STUCK! Festival 2010

Wie es auch in Salzburg möglich ist, eine Club-Reihe quer durch die stilistischen Landschaften aktueller Popmusik aus dem In- und Ausland zu betreiben, beweist der im Salzburger Rockhaus beheimatete “Yeah!Club” nun schon seit fast drei Jahren. Dabei reicht die Bandbreite vom Black Rebel Motorcycle Club bis zu Soap&Skin. Weil all das aber scheinbar immer noch nicht genug ist, gibt es heuer auch erstmals das “Stuck! Festival” (5. – 7. August) bei dem wetterunabhängig im Rockhouse Salzburg u.a. Acts wie The Raveonettes, Caribou, TV Buddhas auftreten werden. Im mica-Interview spricht Didi Neidhart mit dem “Yeah!Club”-Hauptinitiator Stefan Kalser (aka Óli Hlynur) über das Festival, den Club und Popmusik in Salzburg im allgemeinen.

Aus welchen Überlegungen heraus ist der “Yeah!Club” entstanden?

Das mag jetzt blöd klingen, aber es gab eigentlich keine konkreten Überlegungen. Die Liebe zur Musik stand im Vordergrund, das gilt auch jetzt. Ausserdem wollten wir hochqualitative Acts holen, die noch kaum bekannt sind, an die wir aber glaubten. Es war auch ganz schnell klar, dass es vor allem um zeitgenössische Newcomer in einem urbanen monatlichen Clubrahmen gehen wird. Mir war es auch von Anfang an enorm wichtig, jungen Salzburger Bands Auftrittsmöglichkeiten zu verschaffen.

Steckt dahinter ein grösseres Konzept?

Es gab nie ein Konzept. Es ist ein gelungener Versuch mit einem unglaublich guten Spirit im Team sowie bei den Besuchern und den KünstlerInnen. Das war der Antrieb um den “Yeah!Club” langfristig erfolgreich zu gestalten. Die KünstlerInnen stehen im Mittelpunkt. Fühlen die sich wohl, sind sie auf der Bühne noch besser. Wenn man so will, ist es im Nachhinein unbewußt so konzepiert, dass immer ein bis drei internationale Newcomer, aber auch etablierte Bands, gepaart mit nationalen und lokalen Acts, sowie DJs rundherum, auftreten. Die Genre-Schubladen öffnen wir dabei großzügig. Bei uns gibt es Pop und auch Underground. Egal ob Electro, Psych, Indie, Postpunk, NDW, New Wave … Wir wollen einfach die frischen Bands für das musikinteressierte Salzburger Publikum hier haben. Damit haben wir aufgrund kontinuierlicher Qualität europaweit eine Duftmarke gesetzt. Dadurch gelingt es uns auch immer wieder Bands zu buchen, die normalerweise nur in großen Metropolen spielen.

War das Salzburger Rockhouse immer schon der ursprünglich gedachte Platz für den “Yeah!Club”?

Ja, definitiv. Es ist eine der besten Adressen in Österreich, weltweit renommiert und der bei weitem coolste Club der Stadt. Dazu gibt es zwei Bühnen mit hervorragender Ton- und Lichtanlage und dementsprechend großartige PartnerInnen und KollegInnen.

Hat sich der “Yeah!Club” in den letzten Jahren gewandelt und wenn ja wieso bzw. in welche Richtung?

Wenn man so will, hat sich sicherlich die Attraktivität der Bands verändert und damit verbunden auch die Gagen erhöht. Am Anfang legte ich ja noch alleine zwischen, vor und nach den Bands auf. Mittlerweile besteht das “Yeah!Club”-DJ-Team aus fast über einem Dutzend Leuten. Uns ist aber klar, dass ein Club Veränderung braucht und irgendwann auch ein Ende haben wird – und das ist gut so. Aber solang die Freude und Qualität da ist, wird es auch den Club geben.

Viele ähnlich gelagerte und ebenso ambitionierte Projekte sind in Salzburg ja immer wieder nach einer kurzen Startphase versandet. Was glaubst du, ist das “Erfolgsrezept” vom “Yeah!Club”?

