Nicht nur miteinander, sondern füreinander musizieren. Filippa Gojo im Porträt

Die aus Bregenz stammende Jazzsängerin FILIPPA GOJO zieht mit ihrer musikalischen Gestaltungskraft und authentischen Ausstrahlung die Zuhörenden in ihren Bann. Die zahlreichen Projekte in unterschiedlichen Bands sowie CD-Einspielungen der vergangenen Jahre fanden viel Beachtung. Seit 2016 unterrichtet Filippa Gojo als Dozentin für Jazz- und Popgesang an der Hochschule für Musik Freiburg.

Aktuell lebt Filippa Gojo ihre musikalische Kreativität in mehreren unterschiedlichen Ensembles aus. Auf Empfehlung wurde sie vor zwei Jahren vom Kontrabassisten Georg Breinschmid eingeladen, um mit ihm und dem Geiger Florian Willeitner zusammen zu wirken. Eingespielt wurde ein Doppelalbum, das sich musikalisch unter anderem dem Lyriker Ernst Jandl widmet. Der für sein experimentelles Spiel mit der Sprache verehrte Schriftsteller inspirierte Georg Breinschmid zu neuen Kompositionen. Genau dieses Faible für poetische Sprachkunstwerke mit Wortwitz teilt auch Filippa Gojo. „Und wenn sie sich wie bei Jandl mit einem klar erkennbaren, markanten Sprachrhythmus verbinden und deshalb sofort nach Musik klingen, noch bevor man das Gedicht vertont hat, ist das natürlich die perfekte Mischung“, schwärmt die Sängerin.

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Mitten drinnen im großen Klang

Ein weiteres kreatives Betätigungsfeld für Filippa Gojo bietet das in Köln tätige Fuchsthone Orchestra. Die beiden Komponistinnen und Bigband-Leiterinnen Caroline Thon und Christina Fuchs versammeln in ihrem Ensemble ein illustres Kollektiv von Musikerinnen und Musikern. Die Besetzung dieser Band sei einfach unglaublich und passe super zu den Ideen der beiden Komponistinnen, erzählt Filippa Gojo und gibt gleichzeitig Einblicke in das kraftvolle Musizieren der Band. „Bei jedem einzelnen Solo spitzen alle Bandmitglieder die Ohren. Wir spielen die Konzerte also nicht nur miteinander, sondern auch füreinander.“ In der großen Formation fühlt sich die Jazz-Sängerin sehr wohl, vor allem auch deswegen, weil ihr darin viel Freiraum für die Improvisation eröffnet wird. Hier dürfe sie ein Teil des großen Ganzen sein und stehe nicht wie im klassischen Sinne als Sängerin vor der Band. „Integriert im Gesamtklang zu sein, ist eine sehr wichtige und inspirierende Erfahrung“, betont Filippa Gojo.

Barockmusik im Jetzt spielen

Eine neue Band namens Morpheus gründete Filippa Gojo mit Theresia Philipp, Rainer Süßmilch und Karsten Süßmilch. Auch dieses Ensemble zeichnet sich durch eine ungewöhnliche Besetzung mit Saxofon, Althorn, Bassposaune, Gesang, Spieluhr, Toypiano, Kalimbula und Shruti Box aus. „Wir haben uns die Musik von Henry Purcell vorgenommen und spielen diese in ‚korrekt nicht-historischer Aufführungspraxis‘“, erzählt die Sängerin von ihrem Vorhaben. „Was wir darunter verstehen, ist eben nicht das ‚Verjazzen‘ und grundsätzliche Arrangieren des Notentextes. Das spannende bei Barockmusik ist ja, dass wir nicht wissen können, wie sie genau geklungen hat. Deswegen versuchen wir, die Musik, wie sie da steht, möglichst genau so zu spielen, wie wir sie jetzt auffassen. Mit unserem Sound, unserer Herangehensweise, mit viel Platz für ‚spontane Kommentare‘ in Form von Improvisationsteilen. Was herauskommt, lässt sich somit schwer in einen Stil einordnen. Ich bin mir aber sicher, dass genau deshalb Zuhörerinnen und Zuhörer mit unterschiedlichen Hörgewohnheiten einen schnellen Zugang finden können, wenn sie eine kleine Portion Offenheit mitbringen.“

Eine Jazzsängerin im Streichquartett

Auch als Komponistin ist die vielseitige Künstlerin tätig. Im Auftrag der Konzertreihe „Musik in der Pforte“ schrieb Filippa Gojo ihr neuestes Werk für Streichquartett und Gesang. Der Titel „Die (einfache) Liebe“ ist zugleich Programm des viersätzigen Werkes. Mit dem Streicherklang ist Filippa Gojo vertraut, denn sie musiziert seit Jahren in der Band „phase :: vier“ mit Streicherinnen zusammen. Diese Erfahrungen kamen ihr beim Komponieren nun zugute. Eine spannende Rolle fand sie für sich selbst im Ensemble, weil sie ihre Stimme in den Kontext eines Streichquartetts gesetzt hat. Sie habe großen Spaß daran, immer wieder eine andere Perspektive einzunehmen, erzählt Filippa Gojo, so habe sie sich selbst nicht nur als Solistin eingeplant, sondern den Vokalpart über große Strecken in den Satz integriert.

Sich nicht von diesem wackeligen Gefühl bestimmen lassen

Die aktuelle Situation im Kulturbetrieb hat auch das Leben der in Köln lebenden Sängerin aus dem Gleichgewicht gebracht, deshalb ist es ihr ein bedeutendes Anliegen, den „Flow“ nicht zu verlieren. Im Konzertkalender finden sich zahlreiche freudvolle Engagements. „Grundsätzlich davon auszugehen, dass alles planmäßig stattfinden kann, ist zwar vielleicht naiv, hilft mir aber sehr, dran zu bleiben und mir selbst eine Notwendigkeit der musikalischen Weiterentwicklung zu schaffen. Außerdem denke ich, dass es uns gegenseitig Halt geben kann, wenn wir uns nicht zu sehr von diesem wackeligen Gefühl bestimmen lassen. Was morgen kommt, wissen wir genau genommen nie, aber momentan spüren wir das eben viel mehr als sonst“, beschreibt Filippa Gojo ihr gegenwärtiges Lebensgefühl.

Silvia Thurner

Termine:

Donnerstag, 19. November 2020, 19:00 Uhr
Musik in der Pforte
Pförtnerhaus Feldkirch

Freitag, 20. November 2020, 20:00 Uhr
Pförtnerhaus Feldkirch

Samstag, 21. November 2020, 17:00 Uhr
Frauenmuseum Hittisau
Konzert N°6 – Einfach Lieben
Werke von Filippa Gojo (UA), Ludwig van Beethoven und Franz Schubert

Aufnahmen:
Georg Breinschmid: “Breinländ”, 2018
Filippa Gojo Quartet: “Seesucht”, 2017

Link:
Filippa Gojo
Filippa Gojo (Facebook)