Porträt: Wolfgang Muthspiel

Will man das musikalische Schaffen des international gefeierten und anerkannten österreichischen Jazzgitarristen Wolfgang Muthspiel sowie dessen Spiel in wenigen Worten zusammenfassen, wären diese wohl „vielseitig“, „innovativ“ und „virtuos“. Nähert man sich seinem Schaffen, wird eines schnell deutlich, hier ist ein Musiker am Werken, für den der Begriff „Berührungsangst“ ein Fremdwort darstellt. Musikalische Grenzen sind für ihn einfach da, um überschritten zu werden. Egal in welcher Formation oder Kontext  auch agierend, mit seinem unverwechselbaren, stilistisch extrem vielschichtigen Spiel erschafft der 1965 im steirischen Judenburg geborene und bereits mehrfach ausgezeichnete Instrumentalist eine höchst individuelle Klangsprache, in der technische Brillianz und Komplexität auf ganz wunderbare Art und Weise mit einer ungemeinen musikalischen Eleganz in Einklang gebracht werden.

Ein Festhalten an traditionellen Jazzstandards ist nicht wirklich das Ding von Wolfgang Muthspiel. Musik begreift der inzwischen mehrfach ausgezeichnete Gitarrist und Komponist (unter anderem erhielt er 1997 den Hans Koller Preis für den Musiker des Jahres und wurde 2003 zum Europäischen Jazzmusiker des Jahres gewählt) nicht als ein in voneinander unabhängige Segmente unterteiltes System, sondern als ein weites Feld, das es künstlerisch zu bearbeiten gilt. Es sind vor allem die ausgeprägte Offenheit gegenüber dem Neuen, der Hang zum Experiment sowie eine enorme Vielschichtigkeit, welche die oftmals genreübergreifenden Arbeiten des Gitarristen so sehr auszeichnen. Betrachtet man die vielen verschiedenen Projekte des Judenburgers, eröffnet sich ein enorm weites Feld an Stilen und Spielformen. Die Kunst, mit einer solch atemberaubenden Leichtigkeit durch die unterschiedlichsten musikalischen Welten zu wandeln, beherrschen nur wenige so meisterlich, wie es der österreichische Gitarrist tut.

Welche musikalische Breite Wolfgang Muthspiel, der seit 2005 als Gastprofessor an der Universität in Basel unterreichtet, tatsächlich in der Lage ist, an den Tag zu legen, beweisen seine durch die Bank hoch interessanten Projekte, wie etwa das Duo „Friendly Travelers“ mit dem amerikanischen Schlagzeuger Brian Blade, das Wolfgang Muthspiel Quartett mit dem Schweizer Pianisten Jean-Paul Brodbeck, das Gitarrentrio MGT mit dem Australier Slava Grioryan und dem Amerikaner Ralph Towner, „drumfree“ mit den beiden Amerikanern Larry Grenadier und Chris Cheek, sowie seine sich ständig weiterentwickelnde Solo-Performance mit verschiedenen Gitarren und Loops.

Wolfgang Muthspiel – Double Blues by mica

Das Gefühl und das Verständnis für Musik bekommt Wolfgang Muthspiel als Sohn eines Chorleiters quasi in die Wiege gelegt. Mit sechs Jahren beginnt er Violine zu lernen, mit 15 Jahren Gitarre. Die Begeisterung für das freie Spiel, welche ihn in seinem Schaffen bis heute prägt, ist früh entfacht und führt ihn auch an die Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Graz, wo er klassische Gitarre wie auch Jazzgitarre studiert. 1986 zieht es den gebürtigen Steirer in die USA nach Bosten, um dort am New England Conservatory bei Mick Goodrick und David Leisner sein Spiel weiter zu verfeinern. Nach dem Abschluss führt ihn der Weg weiter an das international renommierte  Berklee College of Music, wo er sein Studium 1989 mit „Magna Cum Laude“ abschließt. Dort trifft er auch auf den amerikanischen Jazz-Vibraphonisten Gary Burton, der, begeistert vom außergewöhnlichen Können des Steirers, ihn sogleich auch überredet, als Gitarrist in seinem Quintett einzusteigen.

Von 1995 bis 2002 folgt die aus künstlerischer Sicht ungemein befruchtende und arbeitsintensive Zeit in New York. In den insgesamt sieben Jahren, die er in der amerikanischen Metropole verbringt, arbeitet der Gitarrist in den unterschiedlichen Projekten mit zahlreichen international renommierten KünstlerInnen wie etwa Trilok Gurtu, Dhafer Youssef, Youssou N`Dour, Maria Joao, Dave Liebman, Peter Erskine, Paul Motian, Marc Johnson, Bob Berg, Gary Peacock, Don Alias, Larry Grenadier, John Patitucci, Dieter Ilg und vielen anderen zusammen. In New York macht er auch Bekanntschaft mit der talentierten norwegischen Sängerin Rebekka Bakken, mit der er 2000 gemeinsam das Album „Daily Mirror“ aufnimmt. Die Veröffentlichung dieses mündet gleichzeitig auch in der Gründung seines eigenen Labels „Material Records“, das heute neben seinen eigenen Projekten auch Arbeiten anderer KünstlerInnen des Jazz- und Klassikgenres veröffentlicht.

Aber nicht nur als Musiker tut sich der 2002 nach Österreich zurückgekehrte Wolfgang Muthspiel hervor. Sein kompositorisches Können und seine Liebe zur zeitgenössischen Musik stellt er unter anderem für das Ensemble für Neue Musik/Zürich, das Klangforum Wien, das Bostoner Ensemble Marimolin und das österreichische Kunst- und Kulturministerium unter Beweis.

Es sind einfach die Vielzahl an Talenten, welche Wolfgang Muthspiel zu einen der bedeutendsten Musiker des Landes haben werden lassen. Egal ob nun als Solokünstler,  als Mitglied in einer Formation oder als Komponist, der gebürtige Steirer präsentiert sich als ein Künstler, der seiner Zeit oftmals einen Schritt voraus ist. Mit der Fähigkeit, sich in seiner Musik immer wieder neu zu erfinden, darf angenommen werden, dass man von dem Steirer auch in Zukunft viele spannende Sachen zu hören bekommen wird. (mt)

 

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