Porträt: Martin Spengler und die foischn Wiener

Ein Linzer „Spengler“ der schrammelt, noch dazu ohne Kontragitarre, eine bunte Combo von überall her, ausgenommen Wien, die modernes Wienerlied erklingen lässt, da ist man fast genötigt zu sagen „in Linz beginnt’s“, aber ist Wien verdammt anders?

Klischees über Wien(erlied) sind, so scheint‘s, genauso nur ein Vorschlag wie das Rot der Ampeln am Gürtel. Wie „richtig“ Musik sein kann, die steife Kategorisierungen sprengt, zeigt uns die Band „Martin Spengler und die foischn Wiener“, nicht nur weil sie ihr Handwerk beherrscht, talentiert und inspiriert ihre Ideen auf die Bühne bringt und es einem daher umso leichter macht, zuzustimmen, dass etwas „Falsches“ schon lange nicht mehr so gut war. Der Bandname – ein Wortspiel, das gerne ein bisschen zum Nachdenken über die Sinnhaftigkeit von Schubladendenken anregt – bringt Vorurteile in Verlegenheit und gibt dennoch Hinweise.

Blues ist ein Lebensgefühl, das schon seit jeher dem Wienerlied Odem eingehaucht hat, aber dennoch vielen aus der Seele spricht. Es lebe der „geschrammelte Soul“! Das gepflegte „Wurscht“ als Lösung von Unabänderlichkeiten wird vom Ensemble überzeugend integriert, und ein „When I wake up in the morning…“ in Umgangssprache zelebriert. Die Message ist, dass man das Leben nicht so ernst nehmen darf.

Lyrics über „Liebe, Dod und aundare Gfrasta“ (der Titel des Albums) schmiegen sich mittels elegantem Stimmsound des Martin Spengler in die feinen Arrangements, eine Manuela Diem unterstreicht nicht nur den Leadgesang, sondern ist nicht wegzudenkender, musik- und inhaltsunterstreichender Bestandteil, Manuel Brunner, seines Zeichens Meister am Kontrabass und ebenso an den Vocals zu finden, erdet mit seinem tonalen „Yang“ und Akkordeonspielerin Marie-Theres Sticker verleiht den Liedern ihr sehnsuchtsbekräftigendes, bittersüßes Seufzen.

Bild (c) Peter Schneider

Poesietalent, unverbogen und authentisch, ist eine besondere Stärke der Combo, neben der gekonnt gespielten Musik versteht sich. Das ist nicht so selbstverständlich, wenn sich jemand berufen fühlt, im „bairischen“ Dialekt zu texten. Literarisch beschlagen  (Spengler studierte eine Zeit lang Germanistik) fällt auch auf, dass er sich beim Niederschreiben der Mundart sympathisch etwas an einen H.C. Artmann anlehnt, der dort weiche Konsonanten schreibt, wo selbige auch so ausgesprochen werden („Dod“).

Blumige Metaphern, die teilweise von alten barocken Meistern ausgeborgt und erneuert werden, erzählen von Körperlich-Sinnlichem und von einer Art jugendlicher Gedankenschwere, die sich in der Erkenntnis auflöst, dass man’s leicht nehmen soll. Man wird ergriffen von romantisch formuliertem Sinnieren über Liebe und Sterben, bis hin zu „geflügelten“ Worten aus eigener Feder für die Ironie des Schicksals.

Und was für ein Zugeständnis an die Stadt mit der schönen blauen Donau, wenn sich diese Partie der „Zuagroastn“ dazu verleiten lässt, die Wiener Luft schmeichelhaft als „Schokoladenwind“ zu besingen. Vielleicht sind ein paar so falsche Wiener gar nicht so schlecht, um den „echten“ eine neue Seite zu zeigen, wie man diese Stadt auch inhalieren kann?

Alexandra Leitner

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Martin Spengler und die foischn Wiener