Wenn kein Publikum kommt, wird es mühsam und man brennt aus. Man sollte da etwas Geduld haben. Ein neuer Club muss erst mal in die Köpfe der Leute rein. Ein Erfolgsrezept ist natürlich die Qualität und Kontinuität im Programm, der Spirit und die spürbare Freude dabei. Es ging uns nie ums Geld. Das Ganze ist kein Geschäft, ganz und gar nicht. Das alles sehe ich aber als großen Vorteil. Es geht um Musik – das ist der erste gemeinsame Nenner.

Warst du vom Erfolg überrascht?

Nein. Ich war immer überzeugt davon. Es gibt auch in Salzburg genug Musik-Nerds. Mich hat früher oft verwundert, dass die Leute bei Konzerten in Salzburg, also davor und danach, kaum miteinander redeten. Viele kannten sich nicht. Es war wunderbar zu beobachten wie sich im “Yeah!Club” Nerds, Fans, MusikerInnen, JournalistInnen, DJs, ProduzentInnen, eben junge musikinteressierte Menschen treffen, vernetzen und dadurch neue Projekte entstehen. Das ist schön und befriedigt für den grossen Aufwand.

In der Liste der Acts, die bisher seit 2007 aufgetreten sind zähle ich über 90 internationale und nationale Acts. Darunter Namen wie Black Rebel Motorcycle Club, Turboweekend, Kiss Kiss Kiss, Frittenbude, Antennas, Gus Gus DJ Set, Monomen, Get Well Soon, Polarkreis 18. Wie stellt man so was finanziell und von der Infrastruktur her auf die Beine?

Du hast FM Belfast, When Saints Go Machine, Dúné, Those Dancing Days, EF, Schwefelgelb, Soap&Skin, Dancing Pigeons, Death by Kite, Singapore Sling u.v.a. vergessen. Das geht natürlich alles nur mit einem riesigem Zeitaufwand, guten Riechern, guten Kontakten, umfangreicher Kommunikation sowie einem finanziellem Netz und budgetären Rahmen durch das Rockhouse. Man muss Musik lieben. Aber ohne der großartigen Unterstützung durch das Rockhouse-Team, wäre es in dieser Form nicht möglich, das ist klar. Ich war am Anfang alleine und es kamen immer mehr Leute direkt aus der Szene dazu. Die meisten sind selbst MusikerInnen in diversen Bands. Und das Schöne dabei war: auch hier ging es nie um Geld, sonst wird das sowieso nichts. Das sind Multimedia-StudentInnen, KöchInnen, BäckerInnen, DJs, Arbeitslose, GrafikerInnen, Publizistik-StudentInnen, SchülerInnen, etc.,  etc. – der gemeinsamer Nenner ist wieder die Musik und der Respekt vor dem KünstlerInnen.

Trotz der unterschiedlichen Acts fällt doch eine gewisse Linie auf. Indie/Alternative-Rock gibt es bei euch ebenso wie Electronic-Acts, DJs bzw. Bands, die all das kombinieren. Macht das vielleicht den Reiz der Abende aus, dass es neben dem Faktor “Konzert” auch prinzipiell um “Party” geht? Es gibt ja auch ein eigenes “Yeah!Cub”-DJ-Team.

Jein. Konzert und Party gehen Hand in Hand, wobei der Schwerpunkt eindeutig bei den Konzerte liegt. Die Party ist nicht geplant. Die Kids sind musikinteressiert und sie wollen auch Party. Die stand aber nie im Vordergrund. Das ergab sich genauso wie das “Yeah!Cclub”-DJ-Team im Laufe der Zeit. Es geht dabei auch um Veränderung. Musiktheorie, Musikwissenschaft, Genre-Schubladen interessieren mich nicht. Gerade am Anfang machten wir viele melancholischen Acts wie etwa Ólafur Arnlads, Boy Omega, Kira Kira, EF, Soap&Skin, September Malevolence auf der kleinen Bühne. Da wurde uns schnell klar, dass wir die kleine Bühne für ruhigere Acts bei einer Clubreihe eher vergessen können. Es war einfach zu laut im Publikum.

Inwiefern hat der “Yeah!Club” auch die lokale Szene inspiriert, vorangebracht.

