Der steirische Komponist steht im Mittelpunkt eines Porträtkonzerts im RadioKulturhaus in der Argentinierstrasse. Sieben Werke aus den letzten Jahren präsentiert Jakober dort, die einen Bogen durch sein Schaffen spannen: Musik für Solostimme und Elektronik, für Quartett und andere Kammermusikbesetzungen bis hin zu Chor, einem Orgelpfeifenorchester und der Uraufführung einer Auftragskomposition von Jeunesse und ORF. Wiederkehrende Themen seiner Stücke sind die Überlagerung mehrerer Temposchichten oder mikrotonale Intervallkonstellationen.
Der vielversprechende Komponist ist 1977 in der Südsteiermark geboren worden, besuchte ab 1984 die Musikschule und das Realgymnasium in Leibnitz. Er studierte von 1998 bis 2006 Komposition an der Universität für Musik und darstellende Kunst Graz bei Georg Friedrich Haas und Gerd Kühr und schloss 2004 mit einem Bakkalaureat, 2006 als Magister in ‘Komposition Musiktheater’ mit Auszeichnung das Studium ab. Schon 2003 begründete er gemeinsam mit Erich Ranegger das ‘Hörfest’, das insbesonders jungen Komponistinnen und Komponisten eine Plattform für Aufführungen bietet.
Seine Werkliste startete vor 10 Jahren, viele seiner Stücke wurden auch medial viel beachtet. Werke von ihm wurden von renommierten Ensembles interpretiert – etwa vom ensemble recherche, dem Klangforum Wien, Thürmchen Ensemble Köln, Ensemble für Neue Musik Graz u. a. Aufgeführtwurden diese im ZKM Karlsruhe, Kunstverein Köln, bei den Klangspuren Schwaz, Avantgarde Festival Schiphorst, Paul Hofhaimer Musiktage, dem Musikprotokoll und auch bei Wien Modern.
Aufhorchen ließ Peter Jakober zuletzt beim Musikprotokoll 2010. Viele, auch das mica, waren Augen- und Ohrenzeugen des Geschehens im Hof des neuen Chemieinstituts der TU Graz. Ein erfreulich zahlreich erschienenes Publikum – auch viele Studentinnen und Studenten – konnte aus allen Stockwerken an den Fenstern die auf der Terrasse spielende „Molekularorgel“ (nach einer Idee von Constantin Luser) bewundern. Uraufgeführt wurde dort Jakobers „Puls 4 für 35 Röhren“, auszuführen von 35 Musikerinnen und Musikern des TU-Blasorchesters bzw. der BlaeserVielharmoniE auf 35 (ventillosen) Blechblasinstrumenten (vierzehn Trompeten, vierzehn Posaunen, sieben Tuben). Imposant sieht sie aus, diese Skulptur eines selbst gebauten Instruments samt Tonanlage. Die spielenden Musiker stehen um die „Orgel“ und blasen in alle Richtungen.
Auch bei Wien Modern 2010 war von ihm etwas in der „Alten Schmiede“ zu hören.Im Auftragswerk „weit beisammen“ für Flöte, Klavier (es spielte das Duo-Souflée) und Live-Elektronik transformiert und variiert letztere zunehmend die Klangspektren der Instrumente. Jakober arbeitete hier mit „Click-Tracks“, die den Musikerinnen per Ohrhörer zugespielt wurden. Diese Clicks ermöglichten auch unterschiedliche, gleichzeitig klingende „Temposchichten-Pulsationen“ und einen überlagerten schwebenden Klangraum.
Das Programm im Radiokulturhaus
Was wird im Sendesaal zu erleben sein? Jedenfalls tolle Interpreten: Bestritten wird das Konzert von den Musikerinnen Sylvie Lacroix (Flöte), Annelie Gahl (Violine), von Michael Moser (Violoncello), Krassimir Sterev (Akkordeon), dem Satori-Quartett, Gitarrist(inn)en wie Wiebke Rademacher, Karl Christoph Rensch, Mathias Göppel und Michael Zeuner, weiters dem A Cappella Chor Tulln (Gottfried Zawichowski) und last not least dem Grazer Orgelpfeifenorchester sowie Peter Jakober (Elektronik).
Auch hier werden einander die Interpreten etwa per Ohrhörer unterschiedliche, oft knapp aneinander liegende Tempi zuspielen. Die Übereinanderlagerung dieser unterschiedlichen Tempi erzeugt „facettenreiche Schattierungen und Brüche, wenn völlig autonom agierende Temposchichten gleichzeitig erklingen“, weiß Ursula Strubinsky (Ö1), die auch die Moderation des Abends übernehmen wird. „Oder repetierende Töne“, schreibt sie für die Website des Radiokulturhauses, „die durch Glissandi allmählich ihre Tonhöhen ändern, und Klänge voller Schwebungen. Diese Klangereignisse werden auf rhythmische Parameter transformiert, wenn gleichzeitige Aktionen allmählich in Phasenverschiebungen treten.“ Peter Jakober erklärt: „Für mich ist das Hinterfragen von Gleichzeitigkeit ein wesentlicher Parameter. Ich glaube, dass eine exakte Gleichzeitigkeit nicht möglich ist, schon alleine durch die unterschiedlichen Einschwingvorgänge der Instrumente, aber ich denke, dass genau diese ›Uneindeutigkeit‹, dieses theoretisch nie genau Fassbare, Musik so faszinierend und lebendig machen kann.“
Immer wieder verwendet Jakober im Raum verteilte Anordnung der Instrumente, die gelegentlich mit elektronischen Zuspielungen kombiniert werden. Anregung zu den rhythmischen Überlagerungen fand der Komponist in der DJ-Kultur; selbst baut er diese Verschiebungen gerne auf Primzahlenverhältnissen auf, da ihm diese schöpferische Freiheit und Vielschichtigkeit bieten. Das mikrotonale Komponieren lernte er bei Georg Friedrich Haas. Welcher Stilrichtung seine eigene Musik nun angehört, ist für Jakober weniger von Bedeutung. Viel wichtiger ist für ihn – und darin wurde er von Haas bestärkt – Musik zu schreiben, die ihm selbst zusagt.
Und das sind die Titel der Stücke, die zu hören sein werden: „mehr, ein wenig“ für Orgelpfeifen, Violine und Violoncello und Live-Elektronik; „Hr. Schmatz sagt: »sprache ist die höde schneite treber zeit gedacht im raum“ für Chor; Trio für Vierteltonakkordeon, Flöte und Zuspielung; „nach Aussen“ für Violine solo und Live-Elektronik; „triften“ für Gitarrenquartett und Zuspielung; „Puls 2“ für Violoncello und Zuspielung; schließlich die Uraufführung: „in Stille“ für Chor, Orgelpfeifen, Flöte, Vierteltonakkordeon, Violine, Viola, Violoncello und Live-Elektronik (UA), ein Kompositionsauftrag von ORF und Jeunesse und gewidmet dem Grazer Orgelpfeifenorchester. – Man darf gespannt sein.
Heinz Rögl