Mitte Mai in Wien, der Himmel ist dunkel und die Stimmung düster – passend zum Sound des zweiten Albums, das ZACK ZACK ZACK am 26. Mai via Trost Records veröffentlicht. Im Studio in einem Keller im 6. Wiener Gemeindebezirk treffen sich Yigit Bakkalbasi und Cemgil Demirtas mit Katharina Reiffenstuhl zum Gespräch und reden über österreichische Politik, Mehrsprachigkeit in der Musik und die Entstehung von „Album 2“. Ihrem Stil sind sie dabei treu geblieben.
Was hat euch nach Wien geführt?
Cemgil Demirtas: Wir sind fürs Studium nach Wien gekommen. Kennengelernt haben wir uns erst in Wien durch einen gemeinsamen Freund, obwohl wir beide aus Izmir, also aus der Türkei sind. Wir haben da zusammen an einem Indie-Film gearbeitet.
Yigit Bakkalbasi: Das war ein DIY-Projekt, wo Cemgil für das Licht und ich für den Ton zuständig war. Cemgil war zu dieser Zeit an der Kunstschule Wien und hatte dort ein Projekt.
Cemgil Demirtas: Ein Performance-Projekt. Man konnte da vieles machen, ich habe Experimentalmusik gewählt. So haben wir begonnen, Musik zu machen.
Euer Bandname hängt mit der österreichischen Ibiza-Affäre zusammen. Wieso habt ihr den gewählt?
Cemgil Demirtas: Das hatte zwei Gründe: Erstens steht “Zack Zack Zack” für Schnelligkeit. Es ist Schritt für Schritt, aber schnell – so wie unsere Musik.
Yigit Bakkalbasi: “Zack Zack Zack” gibt es nicht auf Englisch oder Türkisch zum Beispiel. Das ist etwas Österreichisches, eine österreichische Aussage quasi. Daran wollten wir anknüpfen. Und damals war eben diese Ibiza-Affäre sehr präsent.
Wollt ihr mit eurer Musik politisch sein?
Cemgil Demirtas: Ja. Wir sind generell politisch, aber in jedem Lied zu etwas anderem. Jeder Mensch ist ja im Endeffekt automatisch ein bisschen politisch.
Yigit Bakkalbasi: Ich würde sagen, wir sind indirekt politisch. Das ist ja auch immer eine Frage der Perspektive. Wenn du ein FPÖ-Wähler bist, dann hast du einen ganz anderen Zugang dazu.
Ich nehme mal stark an, das seid ihr nicht.
Yigit Bakkalbasi: Natürlich nicht. (lacht) Wir kommen aus der Türkei, machen internationale Musik mit internationalen Leuten. “Zack Zack Zack” ist in der Hinsicht auch eine Reflexion darauf, was wir nicht sind.
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Wie ist die Musik bei euch im Heimatort in der Türkei?
Yigit Bakkalbasi: Unsere Musik ist mit Sicherheit durch türkische Musik beeinflusst, das, was wir in unserer Kindheit gehört haben und so weiter. Da kann man sich vieles abschauen.
Cemgil Demirtas: Diese dunklen und düsteren Lyrics, die wir haben, kommen auch aus der türkischen Musik, das ist eine gute Inspiration für uns.
Ihr wechselt zwischen türkischen und deutschen Texten. Woran macht ihr fest, welche Sprache für welchen Song passend ist?
Cemgil Demirtas: Falls ein Lied gut auf Deutsch klingt, dann wird es Deutsch. Sonst eben Türkisch. Das probieren wir aus. Manchmal haben wir auch vorher schon einen fertigen Text in einer bestimmten Sprache und verbinden den dann einfach mit dem Lied. Es ist auch so, dass ich an Tagen, wo ich viel Deutsch spreche, auch eher auf Deutsch schreibe. “Disco Traurig” war am Anfang zum Beispiel türkisch. Dann haben wir diesen Text für “Bütün” verwendet.
„WIR MACHEN MUSIK UND DAS IST EIN KUNSTPROJEKT, ES KANN ALLES ENTHALTEN SEIN“
Wart ihr von Beginn an in diesem Goth-/Punk-Genre drin oder hat sich das mit der Zeit verändert?
Cemgil Demirtas: Das ist mit der Zeit gekommen. In Wien spürt man jeden Tag dieses Düstere, vor allem im Winter.
Yigit Bakkalbasi: 100 Prozent. Es ist Wien. (lacht) Aber im Endeffekt haben wir uns nie in Goth oder Punk eingeordnet, das sagen unsere Fans. Wir machen Musik und das ist ein Kunstprojekt, es kann alles enthalten sein.
Euer Sound hat was sehr Eigenes, was euch auch einen hohen Wiedererkennungswert zuspricht. Ist euch das wichtig, aus der Masse herauszustechen?
Cemgil Demirtas: Sicher.
Yigit Bakkalbasi: Wir wollten etwas Neues machen. Eine Kombination aus Klischee und etwas Neuem. Dieses Neue kommt vielleicht auch durch unsere türkischen Wurzeln. Es ist jetzt eine Mischung aus Oriental, 80s-Sound, Italo Disco, Boogie und Postpunk. All diese Genres haben bestimmte Merkmale, und wir haben von allem ein bisschen.
