„Setz du dich doch!“ – KEKE im mica-Interview

„Who is KEKE?“, fragten sich so manche, als die Künstlerin fast wie aus dem Nichts auf den virtuellen Bildflächen erschien. Ein paar Antworten: KEKE aka KIARA HOLLATKO ist Anfang zwanzig, die eigentlichen musikalischen Wurzeln wurden im Jazzstudium begraben, nun macht sie Rap. Erst kürzlich erschien die Debütsingle „Donna Selvaggia“ auf dem Universal-Ableger „MOM I MADE IT“, eine Titel-Referenz, die zuletzt im vergangenen Jahrhundert von Songwriter LUCIO BATTISTI mit viel Herzblut besungen wurde. Mit Ada Karlbauer sprach KEKE darüber, einen Gegenpol zu sexistischen Texten zu bilden, sowie über den wiederkehrenden Vorwurf der Heuchelei, des nervigen Feminismus und eine absolute musikalische Lovestory.

Who is KeKe?

KeKe: Es fing eigentlich alles so an, dass ich ein Proberaumvideo gemacht habe, ein Cover von London Grammar, das war eigentlich eine Ballade. Ein Bekannter von mir hat das dann kidkut geschickt, der A&R-Manager bei „Universal Music“ und Gründer des Labels „MOM I MADE IT“ ist. Er hat vorgeschlagen, dass wir uns zusammensetzen, und hat mir erklärt, was er so ungefähr vorhat. Danach hab ich angefangen, mit Shawn the Savage Kid zu arbeiten, das war einfach eine absolute musikalische Lovestory. Ich habe durch ihn musikalisch so enorm viel dazugelernt, er unterstützt mich wirklich intensiv.

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Wie kam es von dieser ursprünglichen Coverballade zum Rap als Form?

KeKe: Ich komme eigentlich aus dem Jazz und studiere das auch. Nach kurzer Zeit wurde ich gefragt, ob ich probieren wolle zu rappen, und ich dachte mir: „Why not?“ Es hat einfach funktioniert. Ich finde es nach wie vor sehr eigenartig, wenn mich Leute als eine Rapperin bezeichnen. Ich fühle mich nicht so, als hätte ich den credit, mich so zu nennen: Ich bin Sängerin. Es macht aber Spaß und ich denke, dass gut werden wird, wenn ich dranbleibe.

Die Debütsingle mit dem fast ikonischen Titel „Donna Selvaggia“ erschien erst kürzlich auf „MOM I MADE IT“.  Welche Gedanken standen dahinter?

KeKe: Es gibt einen Rapper in der österreichischen Szene, der in einem seiner Texte gesagt hat: „Mädchen setz dich.“ Davor kommt auch etwas ziemlich Schirches. Das hat mich damals ziemlich irritiert und wütend gemacht. Ich dachte mir: „Alter, wer bist du überhaupt?! Setz du dich doch!“ Don‘t get me wrong: Ich hasse nicht jeden Mann, der rappt, ganz im Gegenteil! Mir ist und war es in dem Moment einfach wichtig, ein Gegenpol zu all den sexistischen Texten zu sein. Deshalb habe ich den Track „Donna Selvaggia“ geschrieben. Außerdem hatte ich einfach das Bedürfnis, die Frauen in meinem Leben zu feiern. Es ist alles sehr persönlich. Wenn ich mich selbst nicht mit meinen Inhalten identifizieren kann, dann kommt nur Scheiße raus.

„Es verletzt mich nicht, wenn Leute mich als ‚nervige Feministin‘ bezeichnen.“

Keke (c) Max Matschnig

Wie nehmen Sie die aktuelle Hip-Hop- und Rap-Szene insgesamt wahr?

KeKe: Ich merke einfach, dass man als Frau ganz anders und viel unfairer beurteilt wird. Dinge werden kommentiert, die jemanden normalerweise gar nicht tangieren sollten. Beim Rap handelt es sich um eine extrem männerdominierte Szene und das gehört einfach wirklich geändert. Ich habe mich auch gefreut, kürzlich bei SISTERS einen Gig mit ANTONIA XM zu spielen. Ich finde es supercool, mit einer DJane zusammenzuarbeiten, aber wir sind so in der Unterzahl. Es ist streckenweise einfach nicht so fein. Es muss ein anderes Bewusstsein geschaffen werden, man muss sich auch zu trauen, unangenehm zu sein. Es verletzt mich nicht, wenn Leute mich als „nervige Feministin“ bezeichnen, ich denke mir dann einfach nur: „Schatzi, du musst halt ein bissl drüber nachdenken.“

Einige Male wurde mir nach dem Release von „Donna Selvaggia“ vorgeworfen, dass ich eine Heuchlerin bin. Weil ich einen Song von so einer badass woman rausbringe, obwohl ich eigentlich super neurotisch und ängstlich bin. Ich denke mir dann nur: „Leute, das ist der Punkt.“ Ich kann als jemand, der viel durchgemacht hat, genauso badass sein. Das macht einen bis zu einem gewissen Grad stärker, denn dieser Vorwurf ist einfach so hohl.

Deutsch als Sprache ist bereits seit längerer Zeit angesagt, überschreitet inzwischen chronisch die heimische Ländergrenzen.

KeKe: Ich feiere das mit der deutschen Sprache auch echt. Zu Beginn habe ich nie auf Deutsch geschrieben, fand es sogar eigenartig. Mittlerweile liebe ich das, ich finde, man kann mit Deutsch sehr viel machen.

Möglicherweise geht es in diesem Zusammenhang auch mehr um die Rhythmen, den Vibe insgesamt, weniger um den konkreten Sinn der benutzen Worte.

KeKe: Mein Vater versteht beispielsweise kein einziges Wort meiner Texte, nichts. Ich kann auch noch viel mehr slacken, ich habe es für meine Verhältnisse eigentlich ziemlich deutsch ausgesprochen, ich würde aber auch nicht wollen, dass es superklar ist.

Welche Künstlerinnen und Künstler haben einen besonderen Einfluss auf Ihren musikalischen Output?

KeKe: Travis Scott ist schon huge für mich. Princess Nokia und IAMDDB auch. Ich höre auch viel FKA Twigs und Kelela. Florence and the Machine hat zwar auf den ersten Blick überhaupt nichts mit mir zu tun, aber ich liebe diese Frau und höre ihre Alben seit Jahren rauf und runter. James Blake ist auch important.

Wie wesentlich sind Gedanken an den großen internationalen Erfolg?

KeKe: Ich denke da gar nicht drüber nach, ich arbeite mich von Tag zu Tag. Ich bin so neu in der österreichischen Musikszene, ich lerne das alles erst kennen, aber es sind schon viele coole Sachen dabei. In den letzten Jahren ist sehr viel weitergegangen, nicht nur österreichweit, sondern auch international. Grundsätzlich feiere ich einfach gute Musik und freue mich auf alles, was kommt.

Herzlichen Dank für das Gespräch!

Ada Karlbauer

 

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