Offener Brief des Rektorats der Kunstuniversität Graz an ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz zur Zukunft des RSO Wien

Das mica – music austria hat vor wenigen Wochen einen Brief zum Thema Bedrohung des Radio-Symphonieorchesters an ExponentInnen des österreichischen Musiklebens mit der Bitte um Stellungnahme versandt. Der nachfolgende an Generaldirektor Dr. Alexander Wrabetz adressierte Brief wurde vom Rektorat der Kunstuniversität Graz verfasst.

Sehr geehrter Herr Generaldirektor Wrabetz!

 

Die Meldungen bezüglich einer geplanten Ausgliederung des RSO Wien wurden in letzter Zeit immer besorgniserregender. Dass sogar schon von Auflösung die Rede sein soll, sei vorläufig noch als Gerücht bewertet, zu unvorstellbar wäre dies angesichts des
Kultursenders ORF, einer öffentlich rechtlichen Anstalt mit der Verpflichtung zur Erfüllung des Kulturauftrags.

 

Bedenkt man die hervorragende Qualität dieses Orchesters, das als einziges Orchester Österreichs imstande ist, die immense Vielfalt der Musik des 20. und 21. Jahrhunderts wiederzugeben und sich zudem bei anderen Aufgaben ebenfalls bestens bewährt, so ist es nicht vorstellbar, wie der Kulturauftrag des ORF auf musikalischem Gebiet besser erfüllt werden könnte. Mit der daraus resultierenden Reputation ist wohl primär dem ORF selbst gedient. Für die Kunstuniversität Graz ist das RSO jedenfalls ein unverzichtbarer Partner in der Entwicklung und Erschließung des zeitgenössischen Musikschaffens.

 

Es kann nicht angehen und ist höchst bedenklich, wenn der verantwortliche Kultur- und Programmchef von Ö1 in der Presse beklagt, das RSO Wien verursache nur Kosten. Allein die Tatsache, dass das RSO Wien das einzige musikalische Ensemble des ORF darstellt, sollte genügen, sich innerhalb des ORF besonders engagiert um den Erhalt dieses Klangkörpers zu bemühen. Dies wäre die vorrangige Aufgabe des Kultur- und Programmchefs. Bekanntlich gibt es heute keinen ORF-Chor mehr, auch keine ORF-Sinfonietta, einzig das RSO Wien existiert noch. In manchen deutschen Rundfunkanstalten leistet man sich hingegen zwei Orchester und
einen Chor.

 

Warum gibt es kein klares Konzept über die Pläne des ORF mit dem Orchester, die auch der Öffentlichkeit mitgeteilt werden? Warum lässt es der ORF zu, dass die allgemeine Unsicherheit aller mittelbar und unmittelbar Betroffenen monatelang geschürt wird?

 

Als das verantwortliche Leitungsteam einer Universität, die sich der Pflege und Weiterentwicklung der zeitgenössischen Musik besonders widmet, warnen wir dringend vor den Folgen einer Schwächung des RSO Wien für das gesamte österreichische Musikleben. Unvermeidlich wären der kulturelle Gesichtsverlust und die internationale Blamage.

 

Das Rektorat der Kunstuniversität Graz:
Georg Schulz
Robert Höldrich
Eike Straub
Doris Carstensen

 

Brief des KUG
Größe: 354 kb

Links:
Kunstuniversität Graz (KUG)
RSO Wien