„Nicht alle Lieder sind traurig, manche sind hoffnungslos“ – THE NEATPICKERS im mica-Interview

Die von Wien aus agierende Band THE NEATPICKERS bewegt sich im Feld Americana und Alternative Country. In der Band finden sich neben Frontmann BRUNO GEISSMANN und Sängerin TINE WIDMANN auch altgediente erfahrene Musiker wie der Schlagzeuger ROB NIEDL und der Gitarrist ALEX GANTZ. In Kürze präsentiert die Band ihr zweites Album „Feverish Hearts“. Das Interview führte Jürgen Plank.

Wie ist denn „Feverish Hearts“ geworden?

Rob Niedl: Ich zitiere zur neuen Platte, wie es sich gehört, Townes van Zandt: „Nicht alle Lieder sind traurig, manche sind hoffnungslos.“

Was hat sich im Vergleich zur ersten Platte verändert?

Rob Niedl: Sie ist auf jeden Fall vielschichtiger.

Bruno Geissmann:
Ja, ich glaube auch, dass die Platte vielschichtiger geworden ist. Vielleicht ist sie im Vergleich zur ersten Platte etwas trauriger.

Wie sind denn die Lieder entstanden?

Bruno Geissmann: Die Art und Weise, wie die Lieder entstanden sind, ist die gleiche geblieben. So eine Platte ist schon ein Ventil dafür, was rundherum passiert. Es ist sehr viel in den letzten drei Jahren passiert, und das findet sich zweifellos in den Liedern. Das Ziel ist immer, ein Gefühl, das man hat, zu vermitteln, in der Hoffnung, dass sich jemand in ganz anderen Lebensumständen in dem Gefühl wiederfinden kann.

Was sind denn die Themen, die Sie als Liedschreiber verarbeitet haben?

Bruno Geissmann: Viele Beziehungsthemen, Aufbrüche, Umzüge, Standortwechsel, Dinge hinter sich lassen – das sind die großen Themen, die da drinnen sind. Um spezifischer zu werden, es ist eine Beziehung in die Brüche gegangen, es wurden neue Wohnungen gefunden. Und in der Band ist es auch ganz schön rundgegangen, und das findet man alles wieder.

In der Band ist ein neuer Mann an der Gitarre, Alex Gantz. Wie haben Sie denn die Produktionsphase des Albums erlebt?

Alex Gantz: Ich hätte ursprünglich die Produktion begleiten sollen. Da war der Gitarrist Roman Sonnleitner noch an Bord. Nachdem er ausgestiegen ist, habe ich die Gitarrespuren und teilweise auch die Produktion übernommen. Im Sommer und Herbst 2014 habe ich intensiv am Album mitgearbeitet.

Wie haben Sie diese Arbeit erlebt, wie haben Sie den Zugang zu den Liedern gefunden und wie haben Sie sie wahrgenommen?

Alex Gantz: Man muss sich einfach von Lied zu Lied orientieren und jeder Song verlangt nach etwas anderem und man reagiert instinktiv darauf.

„Für mich trägt dieses Album den Geist von Countrymusic im Sinne eines Hank Williams, der dem Tod permanent ins Auge blickt.“

Rob Niedl: Für mich trägt dieses Album den Geist von Countrymusic im Sinne eines Hank Williams, der dem Tod permanent ins Auge blickt. Das mahnt zur Gelassenheit im Irdischen, das finde ich schön.

Wohin sind Sie mit diesem Album am Sprung?

Bruno Geissmann:
Wir haben als Band vom Niveau her eine nächste Stufe erreicht, und das wollen wir auch live umsetzen und zum Beispiel verstärkt in den Bundesländern und bei größeren Anlässen spielen.

Wie haben Sie sich musikalisch entwickelt?

Rob Niedl: Ich finde schon, dass sich etwas verändert hat. Jetzt ist die Herangehensweise viel aufgelockerter und es kann viel mehr passieren, was nicht geplant war und sich aber trotzdem ausgeht. Für mich ist das Projekt luftiger geworden. Luftige Traurigkeit.

Was darf man als Publikum erwarten, wenn man in Ihre Konzerte kommt?

