Klang-Künstler, Bild-Tüftler, unermüdlicher Kulturarbeiter, das sind Schlagwörter, mit denen man das mannigfaltige Oeuvre dieses ungeheuer vielseitigen Künstlers beschreiben könnte. Wie kaum ein anderer, setzt sich Richard – oder wie manche zu sagen pflegen – „Richie“ Klammer sowohl fächer-, genre-, als auch gattungsübergreifend mit unterschiedlichsten Bereichen der Musik, Malerei, bildenden Kunst und Theater auseinander, vermengt diese einmal mehr, einmal weniger und erschafft aus diesen gar diametralen kulturellen Ausprägungsformen stets ein homogenes und stimmiges Konglomerat mit einer klar erkennbaren „klammerschen“ Handschrift. Auffallend dabei ist die enorme „Quasi-Aufopferung“ der Kunst und Kultur willen, ohne sich jemals den gängigen Normen und kommerziellen Versuchungen anzubiedern.
Richard Klammer wurde 1964 in Obervellach, im nord-westlichen Teil Kärntens geboren. Namensgeber war der kurz vor seiner Geburt verstorbene Onkel, der ebenfalls in der örtlichen Blaskapelle an der Trompete zugange war. Neben seinem musikalischen Talent, das sich bereits mit sechs Jahren abzuzeichnen begann, wurde rasch klar, dass es mehr brauchte als nur die Musik, um seiner überquellenden Ideenvielfalt den nötigen Spielraum zu geben. In der Hauptschule angelangt, entdeckte der Zeichenlehrer die künstlerischen Fähigkeiten des jungen Klammer und brachte ihm eines Tages prompt die Anmeldeformulare für die damalige Kunstgewerbeabteilung der Ortweinschule in Graz. Ohne langes Zögern, meldete sich Richard Klammer an und legte so den Grundstein für seine weitere künstlerische Laufbahn. Mit 14 Jahren zog Klammer nun in das knapp 250km entfernte Graz, wo er 1984 die Matura abschloss, obwohl seine Eltern glaubten, er würde nicht mehr als zwei bis drei Monate so weit weg von zuhause durchhalten. Nicht nur, dass er ihnen das Gegenteil bewies, er legte im Anschluss noch weitere 200km oben drauf, um in Wien an der Akademie der bildenden Künste unter Prof. Prachensky zu studieren.
Seit 1992 wirkt Richard Klammer als freischaffender Maler und Musiker in Österreich, wobei er ungefähr seit der Jahrtausendwende sein Basislager wieder in seiner Heimat Kärnten aufgeschlagen hat. Der Grund für seine Rückkehr war jedoch nach wie vor kein Heimweh, sondern die Liebe zu seiner Frau Gerhild. Gemeinsam mit seinem leiblichen Sohn Felix und dem Sohn seiner Frau Sebastian bilden sie eine „richtige Patchworkfamilie“. Das Leben als freischaffender Künstler war und ist jedoch kein Zuckerschlecken wie Klammer aus eigener Erfahrung berichten kann. “Während andere Altersgenossen sich bereits häuslich eingerichtet hatten, bin ich oft am Existenzminimum dahingesiecht. Zeitweise habe ich im Atelier der Akademie geschlafen. Aber irgendwie ging und geht es sich immer aus”. Ans Aufhören und einem alltäglichen Brotberuf nachzugehen dachte Klammer aber nie, “Ich wollte nie etwas anderes als Künstler werden”.
Wendet man sich seinen musikalischen Aktivitäten zu so fällt auf, dass allen Projekten zumindest in gewisser Art und Weise etwas gemein ist. Und zwar der Hang zur Hermeneutik im Sinne der Auslegung, Neuinterpretation und Umdeutung bereits vorgegebener Musikstücke und Stile zu einem neuen Ganzen, gewürzt mit einer Prise Provokation und sozialkritischer Note. Wie man sich vorstellen kann, funktioniert dies nicht immer. “Wir probieren einfach. Wir nehmen ein Lied, das uns gefällt, und das wird gewälzt und geformt und gewälzt und geformt und es geht auf oder geht nicht auf. Wir machen das nicht auf dem Reißbrett, sondern wir proben coram publico, dann kriegt’s mit der Zeit auch einen eigenen Drive.“ Austragungsstätten dieser Prozesse sind die zahlreichen Projekte und Bands in denen Klammer mit gleichgesinnten MusikerInnen kontinuierlich für frischen Output sorgt und stilistisch in unterschiedlichen Mischungsverhältnissen um die Bereiche Jazz, Funk, Soul, Pop, Dub, Reggae, Dancefloor, Elektronik, sowie Gangsterfilmsoundtracks, mexikanischen Mariachi-Flair und Italowestern-Impressionen kreist.
