Porträt: BRATFISCH

Bratfisch, das wissen Connaisseure, mundet nicht nur am Karfreitag der vor der Türe steht, sondern besonders wenn damit die österreichische Band gemeint ist, den ganzen Jahreskreis hindurch: Vier junge Männer, die Gebrüder Matthias  und Tino Klissenbauer an Stimme, Gitarre und Akkordeon, Jürgen Partaj an der Violine und Johannes Landsiedel an Gitarre und Bass (auch Texter) ziehen über die Großstadt- und auch die Landesgrenzen hinaus immer mehr Publikum an und das aus gutem Grund. Geboten wird hervorragend gespielte Musik und lässige Texte.

Den Namen hat das „Neue Wiener Musik“-Quartett an den Leibkutscher und Wienerliedinterpreten Josef Bratfisch angelehnt, der nicht nur in die ungeklärte royale Historie bezüglich Mayerling einging, sondern weil er wohl einen eigenen Schmäh hatte (Note „derb“) die Wiener Volksmusik zu interpretieren. Vielfalt ist Markenzeichen der Band, nicht nur was die Genregrenzen betrifft, die sie ohne Scheu überwinden (Gott sei Dank hat ihnen niemand gesagt, dass manche meinen, dass man das nicht darf). Mal gibt es instrumental etwas auf’s Ohr, mal mit Gesang in hiesiger Umgangssprache oder auch in serbisch. Das „derb“ von damals dürfte transformiert meinen, dass man unbeschönigt und zensurlos gerade heraus textet, was (und wie) man das „Seine“ sagen möchte. Damit trifft man den Nagel oft am besten auf dem Kopf, es nennt sich auch Authentizität und ist eine Entscheidung für Qualität durch Mut die eigene „Wahrheit“ darzustellen.

Was wirklich besonders fesch ist an der Musik dieser Partie, das ist ihr homogener Sound der die sich um die Ohren kuschelt und sie erfüllt, teilweise zum Tanzen nötigt. Ein Dancing Star würde sich sofort einen Paso Doble aus der Brust reißen, manch fetziger Landler setzt sofort die „Reflexzonen“ Schach matt, die das Tanzbein kontrolliert ruhig halten im zu bewältigenden Alltag. Durchwachsen von Spielfreude überkommt die Musikschaffenden auch regelmäßig ein Anflug von „Saudade“, zu deutsch: es gibt hier auch Bossa Nova Grooves die schmeichelnd gefangennehmen und sofortiges Fernweh auslösen. Balkanisches, Asiatisch-Pentatonisches, vor nichts machen die lustigen Vier auf der Bühne und im Studio halt.

Von Leicht-beschwingtem kann das Ruder plötzlich wie auf der Titanik zu leidenschaftlicher Klezmermusik herumgerissen werden im nächsten Augenblick, unvorhergesehen und auf dem neuen Terrain genauso bestechend gut. Man darf sich auch gerne auf Raggaes à la Bratfisch freuen, zum Beispiel jenen, der die Orthopäden arbeitslos machende Wahrheit beinhaltet: „…weil man sich nicht das Kreuz verbiegt, wenn man auf Luftmatratzen liegt“. Diese Art von „Das Leben ist hart aber ‚what shalls‘“ aus der „Religion“ des „Blues“ bzw. die Mentalität des „Passt scho“, „Schau ma moi“, „Wenn da Herrgott ned will…“  des gemeinen Bürgers ist es schon immer gewesen, was den Wiener zum Lieder singen, spielen und tanzen treibt. „Weltstadtmusik“ ist den Fischen der liebste Überbegriff.

Mit drei Alben in petto und einem eigenen Label namens „Fischfabrik“ können sich die jungen Künstler, die sich seit 2003 in dieser Formation  entfalten, schon mehr als sehen lassen.  Das Livealbum „Ein echter Wiener fährt nicht runter“ und die Studioalben „Unter Wasser“ bzw. „Aus heiterem Himmel“ halten, was sie versprechen. Für’s Mehr als das genreübliche Butterbrot haben die Bandmitglieder neben ihrer Berufung als Musiker auch noch Berufe und sind Juristen, ORFler, Agentur- und Wiener Musikvereinsleiter, Festivalbetreuer, Grafiker u.s.w.

Die Konzerte der Bratfische sind durchzogen von Lust am Musizieren und nicht nur die Alben garantieren mehr als tadellos gut gespielte Musik, fetzige Tänze und richtig schöne Melodien, tw. wunderbar in Schwingung gebracht von der Geige, die sich auf das Groovebeet legt, die Stimme wirkt vereinzelt nostalgisch wie die eines Märchenerzählers. Da wundert es nicht, dass das Ensemble eingeladen wurde, an dem Hörbuch „Wiener Sagen“ mitzuwirken. Ein gefährliches Stück Tonträger, denn wenn man einmal beginnt hineinzuhören, mutiert man sofort zum geschichtenhungrigen Kleinkind und will mehr davon. Bratfisch liefern ein geschmackvolles Musikkleid dazu.

Alles in allem meine ich, Bratfisch sorgen in jeder Hinsicht für Stimmung mit ihrer Musik, die wie aus einem Guss daherkommt. Darin spiegelt sich die lebendige Vielfalt der Weltstadt der Musik Wien wieder und zeigt, wie man als gutes Beispiel vorangehen kann. Musik verbindet, z. B. durch die Band „Bratfisch“.
Alexandra Leitner

Fotos Bratfisch: Rafaela Pröll

http://www.bratfisch.or.at/