Bruno Geissmann: Konzerte, die ich besucht und für gut befunden habe, waren oft Konzerte, bei denen man eine große Vielfalt an Musik zu hören bekam. Verschiedene Stile, die aber in sich schon zusammenpassen und die aus einem Herzen kommen. Und ich glaube, das können wir bieten, ein vielfältiges und abwechslungsreiches Konzert.

„Es kommt dem, wo ich mich musikalisch sehe, und dem, dem ich verhaftet bin, am Nächsten – dem Singer-Songwritertum, das in Richtung Country geht.“

Wie ich weiß, haben Sie schon in sehr vielen Bands gespielt, zum Beispiel bei Lassiter. Was ist bei The Neatpickers anders als bei den circa 25 Bands davor?

Rob Niedl: Es kommt dem, wo ich mich musikalisch sehe, und dem, dem ich verhaftet bin, am Nächsten – dem Singer-Songwritertum, das in Richtung Country geht. Ich habe schon in ähnlichen Bands gespielt, aber Bruno ist ein guter Songwriter und ich finde, dass die Band jetzt gut aufgestellt ist.

Wie sind denn Ihre typischen Fans?

Rob Niedl: Übergewichtig [lacht]! Die Band-T-Shirts, die ich gestaltet habe, passen niemandem.

Bruno Geissmann: Leute, die uns wirklich mögen, sind Leute, die gerne zuhören. Hintergrundmusik ist es weniger und es ist auch nicht die Tanz- und Hochzeitsband, die wir hier haben. Es kommen die Menschen immer wieder, die einen gewissen Americana-Schaden davongetragen haben.

Der Name Hank Williams ist schon gefallen, welche Referenzpunkte sehen Sie für die Band?

Bruno Geissmann: Es gibt noch viele: Guy Clark, Tom Petty und Steve Earle sicher auch.

Rob Niedl: Ich bin nach wie vor komplett vom Konzept von Lambchop überwältigt. Ich bin dieser Band mit Haut und Haaren verfallen, weil ich es faszinierend finde, wie viele Menschen da auf der Bühne stehen und gemeinsam so wenig spielen. Und das fügt sich zu einem wunderbaren großen Ganzen zusammen. Das ist für mich eine Referenzband, die spielt, als ob sie im Proberaum sei. Das sind keine Rockstars, das mag ich.

Nun zur Violinistin Claudia Fenzl, was ist für Sie das Besondere an The Neatpickers?

Claudia Fenzl: Es sind eigene Lieder, die mir gut gefallen, und ich habe die Möglichkeit, die Lieder zusammen mit der Band musikalisch zu gestalten. So habe ich das Gefühl, dass ich sehr viel einbringen kann: was mir der Song sagt oder was ich mit dem Song mit meinem Instrument sagen möchte.

Wie sehen Sie die aktuelle Platte im Vergleich zum Debütalbum?

Claudia Fenzl: Wir haben viel mehr Zeit zum Produzieren gehabt. Bei der ersten Platte haben wir recht direkt, ohne viel zu basteln, aufgenommen. Das hat auch seinen Reiz. Dieses Mal war aber mehr Zeit für musikalische Spielereien. Wenn ich an mein Instrument denke: Ich habe es sehr genossen, kleine Streichersätze als Overdubs zu machen. Ich denke, wir haben uns alle mehr Arbeit gemacht, und das hört man auch.

Wie geht es bei Ihnen weiter?

Bruno Geissmann: In der Band hat es, wie schon gesagt, Umbrüche gegeben und wir mussten uns als Band zusammenfinden. Aber es gibt bereits weitere neue Songs, die wir noch nicht miteinander geprobt haben. Ich bin froh, wenn wir uns in dieser Bandkonstellation in Ruhe hinsetzen und Neues erarbeiten können. Da ist noch viel drinnen und ein halbes Album haben wir sozusagen schon wieder.

Wie lange haben Sie am aktuellen Album gearbeitet?

Bruno Geissmann: Seit dem Debütalbum 2011 sind die Lieder für die aktuelle Platte entstanden. Als wir uns Ende 2013 entschlossen haben, noch ein Album zu machen, habe ich gewusst, dass ich nicht einfach noch einmal zwölf oder 13 Lieder aufnehmen möchte. Es sollte nun einfach mehr Arbeit hineinfließen und es sollte qualitativ ein Zeichen setzen. Für mich haben wir das geschafft und ich bin total froh, dass wir die Platte gemacht haben.

Jürgen Plank

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