Porträt: Laokoongruppe

Die Laokoongruppe ist eigentlich keine Band sondern das Einmannprojekt des gebürtigen Oberösterreichers Karl Schwamberger. Benannt nach Laokoon, dem ungehörten Propheten, der in der griechischen Mythologie die Trojaner davor warnt das unheilvolle Pferd in die Stadt zu ziehen, und daraufhin mit seinen Söhnen von einer Göttin geschickten Seeschlange erwürgt wurde. Ungehört ist die Laokoongruppe jedenfalls nicht, sondern sie zählt mit ihren beiden Alben „Walzerkönig“ und „Staatsoper“ neben Gustav zu den bekanntesten Vertretern des heimischen Diskurspopes.

Mit der Schubladisierung seiner Musik als Diskurspop kann Karl Schwamberger nicht so viel anfangen, er weiß aber dass die Medien eine Kategorie brauchen, der sie sich bedienen müssen. Musik macht Karl seit seinem sechsten Lebensjahr. Anfangs sang er Marienlieder im Kirchenchor und lernte Klarinette bei der Blasmusik im Oberösterreichischen Attersee am Attersee. Zu dieser Zeit hört Karl via Radio Oberösterreich auch viel volkstümliche Musik und Schlager im Elternhaus. Als Teenager mit 14 lernte er auf Saxophon um und ging in die Musikschule. In der Musikschule und im Gynmasium lernte er klassische Musik zu lieben. Sein Bruder hörte viel Beatles und Bob Dylan und das bekam auch Karl mit.

Aber Klassik blieb in seinen Teenagertagen als emotional bedeutende Musikrichtung hängen. Hauptsächlich die Symphonien von Anton Bruckner, aber auch Beethoven. Von Barock bis Spätromantik bis klassischer Moderne war alles dabei. Mit 16 überlegte er auf ein Konservatorium zu gehen, verwarf den Gedanken aber wieder, da er nicht Klavierspielen lernen wollte. Als Teenager ging die ganze Punkgeschichte eher an ihm vorbei und er interessierte sich für Freejazz wie John Coltrane.Erst mit seinem lokalen Wechsel nach Wien als Anfang 20 jähriger begann seine Liebe zu Hardcorebands wie Hüsker Dü, sozialisasiert über die Musicbox auf Ö3. Die Liebe zu Kuhbubenmusik aus Amerika und Elektrozeug wie Kraftwerk aus Europa und Detroit.

Heute beherrscht er ein Klavier und ein Keyboard soweit, dass er sich Harmonien vorstellen kann und ein paar kleinere musikalische Floskeln (OT Karl Schwamberger) zum Komponieren und zum Live auf der Bühne spielen, die er sich autodidaktisch angelernt hat. Weiters spielt der Mann hinter der Laokoongruppe eine Bassgitarre. Laut eigenen Angaben aber nur so gut, dass er damit in einer schlechten Punkband musizieren könnte.

Selbst in einer Band Baß gespielt hat Karl Schwamberger auch. Die Band hieß tutticlean und kam über ein paar Proben und einer Hand voll Auftritte nie hinaus. Tutticlean bestand aus Baß, Gesang und Schlagzeug gemischt mit ein Bisschen Gesang und Elektronik. Das war Ende der 1990er Jahre und ein langjähriges Proberaumprojekt mit wechselnden Gitarristen, die mit trashiges Zeug entwarfen. Daraus entstand aus einer Personalunion Brosd koal:. Eine Band mit Oberösterreichischen Dialekttexten im Stil der Wiener Schule, bezug nehmend auf H.C. Artmann. Die Band hielt nur ein Jahr, obwohl es ein Plattenvertragangebot vom Münchner Trikontlabel gab. Die Nummer „I muss mi dumen“ ist auch am „Im Sunpf“ Sampler II (Anmerkung der FM4 Sendung mit Fritz Ostermayer und Thomas Edlinger, übrigens auf Trost erschienen) veröffentlicht worden. Die Band bestand aus Bass, Schlagezeug, Konzertxylophon und Keyboard, Gitarre und Schlagzeug und kurzfristig war auch die Eva Jantschisch (Gustav) als zweite Stimme dabei.

Bei Brosd Koal gab es erstmals auch schon Samples von Anton Bruckner, die später auch so eine Art Markenzeichen der Laokoongruppe werden sollten. Damals gab es Bruckner aber nur als Pathosgebläse an der lautesten Stelle eines Stückes. Einerseits bildet die Laokoongruppe eine  Art Weiterentwicklung von Brosd Koal aber andererseits auch eine bewusste und gewollte Kontrastierung dazu um von einem Bandgefüge wegzukommen und als Einmannprojekt sich musikalisch zu verwirklichen. Aber zwischen Brosd Koal und der Laokoongruppe gönnte sich Karl Schwamberger eine zwei, bis dreijährige kreative Schaffenspause. In der Zeit Anfang 2000 engagierte er sich gemeinsam mit DJ Klaus Makotter von FM4 mit der Auflegereihe und dem Blog EuroRanch und im Club Beton wo sich die beiden selbst beigebracht haben Techno aufzulegen.

