Porträt: Makossa & Megablast

Tanzt man in südlichen Gefilden ausgelassen zu heißen Rhythmen am Strand, kann es gut sein, dass dazu die Musik zweier Österreicher aus den Boxen donnert. Makossa & Megablast (mit bürgerlichen Namen Markus Wagner-Lapierre und Sascha Weisz) sorgten mit ihrem Mix aus Afro-House, Latin-Beats und Rare-Funk schon auf so manchem Beach-Clubbing für Ekstase.

Internationale Club-Hits

Es kommt daher nicht von ungefähr, dass die letzten Sommer bereits auf DJ Hells Label Gigolo erschienene Vorab-Single “Soy Como Soy” ihres gleichnamigen neuen Albums zu einem Smash-Hit auf Ibiza avancierte. Verantwortlich für den massiven Party-Einsatz zeichnete dabei vor allem DJ-Legende Luciano, der die Nummer fast in jeden seiner Sets einbaute. Das, so Weisz, sei ein unbezahlbarer Support gewesen, denn mit der Zeit hätten alle möglichen anderen DJs die Nummer gespielt, und schließlich habe “Soy Como Soy” von Ibiza ausgehend auch die Clubs der restlichen Welt erobert. Wie schon beim ersten Album „Kunuaka“, als sie in Gilles Peterson einen gewichtigen Fürsprecher fanden, war es also auch dieses Mal eine DJ-Legende, die ihre Musik promotete und dadurch für massiven Clubeinsatz sorgte.

Überhaupt scheint der Süden ein guter Boden für Makossa & Megablasts Musik zu sein. Nicht nur in Spanien, Portugal und Italien kommt ihre Musik traditionell gut an, auch in Brasilien und Mexiko gibt es große Fan-Communities. Und so gab es in diesen, von österreichischen Musikern üblicherweise kaum bis gar nicht frequentierten Ländern auch schon die eine oder andere gut besuchte Clubtour zu bewältigen. Dass die beiden am liebsten im Freien auflegen, trifft sich da naturgemäß gut. Dort, am Strand und unter freiem Himmel nämlich, so die beiden Wiener, seien Vibes und Stimmung einfach am besten.

Dennoch: Die Musik von Makossa & Megablast trotz aller Latino- und Afro-Einflüsse auf einen bestimmten Stil zu reduzieren, würde ihr nicht gerecht werden. Auf “Soy Como Soy” finden sich so unterschiedliche Gäste wie Tony Allen, Hubert Tubbs, Cleydys Villalon, OG Spiritual Godess und Sugar B. Schon allein dadurch, aber auch durch eine bewusst breit gehaltene Palette an elektronischen und percussiven Ingredienzien ergibt sich eine musikalische Bandbreite, die laut Sascha Weisz gar nicht so leicht unter einen Hut bzw. auf ein Album zu bringen ist.

Im Zeichen des Groove

Gerade am Anfang des Albums schielt man mit stark pulsierenden Afro-Beats noch in Richtung Dancefloor. Der in Wien lebenden Funk-Legende Hubert Tubbs etwa hat man mit “Coming Home“ eine Nummer im Stile des 70er Rare Funk auf den Leib geschrieben. Dann geht es ein wenig in Richtung House und Tech House, wobei die beiden Sängerinnen Cleydys Villalon und OG Spiritual Godess für den nötigen Soul sorgen. Dass Altmeister Tony Allen ein Sample beisteuerte, ist eher dem Zufall zu verdanken.

Gegen Mitte des Albums wird es ein wenig ruhiger. In „Home Journey“ schließlich legt ein analoger Synthesizer Klangteppiche aus, die auch einem Krautrock-Klassiker aus den 80er-jahren gut zu Gesichte gestanden hätten. Gegen Ende darf dann Hubert Tubbs noch einmal ran. Der Kreis schließt sich.

Insgesamt profitiere man auf dem aktuellen Album sehr davon, so Wagner-Lapierre, dass alle Vokalisten bis auf eine Ausnahme in Wien leben. Die Ideen, die man im Kopf hat, würden daher zeitnah in den eigenen Luv Lite-Studios umgesetzt. So habe man dieses Mal auch gänzlich auf das Herumgeschicke von Soundfiles verzichtet. Dem organischen Sound tut das sichtlich gut. Trotz aller Stilvielfalt zieht sich ein roter Faden durch das ganze Album: Es ist der soundtechnisch optimal in Szene gesetzte Groove, der alles verbindet.

Angesichts der stilistischen Bandbreite fragt sich natürlich auch, weshalb man überhaupt noch Alben macht. Die Antwort darauf ist so einfach wie einleuchtend. „Wir kommen beide aus einer Generation, in der es wichtig und schön war, Alben zu machen“, meint Sascha Weisz. „Dafür stehen wir und deshalb machen wir das auch. Uns ist natürlich auch klar, dass die Zeit eine andere ist. Aber wir streben Qualität an und glauben auch, dass sich diese Qualität durchsetzen kann und wird.“

Dass es vom ersten Album „Kunuaka“ bis zum zweiten, aktuellen Longplayer mehr als vier Jahre dauerte, hat vor allem zwei Gründe: Zum einen ist es der hohe Anspruch, den Makossa & Megablast an ihr eigenes Schaffen haben. „Nachdem wir schon das Ansinnen hatten, uns mit dem jetzigen Album weiterzuentwickeln, haben wir uns einfach dazu entschlossen, uns genug Zeit zu nehmen, um es so auszuarbeiten, dass wir auch wirklich damit zufrieden sind. Damit die Qualität auch wirklich Top ist“, so Weisz. Im Detail heißt das, dass viel Material liegen bleibt, um zu einem späteren Zeitpunkt wieder aufgegriffen und weiter bearbeitet zu werden. Ein Working Progress, der in seinem Perfektionismus einfach eine gewisse Zeit in Anspruch nimmt. Und dann kamen auch noch Meinungsverschiedenheiten mit dem bisherigen Label dazu.

