„Subversive Subkultur, keine etepetete Schnickschnack-Kultur“ – DUN FIELD THREE im mica-Interview

Das Trio DUN FIELD THREE hat mit seinem selbstbetitelten Debüt (Noise Appeal Records) nicht nur ein ausgeklügeltes Soundgewand zwischen bluesigem Shuffle, Doom-Bässen und Alternative Rock ausgebrütet, sondern auch ein interessantes Gesamtkonzept vorzuweisen.  Ohne Masken, aber mit Schelm unterhielten sich DAUCOCCO, NACHTLIEB und GOTO mit Sebastian J. Götzendorfer vor dem Release-Konzert am 11. April 2019 im Wiener FLUC über Musik und Politik, Nebelkrähen und ein angenehmes Leben zwischen den Stühlen. 

Sie haben soeben ihr Debütalbum „Dun Field Three“ veröffentlicht. Das Album trägt denselben Namen wie die Band. Was steckt dahinter?

Daucocco: Wir waren jahrelang auf der Suche nach einem Namen. Letzten Endes hat dann jeder einen Teil des Namens beigesteuert. Nachtlieb, unser Edgar-Allen-Poe-Experte, hat das Wort „Dun“ kreiert.

Nachtlieb: Ich bin ein Vogelkundler.

Daucocco: Es kommt von der Nebelkrähe, auf Englisch „dun crow“. Ein altes Wort. Und Roto meinte, „Field“ würde sich gut auf „Dun“ reimen [lacht].

Goto: Na ja, passen halt.

Daucocco:  Und ich habe „Three“ beigesteuert, einfach, weil wir zu dritt sind.

Nachtlieb: So wie Spacemen Three. Oder Johnny Cash & the Tennessee Three.

Daucocco: Wobei ja Johnny Cash & the Tennessee Two dann mehr Sinn machen würde.

Nachtlieb:Dunist jedenfalls auch ein englisches Wort für „dunkel, graubraun“. Interessanterweise gibt es in England aber gar keine Nebelkrähen, sondern nur schwarze Krähen, weshalb es eigentlich ein sehr interessanter Terminus ist.

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Ihr Pressetext besagt, Sie würden eine neue Schublade öffnen, die noch nicht beschriftet sei. Musikerinnen und Musiker lassen sich eben bekanntlich ungern in Schubladen stecken. Nichtsdestotrotz: Wo würden Sie ihre Musik verorten? Bei welchen Genres dockt man zumindest an?

Daucocco: Ich glaube, bei der Beantwortung dieser Frage sind schon so einige gescheitert. Bei unserem Pressetext ist der Verfasser eben auch ausgewichen – und er war der dritte, der sich daran versucht hat. Das Ziel von uns als Band war, einen extremeren Sound zu kreieren als jenen, den zumindest wir kennen. Es fallen dann lustigerweise Assoziationen zu Nick Cave und Tom Waits, wobei wir bis dato dachten, wir hätten mit denen nichts zu tun.

„Wir erfinden sicher nicht das Rad neu, aber unsere Mischung ist originell, wie ich meine.“

In welche Richtung wollten Sie „extremer“ sein?

Nachtlieb: Vieles ist sehr doomig. Mein E-Bass ist ein Fünfsaiter, meine Gitarre ist eine Bariton. Auch das Keyboard macht oft tiefe Bass-Sounds. Doom und Metal machen wir aber absolut nicht. Jeder von uns hat seinen Musikgeschmack, der sich von den anderen unterscheidet. Wir kommen auch aus sehr unterschiedlichen Ecken – von Retro-Rock-’n’-Roll über Blues bis zu Post-Hardcore. Ich bin ein Kind der späten 80er und frühen 90er – der Alternative-Rock-Welle. Wir erfinden sicher nicht das Rad neu, aber unsere Mischung ist originell, wie ich meine.

Durch den Gesang und die Artikulation hat die Musik auch einen gewissen Americana-Einschlag. Außerdem gibt es einen starke Geschichtenerzähler-Komponente. Ist das gewollt so?

Daucocco: Sicher gibt es dieses Element. Das hat man immer, wenn man Lyrics hat. Wenn wir vom Sound reden: Innerhalb eines Songs ist es auch so, dass eine Story die Struktur bestimmt.

„Vocals und Lyrics sind bei uns aber sicher keine Stiefkinder.“

 Um es zu konkretisieren: Es gibt viele Bands, bei denen die Lyrics unter „ferner liefen“ rangieren und man sich vom Gesang dadurch weniger vereinnahmt fühlt. Bei Ihnen fühlt man sich angesprochen.

Daucocco: Dann haben wir anscheinend alles richtig gemacht.

Nachtlieb: Ich kann diese Sichtweise durchaus nachvollziehen, aber es ist interessant. Denn geplant war das nicht. Das war eher Daucoccos natürlicher Zugang dazu. Aber ja, insbesondere wir beide sind sicher eher vom amerikanischen Rock als vom englischen geprägt. Da haben wir wohl automatisch diesen Song-Style übernommen. Vocals und Lyrics sind bei uns aber sicher keine Stiefkinder.

Daucocco: Im Gegensatz zu meiner anderen Band, Ash My Love, bei der mir immer klar ist, wie man einen Song singt – da es letztlich auf einer Punk-Ebene passiert –, habe ich hier lange gesucht, bis ich meine Stimme gefunden habe. Im Songwriting-Prozess habe ich hier viel mehr „gebrabbelt“. Es ging eher darum, wie man Texte intoniert, in welches Stimmen-Genre man eintaucht etc. Daran wurde letztlich mehr gearbeitet als an den Lyrics selbst.

