Philipp Jagschitz, seit Jahren ein der umtriebigen Aktivposten in der jungen heimischen Jazzszene, begibt sich mit seinem Trio auf dem aktuellen Album „it seems“ (Unit Records) erneut auf eine abwechslungsreiche, stimmungsvolle und sehr eigenwillige Erkundungsfahrt durch die weite Welt des modernen Jazz. Frei von allen musikalischen Zwängen und beseelt vom Geiste des freien Spiels zaubert der Pianist und Komponist gemeinsam mit seinen Mitmusiker Andreas und Matthias Pichler Nummern aus dem Hut, die, abseits aller Tradition und fern jedes Mainstream-Gedankens, einem sehr eigenwilligen und stilistisch nicht fest zu machenden Klangcharakter folgen.
Wiewohl die instrumentale Besetzung seines Jazz-Trios mit Klavier, Bass und Schlagzeug die einer klassischen entspricht, bewandert der 1981 in Eisenstadt geborene Pianist und Komponist, der in der Vergangenheit in verschiedenen Projekten, Bands und Ensembles wohl schon mit fast allen Größen der heimischen Szene zusammengearbeitet hat, in Sachen musikalischer Orientierung dann doch vollkommen andere Pfade. Weg von allem traditionell Behafteten, vollzieht Philipp Jagschitz gemeinsam mit seinen beiden Kollegen, den in Berlin lebenden und aus Tirol stammenden Gebrüdern Andreas und Matthias Pichler, in stilistischen Fragen eine bewusste Hinwendung zu den sehr offenen, stileübergreifenden und nicht vordeterminierten Formen des zeitgenössischen Jazz. Irgendwelche fixen Festlegungen, welcher Natur diese auch immer sein mögen, finden in den klanglichen Vorstellungen des Pianisten und Komponisten keinen Raum, vielmehr wird in seinem Ensemble das musikalische Experiment gewagt, gefördert und zugelassen.
Diesem erfrischend undogmatischen Zugang geschuldet, lässt das Dreiergespann einen Gesamtsound entstehen, in dem alleine die grenzenlose klangliche Vielfalt zu regieren scheint und in dem quasi ständig etwas passiert oder vorgeht, spontane Brüche, überraschende Wendungen, intensive musikalische Steigerungen, plötzlich eingeworfene Improvisationen, immer wieder kehrende Wechsel zwischen Melodien und Disharmonien, geraden und ungeraden Rhythmen und, und, und. Es ist ein wenig das Spiel mit dem Unvorhersehbaren, welches von dem burgenländischen Pianisten und seinen Mitstreitern in ihren musikalischen Interaktionen betrieben wird, denn oftmals entwickelt sich ein Stücke haargenau in die entgegengesetzte Richtung, die man vielleicht anfangs vermutet hat. Was sich jetzt als ein hochkomplexes Unterfangen liest, entpuppt sich als das genaue Gegenteil. Denn irgendwie ist alles auf den Punkt gebracht, es hat alles seine Ordnung, diesen bestimmten Flow, der das Dargebotene letztlich doch zugänglich macht.
„it seems“ ist, obwohl es musikalisch den Konventionen losgelösten Prinzipien folgt, ein sehr stimmungsvolles Album, eines, dem an zugegebenermaßen schon Zeit geben muss. Tut man dies aber, eröffnet sich ein wirklich spannendes, weil nicht alltägliches Hörerlebnis.
Michael Ternai