Schönberg Center: Werke von Erich Urbanner und einigen von dessen Schülern mit dem Ensemble Lux (Nachbericht)

Unter Patronanz der Österreichischen Gesellschaft für zeitgenössische Musik (ÖGZM) gab es im Arnold Schönberg Center gestern, Mittwoch, ein Kammerkonzert, das das Streichquartett des Ensemble LUX bestritt. Zwei von dessen Mitgliedern (Julia Purgina, Thomas Wally) sind auch Komponisten. Gespielt wurden, neben Werken von Schubert und Schönberg, Stücke von Gerhard Schedl, Roman Pallowek, Julia Purgina – allesamt einst Schüler von Erich Urbanner, dessen 4. Streichquartett am Ende des Abends erklang. Mit Erich Urbanner ist in den nächsten Wochen ein mica-Interview geplant.

Das 2004 gegründete Ensemble Lux, das im Kern aus Streichsextett und Klavier besteht, ist Ensemble in residence der Saison 2009/10 der ÖGZM und tritt vor allem auch oft als Quartett Lux in Erscheinung (mit Bojidara Kouzmanova und Thomas Wally, Violine, Julia Purgina, Bratsche und Mara Kronick, Violoncello). Das Programm im Schönberg Center wollte Verbindendes aufzeigen: Kontinuität in der Wiener Musiktradition (von Schubert über Schönberg bis zur Urbanner und Schedl), und auch Beispiele für die Weitergabe dieser Tradition von einem Lehrer an seine Schüler: Sowohl Gerhard Schedl wie auch Roman Pawollek und Julia Purgina erhielten ihre Ausbildung als eigenständige Komponisten durch Erich Urbanner.

Eröffnet wurde der Abend mit dem berühmten Andante con moto aus dem Streichquartett „Der Tod und das Mädchen“ von Franz Schubert,  auf das sich der vor 10 Jahren durch Feitod aus dem Leben geschiedene Gerhard Schedl in seinem für das Alban Berg-Quartett komponierte 2. Streichquartett 1986 direkt bezog. Die „romantische Paraphrase“ nimmt vor allem Bezug auf das Schubert-Lied mit dem Text von Matthias Claudius. Im ersten Teil folgt sie notengetreu der Schubertschen Vorlage, die aber rhythmisch so modifiziert ist, dass sie als Zitat kaum zu erkennen ist („Vorüber, ach vorüber, geh wilder Knochenmann!“ im Cello). Den Part des Todes übernimmt dann die Bratsche mit „herberem, aber doch warmen Ton“ (Schedl). Im zweiten Abschnitt des Quartetts drängte sich Gerhard Schedl das Bild von Egon Schiele auf: „Das Mädchen gibt sich dem Tod hin, umarmt ihn, liefert sich aus …“
Auch Arnold Schönbergs Streichtrio op. 45 (1946) – ganz exzellent gespielt (!) – hat mit Tod und Krankheit zu tun, von der der Komponist 1946 langsam genas.

Roman Pawollek (dzt. auch im ÖGZM-Vorstand) komponierte sein Streichquartett bereits 1971, 2009 fertigte er davon eine Neufassung. Leere Saiten und deren Flageolett-Obertöne bilden für sein Stück das Ausgangsmaterial. Die „seelisch-emotionalen Zustände des Stücks bewegen sich zwischen den Polen Liebe und Angst“.

Julia Purginas „Lunarium“ für Violoncello solo ist das erste dreier Solostücke (dann auch für Viola sowie Kontraforte, einer Weiterentwicklung des Kontrafagotts), die 2009 entstanden sind. (Ur)aufgeführt wurde es von Maria Frodl (u. a. Mitglied im ensembe reconsil) in Wels und beim Komponistenforum Mittersill. Die seit 2003 in Österreich lebende Cellistin des Ensemble LUX Mara Kronick spielte diese durch große Sprünge und vielfältige technische Anforderungen gekennzeichnete Solo-Musik nicht minder hervorragend.

Erich Urbanner (geb. 1936 in Innsbruck) ist einer der großen Ermöglicher und Mentoren der Neuen Musik in Österreich, er selbst studierte bei Karl Schiske und Hanns Jelinek Komposition, bei Hans Swarosky Dirigieren und war 1957-1960 Besucher der Internationalen Ferienkurse Darmstadt (bei Wolfgang Fortner, Karlheinz Stockhausen, Bruno Maderna). Auch er widmete sein 1991 und 1992 entstandenes  4. Streichquartett dem Berg-Quartett. „Die Zahl 7 spielt in diesem Quartett eine wesentliche Rolle, denn im siebten Abschnitt von  A werden sieben Ausdrucksvarianten für die sieben Teile des gesamten Zyklus solistisch entwickelt“ (Urbanner).

Im vergangenen Jahr feierte die Österreichische Gesellschaft für zeitgenössische Musik (ÖGZM), die laut Statuten Komponisten, ausübende Musiker, Musikwissenschaftler, Kritiker und Musikfreunde in ihren Reihen vereint, 60. Geburtstag. Wichtigste Zielsetzung der Gesellschaft war von Anbeginn an, für die Interessen zeitgenössischer Musikschaffender einzutreten, insbesondere durch Anregungen und Vermittlungstätigkeit sowie Aufführung ihrer Werke. Mit einem Festkonzert im Musikverein wurde im Oktober 2009 mit dem Ensemble LUX das Jubiläum begangen. Auf dem Programm standen Werke von Alfred Uhl, Friedrich Cerha,   Thomas Wally, Marcel Rubin, Sonja Huber (Der Mann, der Erdrutsche sammelte für Sopran und Ensemble (Uraufführung)) und Kurt Schwertsik.

Eines der ersten Konzerte der Gesellschaft war übrigens1949 Im Brahms-Saal. Auf dem Programm standen damals Werke von Felix Petyrek, Ernst Ludwig Uray, Raimund Weissensteiner oder Rudolf Jettel (mit der läsvereinigung der Wiener Philharmonker). Julius Patzak (Tenor) und Erik Werba (Klavier) interpretierten Lieder aus Ernst Kreneks „Reisebuch aus den österreichischen Alpen (hr)


Programm Hauskonzert ÖGZM am 16. März 2010:

Dienstag, 16. März 2010, 19.00 Uhr,  Haus der Komponisten 1030 Wien, Ungargasse 11 (2. Stock)
HAUSKONZERT
Sylvie Lacroix: n. n. für Flöte solo (Uraufführung)
Periklis Liakakis: Mòrph:eus für Barockoboe und Elektronik (Uraufführung)
Julia Purgina: n.n. für Viola solo
Silvia Sommer: ausgewählte Werke für Klavier solo
Rene Staar: Ständchen & Sitzchen – Ernst Krenek zum 85. Geburtstag für Violine solo & Klavier solo
Alexander Wagendristel: time/line für Flöte solo

Sylvie Lacroix . Flöte | Periklis Liakakis . Live-Elektronik |Julia Purgina . Viola | Silvia Sommer . Klavier | Rene Staar . Violine und Klavier | Alexander Wagendristel . Flöte | Elisabeth Baumer . Barockoboe