboarder Dorian Concept, der zwischen HipHop-Dekonstruktionen, fiebrigen Computerklängen und Jazzanleihen furiose, mit Informationen randvoll gefüllte Tracks baut. Seine letzten Produktionen erschienen auf dem englischen Traditionslabel Ninja Tune, doch an sich entstammt Dorian Concept dem Camp um das Label Affine Records, das neben den eher straighte Beats bevorzugenden Zugpferden Ogris Debris mit furchtlosen Future-Funk- und Bass-Musik-Forschern wie The Clonius, JSBL und Cid Rim über eine erstaunliche Zahl vielversprechender Acts verfügt.
Ogris Debris – Miezekatze by Ogris Debris
Zu nennen sind natürlich auch Elektro Guzzi. Das Wiener Trio sorgte als Analog-Technoband für Furore. Hörte man dem Debütalbum den Avantgarde-Background der Musiker noch deutlicher an, so bot der Nachfolger „Parquet“ (2011), auf dem sich die Liveerfahrungen der Band stark auswirkten, funktionalen Techno fast in Reinkultur – von Detroit- bis Dub-Techno, von Acid-Geblubber bis zu epischen Clubhymnen.
„Besonders schön finde ich, dass wir eine junge Generation von Musikern mit Jazz-Background haben, die keine Mucker geworden sind, sondern sehr viel Elektronik und auch anderes hören“, bemerkt Wolfgang Schlögl. „Da hat sich einiges geöffnet.“ Patrick Pulsinger pflichtet bei: „Mir gefällt das, dass eine Generation nachgerückt ist. Es wird heute vermehrt über Genregrenzen hinaus geforscht. Auch in den Clubs ist es nicht mehr so eng, dass einen Abend lang nur House oder Techno läuft. Da kommt auch HipHop oder experimentelles Zeugs rein.“
In den letzten Jahren wurde nicht nur getanzt. Es entstand auch wieder einiges an Clubsounds, neue Labels wurden gegründet. Zu nennen sind hier neben Affine auf jeden Fall Praterei Records, wo die Zwillinge Daniel und Fabian Schreiber mit ihrem neuen Projekt The New Tower Generation beheimatet sind, das House-Label Luv Shack Records (Lee Stevens, Simon LeBon u.a.) oder das technoidere Schönbrunner Perlen mit Acts wie Ken Hayakawa. House-Produzent Roman Rauch bringt seine Tracks bei gut angeschriebenen internationalen Adressen wie Endless Flight oder Philpot raus. Auf letzterem Label veröffentlicht auch die Crew Reboot Joy Confession ihre von Broken Beat bis Deep House erfreulich breit gestreuten Tracks. Brachialer rockt die Band Gudrun von Laxenburg die Dancefloors.
Bleibt die experimentellere Ecke, die sich zum Teil immer noch um das Mego-Label, das seit einigen Jahren Editions Mego heißt, sammelt, aber auch andere Wege geht. So ließen etwa Richard Eigner und Roman Gerold mit ihrem beim deutschen Label Karaoke Kalk beheimateten Projekt Ritornell aufhorchen, das sich von Ambient bis Jazz zwischen alle Stühle setzt. Spannend war auch die Entwicklung des Duos Kilo, das sich von Minimal Techno zu freien Soundstudien entwickelte. Und die Experimental- und Impro-Ecke um die Netz-Plattform klingt.org und Leute wie Dieb13 oder Billy Roisz erwies sich als rührig wie eh und je.
Das Potenzial elektronischer Musik aus Österreich ist groß. Gerade viele Künstler der jüngeren Generation haben bis dato Talentproben vorgelegt, ihre Fähigkeiten aber sicher noch nicht voll ausgeschöpft. Ob nun das Artist-Album als großes Statement noch das Maß der Dinge ist oder nicht, wird sich demnächst weisen. Wolfgang Schlögl hat sich zuletzt stark damit beschäftigt, wie fragmentiert Musik heute wahrgenommen wird. Als Reaktion darauf wird sein nächstes Soloalbum, das im Mai 2013 erscheint, gleich ein Doppelalbum. Patrick Pulsinger sieht die Veränderungen in der Rezeption von Musik weniger dramatisch: „Die Leute haben Musik immer schon so konsumiert, wie sie wollten. Heute machen sie sich ihr Programm einfach immer mehr selbst.“ Wenn man diesen letzten Satz als Omen nimmt, dann wird die elektronische Musik aus Österreich in Zukunft noch bunter und vielfältiger klingen. Dass ihr niemand mehr eine „Vienna Sound“-Mütze überstülpen will, hat ihr definitiv nicht geschadet.
Foto DJ © Dominik Vsetecka
Foto Kruder & Dorfmeister © G-stone
Foto Christian Fennesz © Maria Ziegelboeck
Foto Patrick Pulsinger © Elsa Okazaki
Foto Sofa Surfers © Bernd Preiml
Fotos Tosca © Markus Rossle
Foto Rodney Hunter © Oliver Jiszda
Foto Parov Stelar © Etage Noir
Foto Gustav © Thomas Degen
Foto Shroombab © Tiefenrausch Photography
Foto Bunny Lake © Bunny Lake
Foto Ogris Debris © Andreas Waldschuetz
Foto Elektro Guzzi © Klaus Pichler
Foto Ritornell © Andreas Waldschütz & Adia Trischler