Da musst du die lokale Szene fragen. Ich denke, der Club mit seiner positiven Atmosphäre und der hohen Qualität hat die Szene mittlerweile deutlich gefordert, inspiriert und geprägt. Das ist kein Selbstlob, sondern eine reale Einschätzung. Die Vorbildwirkung der KünstlerInnen und die selbstverständliche Einbindung der lokalen Szene mündet in neue Bandprojekte, Kooperationen und Networking. Der “Yeah!Club” ist ein hipper musikalischer Schmelztiegel geworden.

Wie kam und wann es zur Idee das “Stuck! Festival” zu starten. Der Sommer ist ja nicht gerade arm an Festivals. Hat das auch was mit dem Abwandern vom “Frequency Festival” von Salzburg nach St. Pölten zu tun?

Wir hatten diese eine Idee: „Es wäre doch cool mal den Black Rebel Motorcycle Club zu kriegen und ein Festival zu machen.“ Das ist nun beides passiert. Es gibt mehrere Gründe für das “Stuck! Festival”. Mich irritierte schon lange das Schlagwort von der “Musikstadt Salzburg”. Eine Musikstadt kann sich ja nicht nur durch Klassik, Jazz und volkstümlicher Musik definieren. Da gehören doch auch Underground und Pop-Musik dazu. In anderen Städten ist das ja selbstverständlich. Gerade in England oder Skandinavien ist das Alltagskultur. Da sind wir noch weit hinten. Als das “Frequency” nach St. Pölten ging (was die in Salzburg Verantwortlichen unbedingt verhindern hätte sollen), war klar, dass es neben dem “Poolbar”-Festival in Feldkirch und dem “On The Rocks”-Festival in Golling/Abtenau nicht mehr gerade viele Festivals in Westösterreich gibt. Das “Frequency” ist aber ein ganz anderes Kaliber. Damit können und wollen wir uns auch überhaupt nicht vergleichen. Wir orientieren uns eher an sehr gute und etablierte Indoor-Festivals wie “Iceland Airwaves”, “Spot on Denmark”, “The Great Escape” oder dem “Donaufestival”. Zusammen mit dem Rockhouse-Team und vielen anderen Leuten aus unserem Umfeld entschieden wir uns dann das “Stuck! Festival” zu machen und arbeiten seit Jänner daran.

Gab es die Idee, das Festival In-Door (also im Rockhouse) zu machen schon gleich zu Beginn?

Ja. Man muss klein anfangen und uns war völlig klar, dass wir das Festival Indoor machen. Aber es wird auch vor dem Rockhouse einiges passieren. Wetterunabhängig sind wir definitiv und das ist gut. Die coolen Bands stehen im Vordergrund. Es wird keinen Schlamm, keine Shop-Meile und kein Bungee-Jumping geben. Dafür sind in Salzburg der Rupertikirtag und die Dult zuständig.

Beim “Stuck! Festival 2010” treten an drei Abenden täglich bis zu acht Bands und 10 DJs auf, die u.a. aus Island, Schottland, Israel, Dänemark, Kanada kommen. Wie organisiert man so was? Klingt ja nach ein bisschen viel Arbeit?

Ja, das ist für uns alle sehr viel Arbeit. Ich möchte da auch gleich die Gelegenheit nutzen und mich bei Wolf Arrer, Susanna Kuschnig, Wolfgang Descho und dem Rest der Rockhouse-Crew herzlich für die großartige Mehr- und Zusammenarbeit bedanken. Wir buchen vor allem aktiv und nicht passiv. D.h. wir warten nicht bis diverse Agenturen Bands für diesen und jenen Zeitraum anbieten, sondern versuchen, die Acts, die wir wollen, direkt zu bekommen. Das ist oft nicht leicht, aber spannend. Bis zur Bestätigung der Bands können Monate vergehen. Aber manchmal geht es auch sehr schnell. Da reichen dann zwei Mails. Dann kommt natürlich die Promo-, Presse-, Kommunikations-, Kooperations-, Sponsoringarbeit dazu. Die Verträge und die diversen Rider der Bands müssen ja auch noch abgearbeitet werden. Vor Ort haben wir den Zeitplan so gestalten, dass die Bands zwischen grosser und kleiner Bühne immer abwechselnd spielen werden. Somit verpaßt man nichts. Vor dem Haus werden z.B. die TV Buddhas aus Israel am Donnerstag um 18 Uhr das Festival eröffnen.