Sie singen auch über Rechtspopulisten. Eine altbekannte Frage: Muss man Politik und Musik auseinanderhalten oder kann man als Musikerin bzw. Musiker eine Agenda verfolgen?

Daucocco: Gerade in der jetzigen Zeit muss man sich ausdrücken, finde ich, auch wenn man sich nicht großartig positioniert. Das war vielleicht vor fünf Jahren noch anders. Auch in unserem ersten Video gibt es einen Wink dazu.

Nachtlieb: Eigentlich habe ich in meinem Leben noch nie politische Musik gemacht – es sollte bisher nicht sein. Ich war immer ein politischer Mensch, aber meine Art hat verhindert, dass das in die Musik einfloss. Auch wir sind nicht explizit politisch. Aber aufgrund der weltweiten Entwicklungen – und auch jenen in Österreich – sind einige Texte beinahe natürlich politisch geworden. Die Dringlichkeit hat bedingt, dass sich das so ergeben hat.

Daucocco: Der Populismus spielt generell öfter eine Rolle. Aber der Rechtspopulismus ist letzten Endes der, gegen den wir sind.

Nachtlieb: Ich positioniere mich gerne öffentlich als links.

Dun Field Three (c) Archiv Band

Da kann man jetzt elegant zu Ihren Masken und Pseudonymen überleiten. Was hat es mit der Maskerade auf sich? Gibt es etwas zu verstecken oder ist das ein Show-Element?

Nachtlieb: Meine Nase muss ich verstecken [lacht].

Daucocco: Die Maske hat genau auf die Nase gepasst und da wussten wir …

Nachtlieb: Nein, also ums Verstecken geht es sicher nicht.

Daucocco: Es kommt eigentlich von den Nebelkrähen. Es ist ein Gesamtkonzept. Uns gibt es schon lange als Band – auch wenn wir bisher nicht aufgetreten sind. Wir wollten zuerst alles durchgedacht haben, bevor wir uns der Öffentlichkeit präsentieren. Vogelmasken, Venedig, den Schelm drinnen haben … Das hat sich alles gut ergeben.

Nachtlieb: Es war schon in der Entstehungsphase der Band klar, dass wir mit diesem Projekt nicht in Zivilkleidung auf die Bühne gehen wollen.

Geht es dann auch mehr um Musik als Kunstform? Ein ewiges Thema ist doch, wo die Musik im Kunstspektrum zu verorten ist.

Goto: Meiner Meinung nach haben die Masken und die Hemden nicht unbedingt etwas mit Kunst zu tun. Es geht einfach darum, dass bei einem Konzert alle Elemente zum Auftritt gehören. Die Maskerade ist also ein Teil der Show. Es ist deshalb aber keine Kunst-Performance.

Also eher Unterhaltung als Kunst?

Goto: Ja.

Daucocco: Eher Optik.

Nachtlieb: Wir sind ganz klar eine Rock-Band und keine Performance-Truppe. Wir sind nicht Fuckhead. Wir sind eine Rock-Band, die in die Schublade U-Musik passt. Abe, für mich war die Rock’-n’-Roll-Subkultur schon immer genau das Richtige. Eine extremere Ecke, in welcher der künstlerische Aspekt mehr Rolle spielt. Genau zwischen den Stühlen ist es richtig. Weit weg von der E-Kultur, aber an der progressiven Spitze der U-Kultur. Ich habe das Gefühl, dass wir genau da sind. Subversive Subkultur, keine etepetete Schnickschnack-Kultur.

Vorhin sprachen Sie davon, dass Sie lange über dem Projekt gebrütet haben, bevor Sie an die Öffentlichkeit gegangen sind. Welche Erwartungshaltung haben Sie jetzt, wenn Sie Ihre Brut aufs Volk loslassen?

Daucocco: Wir hoffen natürlich, dass was damit passiert. Wir haben jetzt zehn Konzerte gebucht und dann sehen wir weiter. Es gibt natürlich immer eine Erwartungshaltung, ob die erfüllt wird ist sekundär.

Nachtlieb: Wir wollen uns erst mal einen guten Eindruck in der regionalen Szene erarbeiten, auf dem wir dann aufbauen können.

Daucocco: Medial ist es eher schwierig. Durch das Zwischen-den-Stühlen-Sein kommen wir da wie dort oft nicht infrage.

Abschließende Worte eventuell vom Schlagzeuger, da der üblicherweise eh immer im Hintergrund ist?

Goto: Dieses Vergraben im Proberaum war für mich ganz besonders anstrengend, weil ich eigentlich wahnsinnig gern live spiele, was wir jahrelang nicht gemacht haben. Ich wurde dann beruhigt: Wenn wir all die Videos, Foto-Shootings und eine schöne Platte machen, bevor wir wirklich live spielen, dann können wir das dafür ordentlich machen. Darauf und auf die zehntägige Tour freue ich mich jetzt umso mehr.

Herzlichen Dank für das Gespräch!

Sebastian J. Götzendorfer

Termine:
18. April 2019: Dornbirn, Spielboden
19. April 2019: Ebensee, Kino Ebensee
20. April 2019: Innsbruck, pmk
16. Mai 2019: Steyr, Röda
17. Mai 2019: Wels, Schlachthof

Links:
Dun Field Three (Website)
Dun Field Three (Facebook)