Neues Label, neuer Vertriebsdeal

Man wurde sich mit dem alten Label G-Stone, der Heimat von Kruder Dorfmeister, einfach nicht mehr handelseinig. Grund dafür war die heutzutage beinahe klassische Pattstellung zwischen Labels und Rechteinhabern: Das Label will sich auch die Verlagsrechte sichern, um am Tantiemenrückfluss zu verdienen. Die Rechteinhaber aber wollen ihre Verlagsrechte behalten, weil sie diese anderweitig vergeben wollen und/oder mit der bisherigen Verlagsarbeit nicht zufrieden waren. Für jede Leistung muss es schließlich auch eine Gegenleistung geben… Andererseits sind Labels aufgrund der sinkenden Einnahmen aus dem Tonträgerverkauf oft auch gezwungen, auf Verlagsrechte zuzugreifen, um überhaupt noch Produktionen wirtschaftlich vertretbar abwickeln zu können.

Wie dem auch sei. Jedenfalls führte dieser klassische Streitpunkt dazu, dass sich Makossa & Megablast bei ihrem neuen Album labeltechnisch anderweitig orientierten: Das Album wurde auf dem eigenen Label Luv Lite Recordings releast, als Vertriebspartner agiert niemand geringerer als K7. Etwas Besseres, nämlich zugleich alle (Verlags)Rechte selbst zu behalten und andererseits einen derart potenten Partner an Land zu ziehen, der sich um den internationalen Vertrieb kümmert,  könne einem in der heutigen Zeit nicht passieren, meint dann auch Markus Wagner-Lapierre aka Makossa. Außerdem sei man promo-technisch ohnedies schon immer selbst aktiv gewesen, ergänzt Sascha Weisz.

So hat man es nicht nur aus eigenem Antrieb geschafft in Ländern wie Brasilien und Mexiko präsent zu sein, sondern auch in Asien steht eine kleine Tour bevor. Hier profitiert man von persönlichen Kontakten und Netzwerken, die man über Jahre hinweg freundschaftlich aufgebaut hat.

Ausblick

Mit der stilistischen Bandbreite zwischen Tech-House und G-Stone-Style, zwischen Afro und Soul korrespondiert auch eine Release-Politik, die immer darauf ausgerichtet war, viele Dinge parallel zuzulassen. Auf verschiedenen Labels zu releasen – wie etwa auch auf Gigolo oder auch auf Great Stuff, für das man einen superben Remix des Nicolette-Klassikers „No Government“ anfertigte – war immer wichtig für die beiden Musiker.
Sehr wahrscheinlich ist, dass man von Makossa und Megablast und ihrem Label Luv Lite Recordings in Zukunft in kürzeren Abständen Neues hören wird. Zum einen sind Vinyl-Auskoppelungen des Albums geplant. Zum anderen gibt es auch interessantes Fremdmaterial, das man releasen bzw. wie im Fall des simbabwischen Musiker Thomas Mapfumo re-editieren und mit zeitgemäßem Sound aufpolieren will, um es so für neue Hörerschichten zu erschließen.

Und live sind die beiden sowieso viel unterwegs. Ob als DJs mit überwiegend fremdem Material oder „in eigener Sache“ als Musiker mit Vokalisten und Percussionisten und einer Fusion aus eingespielter Elektronik und Live-Sound.
Was die Präsenz auf den Bühne zwischen St. Pölten und Rio des janeiro betrifft, sind sich Makossa und Megablast im Gegensatz zu vielen Genre-Kollegen jedenfalls auch für den Mainstream nicht zu schade. Im Gegenteil: Wenn man ihre Musik an Plätzen wahrnehme, wo man sonst vorwiegend anderes hört, dann sehen sie das nur positiv.

So lange man sich selbst treu bleibe und Musik aus innerem Antrieb heraus mache, gäbe es keinen Anlass, sich gegen irgendetwas zu sperren, so die beiden Musiker. Dass es den Leuten gefällt und dass sie ihre Hüften dazu kreisen lassen, sehen sie eher als eine angenehme Begleiterscheinung. Denn Musik entstehe immer noch aus einer inneren Notwendigkeit heraus.

Weisz: „Natürlich freut man sich, wenn man eine Fan-Base hat, aber grundsätzlich macht man es doch, weil es einem selbst taugt und man sich weiterentwickeln will. Heute sehe ich leider immer mehr den Ansatz, dass es viele nur mehr für Profit und ihr „Superstar“ Ego machen. Der Weg, ein Superstar-DJ sein zu wollen, ist genau der, der ins Verderben führen wird.“

Foto Makossa Megablast by PK

http://www.luvlite.biz/