Mit The Raveonettes (DK), Caribou (CAN), We Have Band (UK), Frittenbude (D), Schwefelgelb (D), Shitdisco DJ Set (UK), TV Buddhas (ISR) kommen hochkarätige Bands, die teilweise schon beim “Yeah!Club” waren. Wie viel Vorlauft braucht man für so ein Festival?

Das sind natürlich Hochkaräter für eine kleine Stadt. Wir haben ja noch nie ein Festival organisiert und das “Stuck!” ist komplett neu. Ganz konkret mit dem Arbeiten haben wir im Jänner angefangen. Wir wissen jetzt aber (sofern es das “Stuck!” weiter gibt), dass wir für 2011 schon im Herbst dieses Jahres anfangen müssen. Ein neues Festival mit neuem Namen muß sich erst etablieren. Es muss ein Image aufgebaut werden. Mit dem Line-Up sind wir sehr zufrieden, es ist ziemlich spektakulär für Salzburg und für die geringe Kapazität die wir haben.

Was sind eure Erwartungen?

Hervorragende, neue, zeitgenössische und innovative Bands – weit weg vom Mainstream. Tolle Fans, Party, Hirnorgasmus bei Caribou, guten Besuch und Frieden!

Das Motto „STUCK! In The Future Of Music“ kann ja zwei bedeuten: Einerseits den Wunsch, das Festival zu einer etablierten Grösse für kommende Festival-Sommer zu machen und zweitens die Annahme, dass es immer noch eine “Future Of Music” gibt. Jetzt gibt es zwar seit Jahren einen Boom an Live-Konzerten, aber dennoch auch ein ewiges Gerede vom “Ende der Popmusik”, von der “Krise” einer ganzen Branche. Wie siehst du das?  

Die Krise betrifft die Industrie. Der Markt scheint derzeit übersättigt zu sein. Es werden kaum noch CDs verkauft. Deshalb ist ja auch die Menge an Konzerten so explodiert, weil die Bands heute versuchen mit Auftritten Geld zu verdienen. Das hat den Vorteil, dass es eine grosse Menge an guten Acts gibt. Aber auch den Nachteil, dass die Bandgagen, vor allem während der Festivalsaison, stiegen. Der Wunsch das “Stuck! Fetsival” zu einer etablierten Grösse zu machen ist sicher da. Wir schauen uns das heuer ganz genau an. Natürlich brauchen wir einen guten Besuch, damit wir uns kein finanzielles Eigentor schiessen. Das hängt aber von vielen Faktoren ab und ist gerade beim ersten Mal nicht einfach. Der Slogan „In The Future Of Music“ ist aber schon bewußt gewählt. Wir wollen damit auf die Frische der Bands hinweisen. Das Festival muß nicht grösser werden, es soll sich gesund und bescheiden entwickeln, ohne Gier und Überheblichkeit. Nach dem Festival sehen wir dann weiter.

Es gibt mit Acts wie Steaming Satellites, Le Tamtam, Sex Jams, The Tangerine Turnpike, Bad Reverb, Katapher, Riot Radio, Koexx, The Integrals, Analogism DJ Set, Allen Alexis DJ-Set, Precious K, Marky Mushroom, YC DJ-Team eine überdurchschnittliche hohe Anzahl an heimischen und lokalen Acts. Siehst du das Festival auch als Treffpunkt von MusikerInnen? Oder geht es primär um Konzerte, Party und eine gute Stimmung?

Es geht genau um das alles. Und es ist uns sehr wichtig und war für uns bei der Planung selbstverständlich und enorm wichtig, junge österreichische Bands und DJs im Programm zu haben. Wo sonst, als in Österreich sollen diese KünstlerInnen zuerst spielen?

Gibt es schon Pläne für das nächste Jahr?

Ja. Aber wir halten den Ball flach und wollen jetzt mal ein schönes Festival erleben und dann sehen wir weiter.

Danke für das Gespräch.

Link:
Rockhouse