Die musikalische Pause erklärt Karl auch damit, dass er erst mit einem passablen Rechner und einem guten Schnittprogramm, also mit den technischen Möglichkeiten eines 16 Spur Recordingprogrammes mit ein paar einfachen Effekten, die dem Oberösterreicher erst ermöglichten seine Art von Musik in die Tat umzusetzen. Eigentlich ist er nicht so technologieaffin und bezeichnet sich diesbezüglich auch als Spätzünder. Das Material von Walzerkönig entstand um das Jahr 2005 herum. Gegen Ende des Jahres war das Demo fertig. Danach wurde zwei Jahre lang ein Label gesucht. Schließlich wurde 2007 mit Konkord das passende, „höfliche“ Label gefunden. Das Album wurde von allen deutschsprachigen Medien gefeiert und die Laokoongruppe als Speerspitze des österreichischen Diskurspopes gefeiert.

Die Art Songs zu schreiben unterscheidet sich bei der Laokoongruppe auch von anderen „Bands“: Entweder zuerst Text und dann Melodie dazu oder umgekehrt. Zuerst Klavier dann am Computer Samples, das Gesungene wird zerschnitten und der Song kann in zwei Tagen fertig sein, aber auch erst zwei Monate dauern. Was kugelt auf Samples auf der Festplatte herum, ist eine Frage die bei der Songfertigstellung auch gestellt wird. Eine Grundidee gibt es immer schon, aber aufgrund der technischen Möglichkeiten gibt es aber keine vorgefestigten Strukturen. Und der Zufall bestimmt oft die Samples die verwendet werden. Das Einpassen der Samples in Songs hat dann doch wieder was architektonisches. Das macht auch den eigenwilligen Sound der Laokoongruppe aus, der aus der teilweise ungewöhnlichen Arbeitsweise des Songschreibens entsteht und der genau dadurch auch unverwechselbar klingt.

Laokoongruppe by mica

Das neue Album Staatsoper ist Ende November erschienen. Viele Stücke des Doppelalbums entstanden bereits 2007 als Walzerkönig erschienen ist. Sie waren aber für das Debut noch nicht fertig. In der Zeit in der Karl ein Label für Walzerkönig suchte gab es noch ein Trio, dass hieß Splittergruppe, mit Electronics und Vocals von Herren Schwamberger, Schlagzeug und Gitarre. Klaus Tschabitzer, der Schwimmer, und Oliver Stotz von der Gustavband. Diese Band löste sich aber bald wieder auf und das Demomaterial, dass Karl für Trio schrieb wurde teilweise auch für Staatsoper adapdtiert. Die Stücke „Abends kommen die Landschaftsmaler“, „Gratia Plena“, „Wir kommen von der Linkfarm“ und „Die Sonne lacht über uns“ stammen aus dieser Zeit. Da zuviel Material für ein Album da war, wurde von Konkord beschlossen eine Doppel-Lp zu releasen. Der Hip Hoper Parkwächter Harlekin rappt auf „Die bessere Melodie“, auf dem Song sing David Kleinl von Tanz Baby die zweite Stimme.

Während auf Walzerkönig die Texte noch unpolitischer waren, kann man bei den Texten von Staatsoper zwischen den Zeilen Systemkritik herauslesen. In den Texten bleibt aber stets der Raum zu viel persönlicher Interpretation. Die Texte sind auf viele Arten lesbar und das macht neben der Musik auch den Reiz der Laokoongruppe aus. Je öfter man die Songs hört, desto öfter entdeckt man die feine, geheimnsivolle Sprache und Schreibe des Karl Schwamberger. „Ihr könnt eure für euch behalten ihr lodengrünen Backstreetboys ich baue mir meine eigene Heimat aus dem Filz von Joseph Beuys“, so lautet der Text eines Songs der es nicht auf Staatsoper geschafft hat. Der Filz und der Loden haben es aber schon aufs Album geschafft, wenn auch „nur aufs Cover“. Denn die Staatsoper wurde aus zerschnittenen Trachtenjacken von Hannes Anderle genäht. Wenn Karl Schwamberger nicht gerade ein Konzert spielt oder auf seinem Laptop nach Samples sucht, covert er Neil Young oder Velvet Underground. Live zu sehen am 15.12. im Fluc.

Die Laokoongruppe ist nur an Laokoon angelehnt. Eigentlich rührt der Name aus dem Palindrom nokaol. Seine Heimat Österreich ist für Karl Schwamberger verknöchert, größtenteils tot und extrem vergangenheitsbezogen, wie er es in ihrem Song Knochenland besingt. Der bescheidene Sänger ist einer der interessantesten und charismatischsten Persönlichkeiten in der heimischen Musikszene. Sein neues Album Staatsoper ist ein Meisterwerk des Elektro-Schlager-Underground-Pops. Und zu wünschen ist uns, das Karl Schwamberger noch viele Alben lang der Sänger, das Schlagzeug und die Band bleibt. (Markus Egger)

Fotos: Laokoongruppe

http://tutticlean.antville.org/
http://www.konkord.org