Da wären zum einen frühere Formationen wie „Omnibus“, „Orchester 33 1/3“, „Quantett“ oder „Planet E“ zu nennen, mit denen teilweise auch der eine oder andere Tonträger veröffentlicht wurde. Zu seinen aktuellen Projekten zählen „The Talltones „ mit Stefan Gfrerrer am Bass und Primus Sitter an der Gitarre, sowie variierenden GastmusikerInnen wie u.a. Karen Asatrian, Michael Erian oder Emil Kristof, das „Trio Exklusiv“ das eigentlich kein Trio sein mag sondern ein Quartett mit Mex Wolfsteiner am Schlagzeug, Electronics und Keyboards, Franz Reisecker bzw. Florian Kmet an der Gitarre und Martin Zrost am Bass und Gebläse, „Fuzzman“ gemeinsam mit Herwig Zamernik, der vielen sicherlich als Mitglied der Band „Naked Lunch“ ein Begriff ist oder „Danke“ mit Werner Puntigam an der Posaune, Walther Soyka an der Knopfharmonika, Rainer Krispel an der Stimme und Florian Tuchacek am Schlagzeug. Dabei bietet Klammer eine breite Palette an Rezeptionsmöglichkeiten sowohl live auf den diversesten Bühnen in Österreich angefangen in Saalfelden über die „Wiener Festwochen“, den „Steirischen Herbst“ und „Diagonale Graz“ bis hin zu internationalen Jazzfestivals auf der ganzen Welt wie u.a. in Montreux, Bern, Köln, Hamburg, Toulouse, Madrid, Barcelona oder dem fernen Mexico City und Peking um nur ein paar wenige zu nennen, als auch gebannt auf den zahlreichen Silberscheiben wie u.a. „Trio Exklusiv“ 2002, „Value Pack“ 2004, „International Standards“ 2005, „Fuzzmann“ 2005, „Trust Me Fuckers“ 2012 oder „Talltones“ 2011.
Ein besonders interessantes Exemplar der musikalisch-bildkünstlerischen Liaison stellt die „KunstSportGruppe hochobir“ dar. Gegründet 2004 von Richard Klammer sowie Heiko und Uwe Bressnik – wobei Patrick Pilsl alias Martin Dean im Feber 2007 hinzugestoßen ist – hat sich das Kollektiv zur Aufgabe gemacht, mit wechselnden GastkünstlerInnen aus den unterschiedlichsten Bereichen Malerisches und Objekthaftes ins Bild zu setzen und mit zeitgenössischer Musik und Neuen Medien zu experimentieren. „In loser Ateliergemeinschaft entstehen Ausstellungskonzepte und Performances, die mit Leichtigkeit und Ironie die künstlich gezogenen Grenzen zwischen den Kunstrichtungen sprengen.“
Als bildender Künstler ist Richard Klammer’s Malerei „immer motivbezogen, wobei die Wahl der Motive sich in ständigem Wandel befindet“. Diese lassen sich anhand der übergeordneten Titelbezeichnungen seiner Arbeiten wie zum Beispiel „Cow“, „Barock“, „Portraits“, „Schriftbilder“, „Wasser“, „Berge“ oder seiner jüngsten Kreation „Fevales“ – die in zwei und dreidimensionaler Form die faszinierende und gleichzeitig schockierende Ästhetik der Armenviertel in Mexiko darstellt – zweifelsfrei festmachen. Für letztere Arbeit, wo aus „Wohnschachteln“ auf Leinwand plastische Kunstwerke aus Schachteln – „die Klammer in Apotheken und Geschäften zusammenschnorrt“ und dafür manchmal auch in die Papiercontainer vor seinem Atelier klettert – entstanden sind, erhielt Klammer den Volksbank-Kunstpreis 2012, gefolgt von einer Vernissage im „ArchitekturHausKärnten“ seiner aktuellen Werke.
Dem noch nicht genug beschäftigt sich Richard Klammer daneben mit Theatermusik in enger Kooperation mit dem „Klagenfurter Ensemble“, organisiert kleinere Kulturfeste der „unheimlichen Harmonie am Lande“ unter dem Titel „Polynik 1“ und „Polynik 2“ und dreht Kurzfilme wie „Gringo“ für das „Trio Exklusiv“ oder „turned head“ und „Kreuzzug“ für die KunstSportGruppe hochobir“.
Gemäß dem Credo „Kunst ist zwar essentiell, ernst und wichtig, muss aber deshalb noch lange nicht Todernst sein und! auch Künstler können dabei Spaß haben!“ darf man mit Sicherheit noch auf zahlreiche unerwartete Projekte dieses Ausnahmekünstlers gespannt sein.
Georg Demcisin
Foto Richard Klammer: Ferdinand Neumüller
http://www.richardklammer.net