Ripoff Raskolnikov – Lenin Street

Ripoff Raskolnikov ist, und das kann man nach inzwischen zahlreichen erstklassigen Veröffentlichungen und wahrscheinlich unzähligen Konzerten sagen, so etwas wie eine Legende. Zumindest im Kreise derer, die Musik hoher Qualität und mit viel Tiefgang zu schätzen wissen. Er ist ein Liedermacher, der so klingt, als stamme er aus dem tiefsten Süden der USA, der den Blues regelrecht in sich aufgesaugt hat und diesen auch in der höchsten Kunst ungemein gefühlvoll zu zelebrieren weiß. Mit „Lenin Street“ (Lindo Records) erscheint Mitte Mai das nunmehr elfte Album des in Graz lebenden Künstlers. Mehr noch als zuvor wendet sich Ripoff Raskolnikov in seinen neuen Stücken dem Singer-Songwriting zu, was seiner musikalischen Sprache aber bestens ansteht. Zum überwiegenden Teil alleine mit der Gitarre in der Hand, lässt er stimmungsvollste Songs entstehen, die gerade wegen ihrer Zurückhaltung und Reduziertheit enorm viel Atmosphäre entwickeln. Live erleben kann man den Liedermacher am 3. Mai in der Brücke in Graz.

Es gibt sie doch, jene Musiker, die es auch ohne Anbiederung an irgendwelche Trends oder Strömungen und ohne jeglichen Medien-Hype schaffen, sich erfolgreich zu behaupten. Ripoff Raskolnikov verfolgt seit Anbeginn seiner musikalischen Karriere einen eigenen Weg, einen, der vor allem von höchster Authentizität geprägt ist. Mit Herz und Seele sich ganz dem Blues verschrieben, wandelt der überwiegend in Graz lebende Liedermacher in den Fußstapfen von Ikonen wie Bob Dylan oder Harry Chapin, ohne aber diese in irgendeiner Form zu kopieren. Seine Stücke haben eine ganz eigene Note, auch deswegen, weil er sich im Stil deutlicher als die Genannten dem traditionellen Blues der 1930er Jahre zuwendet. Mit eleganter Zurückhaltung und befreit von jedem Pathos und erschafft sich der in seinem Auftreten sehr charismatisch wirkende Ripoff Raskolnikov sein eigenes dezentes Klanguniversum, welches, und das ist das faszinierend Schöne an diesem, von wirklich zeitloser Natur ist.

 

Die insgesamt 12 Stücke des neuen Albums „Lenin Street” sind eine Ansammlung von Geschichten über das Leben, von Ereignissen und Erlebnissen, welche sich alltäglich allerorts zutragen können. Dem Liedermacher geht es vor allem darum, mit seinen Songs Gefühle zum Ausdruck zu bringen und Emotionen zu erwecken. Was ihm auch vortrefflich gelingt. Die Musik scheint lebendig, sie atmet die Melancholie und den Blues, ohne dabei aber irgendwie erzwungen oder bemüht zu wirken. Und genau in diesem Punkt zeigt sich auch die große Kunst des Ripoff Raskolnikov. Er lässt die Dinge ohne großen Firlefanz oder irgendwelche klischeebeladenen Gesten einfach geschehen. Seine Perfektion liegt in der Nichtperfektion, in der Natürlichkeit, welche vom ersten bis zum letzten Ton spürbar ist.

Mit „Lenin Street“ stellt der Singer-Songwriter unter Beweis, dass der Blues noch lange nicht tot ist, dass in diesem Stil immer noch Großes vollbracht werden kann. Auf jeden Fall sollten all jene, die sich für die hohe Kunst der Liedermacherei begeistern können, dieses Album einer intensiven Hörprobe unterziehen. Es lohnt sich. (mt)