Sirene Operntheater: „Die Verbesserung der Welt“

„Die Verbesserung der Welt“ nannte SIRENE OPERNTHEATER sein Festival, das von September bis November 2020 in den F23.wir.fabriken in Wien über die Bühne ging. Für die sieben dabei zur Uraufführung gebrachten Kammeropern vergab sirene Operntheater Aufträge an Autorinnen und Autoren sowie Komponistinnen und Komponisten, um sich mit je einer der sieben Tugenden auseinanderzusetzen. Was insbesondere in Bezug auf das Wort Barmherzigkeit, auf das die Tugenden zurückgehen, antiquiert anmuten mag, entfaltete auf mehrfache Weise unmittelbarer Bezüge zur Gegenwart – denn die Aufführungen zeitgenössischen Musiktheaterschaffens, die an sich schon neu sind, sollten auch aktuelles Zeitgeschehen aufgreifen. Darüber hinaus wurden die Aufführungen mit Gesprächsreihen über Gemeinwohl und Ausstellungen kombiniert. Von sämtlichen sieben Opern stehen nun die Mitschnitte zur Verfügung.

Über die Entstehungsgeschichte und die Gedanken dazu sprachen Kristine Tornquist und Jury Everhartz von sirene Operntheater letztes Jahr im mica-Interview, lesen Sie dieses hier noch einmal nach.

Die Verbesserung der Welt. ein Kammeropernfestival in sieben Runden

die Toten begraben
EWIGER FRIEDE
Text. Dora Lux – Musik. Alexander Wagendristel
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Eine Frachtkiste wird ins russische Bestattungsinstitut geliefert. Es handelt sich dabei um Cargo200, so die Bezeichnung für militärische Tote. Die beiden Bestatter verständigen die Witwe und machen sich auf ihre übliche Arbeit gefasst. Doch dieser Tote, stellt sich heraus, ist kein gewöhnlicher Fall, denn er ist in einem Krieg gefallen, den es nicht gibt. Derart geleugnet von der Staatsmacht sieht die Witwe keinen bedarf an einem Begräbnis und der Leichnam aus dem Sarg.

Die Nackten bekleiden
ELSA
Text. Irene Diwiak – Musik. Margarete Ferek-Petric
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Drei halbwüchsige Schüler wetten, wer von ihnen über die Ferien eine Frau dazu bringt, sich auszuziehen. Ein Foto soll es beweisen. der verwöhnte Nicolas löst diese Aufgabe wie gewohnt mit Geld. Er überredet die verschuldete Putzfrau Elsa, sich gegen Bezahlung vor ihm auszuziehen und fotografieren zu lassen. Eine moderne Paraphrase zu Schnitzlers Fräulein Else.

Den Durstigen zu trinken geben
DURST
Text. Kristine Tornquist – Musik. Julia Purgina
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Die kongolesischen Bauern Rosine und Mamadou haben ihre Kuh verloren – sie hat das Wasser des Flusses getrunken, in den die Kobaltmine ihre Abwäser leitet. Von der Mine ist keine Entschädigung zu bekommen, deshalb gehen sie zum traditionellen Zauberer, der ihnen verspricht, das Ungleichgewicht wieder zurechtzurücken, den Fluss zu reinigen und den Bauern ihre Kuh wiederzubeschaffen.

Die Fremden aufnehmen
DER FREMDE
Text. Martin Horváth – Musik. Gerhard E. Winkler
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Ein Fremder bittet um Unterschlupf. Der Vater der Familie nimmt den Fremden auf, er beruft sich auf das Gesetz der Nächstenliebe. Der Sohn ist empört, denn das Beherbergen eines Fremden ist gegen das Gesetz. Die Mutter ist von der fremden Kultur irritiert und mag vor allem nicht, dass der Fremde und die Tochter sich näherkommen. Die blinde Tochter allein sieht den Fremden mit den Augen des Herzens – vorurteilslos und mitfühlend.

AMERIKA
Text. Antonio Fian – Musik. Matthias Kranebitter
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Die Ärzte sind besorgt, die beiden alten Patientinnen leiden an einer Infektion. Frau Hinterleitner isst nichts mehr. Und Frau Obermaier ist verwirrt und phantasiert. Nur der Besuch ihres Sohnes, eines erfolgreichen Kochs in Amerika, von dem sie immerfort spricht, könnte ihr helfen. Doch der Sohn ist nicht aufzufinden. So wird ein junger Koch aus Ottakring überredet, für Frau Obermaier den Sohn zu spielen.

Den Hungrigen zu essen geben
IKARUS
Text. Thomas Arzt – Musik. Dieter Kaufmann
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Victor, der junge Produktentwickler der Firma Ikarus, hebt ab. Auf seinem Höhenflug verliert er den Boden unter den Füssen: weder hat er Zeit für seine schwangere Freundin Marie und seinen Freund Alexander, noch für den Bettler, der vor dem Eingang des feinen Restaurants, in dem Victor mit seinen Geschäftspartnern diniert, hungert. Doch als die Erfolgskurve sinkt und Victor zur Umkehr oder vielmehr zum Absturz zwingt, findet er sich zuletzt gerade dort – als hungriger Habenichts vor der verschlossenen Tür.

die Gefangenen besuchen
VERWECHSLUNG
Text. Helga Utz – Musik. Thomas Desi
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Der junge Gustav sehnt sich nach Freiheit, er kritisiert das System der DDR. Als Systemfeind wird festgenommen. Während sein Vater hilflos verzweifelt, macht sich seine verwirrte Grossmutter auf, um Gustav im Gefängnis zu besuchen. Ihr Besuch erscheint den Beamten verdächtig und Gustav wird verprügelt. Er landet schwer verletzt in der Krankenstation des Gefängnisses bei der sanften Krankenschwester Pauline.