Popfest Sessions: Faire Musikwirtschaft?

Ein verschwindend geringer Anteil des in der Musikindustrie erwirtschafteten Geldes landet letztendlich wirklich bei den Künstlern und Künstlerinnen selbst. Ob und wie es in diesen Wirtschaftsgefügen faire Verhältnisse geben kann, diskutierte das Panel zum Thema Verteilungsgerechtigkeit.

Das Beispiel ist banal, jedoch die einfachste und dabei hinsichtlich der KünstlerInnen die wohl gerechteste Form der Geldverteilung im musikalischen Zusammenhang: „Wenn ich einem Straßenmusiker 30 Cent in den Hut werfe, dann funktioniert die Verteilung. Doch aufgenommene Musik gelangt im Unterschied dazu über viele Wege zu den Konsumenten. Von einem unmittelbaren Kunstschaffen haben wir uns lange wegentwickelt”, so Panel-Teilnehmer Georg Markus Kainz vom Verein Quintessenz über prinzipielle Musikstrukturen, die es in der Folge schwer machen die Erträge so zu verteilen, dass MusikerInnen überhaupt von aufgenommener Musik leben können. Ist es ohnehin eine große Herausforderung hier eine gewisse Form von Gerechtigkeit zu finden, so trugen die technischen Entwicklungen der vergangenen zehn Jahre mehr als nur ein Scherflein zu diesen ohnehin bereits undurchsichtigen Strukturen bei. Das Problem ist auch ein rechtliches, nicht zuletzt durch die enorme Innovationsgeschwindigkeit, die seit der Digitalisierung der Musikstrukturen herrscht.

Panel-Teilnehmer und Ink-Music-Chef Hannes Tschürtz: „Ich sehe alle Errungenschaften des Internet sehr positiv, weil es zu einer Demokratisierung beigetragen hat. Nur leben wir in einer Welt in der alles staatlich geregelt wird und der Staat kann mit dieser Geschwindigkeit, die in der Welt da draußen herrscht einfach nicht mithalten.” Ähnlich sieht es Panel-Teilnehmer Ilias Dahimene vom Sea-You-Label: „Von der neuen Situation profitieren vor allem Indielabels. Das ist gut, damit bin ich zufrieden – nicht aber mit der rechtlichen Seite hinsichtlich der neuen Strukturen.” Dabei wurden am Panel festgehalten, dass die jetzige Umbruchssituation keine vollkommen neue ist, denn es gilt als allgemeines Muster, dass im Zuge neuer technischen Entwicklungen, jene, die mit ihren Institutionen von den alten Strukturen profitierten, sich mit allen Mitteln gegen den Fortschritt wehren.

„Kunden zu verklagen, wie es die Majors machen ist kein gutes Geschäftsmodell. Zudem muss man festhalten, dass sich das Kaufverhalten an sich nicht wirklich verändert hat. Es gibt nicht weniger Kunden, die Musik kaufen, sondern niedrigere Umsätze. Hinsichtlich der verkauften Stücke sind wir am gleichen Level wie vor der Zeit des Umbruchs. Demnach muss Piraterie keine Auswirkungen auf die Verkäufe an sich haben”, so Ilias Dahimene über das Jammern auf hohem Niveau in der Liga der Major-Firmen. „Früher war alles kontrollierbar, weil es keinen Kopiermechanismus gab. Heute kann sich jeder niederschwellig Musik holen, diese aber genauso einfach verbreiten. Es herrscht Transparenz. Früher wäre es undenkbar gewesen, dass ein Song wie Skeros Kabinenparty drei Millionen Hörer hat”, so Hannes Tschürtz, der im direkten Kontakt zum Publikum eine große Nische sieht: „Es gibt viele neue Weg die die Wertschätzung von Seiten des Publikums zu den Künstlern zeigen.

Viele verkaufen gut über das Merchandising bei den Konzerten. Die Leute wissen, dass dieses Geld an die Künstler fließt. Die Leute nehmen den Tonträger nach dem Konzert als emotionales Souvenir mit nach Hause. Das zeigen auch die steigenden Vinyl-Umsätze.”

Doch ist ein Fair-Music-Prinzip im großen Stil bzw. sind neue Wege der Vergütung für MusikerInnen realistisch? Geork Markus Kainz glaubt nicht „per se” an ein solches Modell, spricht sich jedoch für ein gewisses Siegel für ethische Standards in der Musik aus. Ilias Dahimene: „Ich bin ein Anhänger des freien Marktes, der Käufer soll entscheiden wen er unterstützt, halte aber ein Pauschalabgabensystem für nicht ausgereift. Bei Fairness in der Musik geht es auch um Vertragsgerechtigkeit, abseits kapitalintensiver Prozesse.” Hannes Tschürtz: „Fairness bedeutet auch immer Transparenz. Diesbezüglich hat sich die Rolle eines Labels in den vergangenen zehn Jahren verändert. Es ist mehr ein Know-How-Lieferant, denn ein Investor.”
Johannes Luxner