Porträt: Holstuonarmusigbigbandclub

Mit viel Humor versucht sich die Combo Holstuonarmusigbigbandclub an einer Internationalisierung heimischer Volksmusik. Dabei dienen mitunter gerade die verschnarchtesten Klischees des Alpenfundus als Vehikel, um die komatöse österreichische Folklore aus dem toten Winkel der Seriosität zu karren. Denn der Holstuonarmusigbigbandclub öffnet sich stilistisch in alle erdenklichen Gefilde und erstreckt sich über entfernteste popkulturelle Breitengrade. So wird etwa die grundierende, dumpf trötende Tuba umspickt mit Indie- und Reggae-Zitaten, um ein erfrischend neuartiges Ganzes entstehen zu lassen. Auf textlicher Ebene pflegt man vornehmes „Denglisch“, das gekonnt zwischen alpenländischen Dialektformen und Rastafari-inspirierten Kaugummi-Vokalisen changiert. Ganz grundsätzlich orientieren sich die Lyrics eher an der gerade naheliegenden Phonetik denn an lyrischer Geschlossenheit. Ein Umstand, der die fünf jungen Vorarlberger Musiker als unverkopft, augenzwinkernd und schlicht sympathisch dastehen lässt.

Trotz aller zur Schau getragener Frivolität nehmen sie ihre Musikerexistenzen dennoch ernst: Gegründet im Jahre 2003, verweisen die namensgebenden Holstuonar übrigens auf jene Almbauern, die sich abends in der Stube zusammenfanden, um Musik zu machen. Der  Holstuonarmusigbigbandclub nun besteht aus fünf Mitgliedern, die an den österreichischen Musikhochschulen studier(t)en. Andreas Broger stammt aus Mellau und erlernte am Tiroler Landeskonservatorium Instrumental- und Gesangspädagogik sowie Saxofon. Der ebenfalls aus Mellau kommende Bartholomäus Natter befasste sich am Mozarteum Salzburg mit der Trompete, ebenso wie Johannes Bär aus Andelsbuch. Stefan Bär aus Langenegg verdiente seine Sporen am Vorarlberger Landeskonservatorium. Phillip Lingg aus Schoppernau lebt heute in Wien und studiert an der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien Musikwissenschaft und Musikerziehung.

Seit ihrem ersten Auftritt im Jahre 2003 stieg die Band von der regionalen zur nationalen Bekanntheit in der österreichischen Musikszene auf. Die beiden ersten Alben Querschlager (2007) und free sin (2008) beinhalten fast ausschließlich Coverversionen von bekannten deutschsprachigen Schlagern sowie internationalen Popsongs. Der Song „Vo Mello bis ge Schoppornou“, welcher zum ersten selbstgeschriebenen Material gehört, stellte so etwas wie einen vorläufigen Durchbruch in der Bandgeschichte dar. Sprachlich orientiert er sich eigener Auskunft nach am „Hinter-Wälderischen“; einer spezifisch-regionalen Variante des Vorarlbergerischen, welches offenbar selbst für die bundesländischen Mitbewohner nicht immer hürdenfrei zu verstehen ist.

Das mit diesem Stück einhergehende, sich sukzessiv ausbreitende Airplay bestärkte die immer noch junge Formation in dem Vorhaben, künftig auch liedermacherisch autonome Bahnen zu gehen und sich nicht bloß auf das Sezieren und Adaptieren überkommenen Liedguts zu beschränken. Manifestieren sollte sich dies im Jahr 2011 mit dem dritten Album „Lieble“, das neben den für den etablierten Bandsound so wichtigen Spurenelementen traditioneller Volksmusik auch die Offenheit gegenüber dem Experiment weitertrug: Jazz, Gypsy-Sounds und Dixie wurden ab hier eigenständigem Songwriting überantwortet. Und das mit solcher Integrität und Versiertheit, dass auch den heimischen Institutionen nicht mehr entgehen konnte, was sich da im Vorarlberger „Hinterland“ über die vergangenen Jahre zusammengebraut hatte: Anfang November 2010 wurde bekannt, dass Fans den Holstuonarmusigbigbandclub via Facebook für die Österreichische Vorentscheidung zum Eurovision Song Contest 2011 vorgeschlagen hatten. Die Band entschloss sich allerdings, nicht an der Vorentscheidung teilzunehmen.

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Bei der Verleihung der Amadeus Austrian Music Awards 2012 wurde „Vo Mello bis ge Schoppornou“ vom Erfolgsalbum „Lieble“ in der Kategorie „Song des Jahres“ ausgezeichnet. Im selben Jahr schossen die fünf Vorarlberger ein Konzertalbum mit dem Titel „grüsele live“ nach. Dieses sollte den Bandsound aus einem neuen Winkel betrachten, da „Studioalben immer einen unsympathischen Touch von Perfektionismus haben.“ Ein Anspruch, der perfekt ins Konzept passt: denn auch wenn die Musiker beständig am eigenen Virtuosentum feilen, am Ende besteht der Tenor des Holstuonarmusigbigbandclub in einer fast schon geselligen Lässigkeit, in einem lockeren Umgang mit dem eigenen Songwriting-Material, das eben gerade aufgrund der Versiertheit der Instrumentalisten in jenen variantenreichen Umsetzungen gestaltet werden kann.

David Weidinger

Fotos HMBC: Adolf Bereuter

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