Porträt: Federspiel

Einen ganz und gar ungewöhnlichen Blick darauf, wie modern und unpeinlich österreichische Volksmusik klingen kann, bietet das Ensemble Federspiel. Das aus jungen Blasmusikern aus dem Großraum Wien und Krems bestehende Septett fand sich 2004 zusammen, um die häufig als unrenovierbar verschriene hiesige Folklore zu adaptieren und zu entgrenzen. Dabei sollte sich die intensive Auseinandersetzung mit originalen Partituren für die Modernisierung derselben als durchaus nützlich erweisen, doch dazu später mehr. Die Jungs wissen jedenfalls genau, was sie tun, wenn sie Hand und Lippe an volkstümlich Bewahrtes legen, denn im klassischen Studium liegen die Wurzeln ihrer musikalischen Werdegänge.

Durch die Bank begannen die jungen Musikanten bereits im Kindesalter mit den ersten Ausbildungsschritten. So startete ein Großteil der Besetzung mit der klassischen Blockflöte, die sie im sukzessiven Wachstum gegen entsprechend größere Blechblasinstrumente zu tauschen begannen. Gemein ist ihnen auch die Ernsthaftigkeit in Bezug auf ihre künstlerische Entwicklung, sind sie doch allesamt Studenten der Universität für Musik und darstellende Kunst in Wien. Nichts desto weniger ist die musikalische Signatur von Federspiel nachhaltig geprägt durch die Herkunft und den Hintergrund jedes einzelnen Musikers – alle (musik-)biografischen Elemente fließen unweigerlich in die Gruppe ein.

Was Federspiel von der allgemeinen Renaissancekultur und insbesondere von anderen zeitgenössischen Inkarnationen europäischer Folklore wohltuend abhebt, zeigt sich auf verschiedenen Ebenen. Da ist zum einen der regional ausgeweitete Begriff volkstümlicher Tradition, der neben der alpinen Heimeligkeit auch ehemalige Kronländer Österreich-Ungarns mit ins Auge fasst. Somit gehört neben den vertrauten Polkas, Walzern und Märschen beispielsweise auch der ungarische Csárdás zur musikalischen Sprache von Federspiel. Immer wieder blinzeln auch slawische oder mexikanische Brass-Rhythmen aus den Arrangements und Melodien hervor, was zumindest die prinzipielle Offenheit des Septetts unterstreicht.

Denn trotz aller Vielseitigkeit bleibt das Ensemble Federspiel so klug, nicht gänzlich den Fokus zu verlieren und der weltmusikalischen Konturlosigkeit anheim zu fallen. Osteuropäische und exjugoslawische Gypsy-Sounds erfreuen sich ohnehin ihrer hipsterologischen Blütezeit und pokern hoch mit im Ranking der coolsten Traditionsmusiken des Kontinents. Die Leistung, die sich in der spezifischen Klangwelt von Federspiel am deutlichsten hervortut, besteht darin, eben die spezifische Klangwelt österreichischer Volkstümlichkeit immer auch zu bewahren, und sie nicht leichtfertig übers popkulturelle Knie zu brechen. Selbst im erweiterten europäischen Fokus bleiben Federspiel stets authentisch und integrieren – obwohl derzeit gang und gäbe – nicht den gesamten folkloristischen Erdball in ihren bescheidenen, aber feinen Entwurf. Dieserart der stilistischen Beliebigkeit ausweichend konzentrieren sie sich vielmehr darauf, die althergebrachten Traditionen ernst zu nehmen und sie aus sich selbst heraus in homogener Art und Weise fortzuspinnen – ein Ansatz, der sich angesichts des allerorten praktizierten und zumeist nur noch konterkarierend wirkenden Genre-Clusterings endlich wieder einmal nach einem Ernstnehmen lange gepflegter Kulturbrauchtümer anhört.

Somit gelingt der jungen Formation ein souveräner Spagat zwischen volksmusikalischer Sittenpflege und zeitgemäßer Öffnung und Adaptierung; zwischen dem Aufspüren der Ursprünglichkeit, welche allmählich durch kommerzialisierte Zerrbilder und Schlagerstadl-Idiotien verdeckt wurde, und der Lebendighaltung vermeintlich schon erstarrter Tradition. Dass diese Leistung von sieben Musikern im Alter von Anfang 20 vollbracht wurde, verheißt für deren Zukunft nur das Allerbeste.

Line up:
Simon Zöchbauer – Trompete/Flügelhorn
Philip Haas – Trompete/Flügelhorn
Ayac Jimenez-Salvador – Trompete/Flügelhorn
Frederic Alvarado-Dupuy – Klarinette
Thomas Winalek – Posaune/Basstrompete
Matthias Werner – Posaune
Robert Puhr – Tuba

David Weidinger

Fotos Federspiel © Julia Wesely

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