Cemgil Demirtas: Und wenn du dich sehr auf ein Klischee fokussierst, bekommst du etwas Neues und Besonderes meiner Meinung nach. Warum sollten wir die Welt nochmal ganz neu entdecken? Es gibt schon genug und davon kann man sich inspirieren lassen und etwas Eigenes daraus machen.
Wie ist euer allererster Song entstanden?
Cemgil Demirtas: Das war Kunst. Es war ein Experiment.
Yigit Bakkalbasi: Dabei ist auch der Name ZACK ZACK ZACK entstanden. Da haben wir ein Sample von Strache gemacht, wo er das sagt. Aber sehr Lo-Fi.
Also etwas genommen, was bereits existiert, und etwas Neues daraus gemacht.
Cemgil Demirtas: Genau.
„‘ALBUM 2‘ IST ÄRGERLICHER“
Was könnt ihr generell zu eurer Entwicklung seit dem ersten Album sagen?
Cemgil Demirtas: Musikalisch gar nicht so viel. “Album 2” ist ärgerlicher. (lacht) Wir haben diese Lieder natürlich nicht letzte Woche geschrieben. Das hat jetzt auch fast zwei Jahre Produktionszeit gebraucht, und wenn man mal ein bisschen verärgert ist, dann schreibt man ausdrucksstarke Lieder.
Yigit Bakkalbasi: Aber prinzipiell gibt es keinen großen Unterschied zwischen den beiden Alben. Es ist einfach stärker.
Cemgil Demirtas: Tanzbarer.
Tanzbar. Das liest man oft über euch.
Cemgil Demirtas: Man kann nicht zu jedem Teil unserer Lieder tanzen. Aber trotzdem gibt es viele Stellen, zu denen das gut geht.
In der Szene seid ihr sehr international unterwegs. In welchen Ländern seid ihr dieses Jahr noch zu sehen?
Yigit Bakkalbasi: Rumänien, Deutschland, Österreich, in der Schweiz. Vielleicht auch in Türkei. Frankreich auch, aber das ist glaube ich erst nächstes Jahr.
In welchem Land würdet ihr gerne mal auftreten?
Cemgil Demirtas: Japan.
Yigit Bakkalbasi: Mexiko.
(Alle lachen).
Warum Japan, warum Mexiko?
Cemgil Demirtas: Das könnte interessant sein. Ich weiß, dass es in China und Japan viel Experimentalmusik gibt. All diese Synth-Sounds kommen ja auch ursprünglich aus Japan.
Yigit Bakkalbasi: Mexiko wegen der Crowd. Die sind da crazy, hört man zumindest.
Auffällig ist auch eure Schwarz-Weiß-Ästhetik. Mit welchem Hintergrundgedanken habt ihr euch für die entschieden?
Cemgil Demirtas: Es gibt mehrere Gründe. Der erste ist der Kontrast, den wir mögen. Und zweitens: Schwarz ist gut. In der Architektur spielt schwarz auch eine sehr große Rolle. Da gibt es irgendwo auch eine Verbindung zu unserer Musik. Schwarz, weiß, grau ist einfach eine schöne Kombination.
War Architektur Teil deines Studiums?
Cemgil Demirtas: Ja. Ich habe in der Türkei Bauingenieurswesen studiert und in Wien dann Raum und Design. Deswegen habe ich auch ein bisschen diesen Zugang zur Kunst.
Yigit, was hast du studiert?
Yigit Bakkalbasi: Ich studiere immer noch, mittlerweile im 20. Semester. Ich studiere Theater-, Film- und Medienwissenschaft an der Uni Wien. Ich habe nie genug Zeit, um es zu absolvieren. Danach möchte ich mich auf Multimedia konzentrieren. Ich möchte nicht nur eine Sache machen, also auch nicht nur Musik.
„ES IST EINE SEHR INTERESSANTE FREUNDSCHAFT, DIE WIR HABEN“
Wie regelmäßig seid ihr hier im Studio und produziert?
Cemgil Demirtas: Dreimal in der Woche ungefähr.
Yigit Bakkalbasi: Ich ein bisschen mehr, denke ich. So um die 20 Stunden.
Das heißt, ihr arbeitet getrennt?
Cemgil Demirtas: Manchmal. Ich fange meistens an, Demos zu machen und bringe die dann zu ihm. Yigit macht da dann weiter und mixt die erste Version daraus.
Yigit Bakkalbasi: Oder wir machen Jams, bei denen wir beide gleichzeitig etwas spielen und aufnehmen. Das klappt ab und zu auch gut. Manchmal ist er auch alleine hier und ich sitze in Izmir mit meinem Laptop und wir schicken und gegenseitig Samples hin und her. Es ist eine sehr interessante Freundschaft, die wir haben.
Ist das manchmal schwierig für euch, befreundet zu sein und gleichzeitig miteinander zu arbeiten?
Beide: Ja. (lacht)
Cemgil Demirtas: Jedes Mal möchte einer was hinzufügen und der andere möchte das nicht.
Yigit Bakkalbasi: Wir sind zwei Personen, also bei uns gibt es keine Demokratie. Deshalb fragen wir oft die Leute in unserem Umfeld. So funktioniert das.
Danke für das nette Interview!
Katharina Reiffenstuhl
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Live:
Album Release-Show, 15.6.2023, Chelsea
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