NEUE SPIELARTEN DER KLASSIK. DER WIENER GEIGER JOHANNES FLEISCHMANN IM PORTRÄT.

JOHANNES FLEISCHMANNS Karriere zeigt auf, wie facettenreich klassische Musik, aber auch der/die „KlassikerIn“ an sich, heutzutage gedacht werden können. Er selbst wirkt in einem Crossover-Projekt mit, performt Klassik nicht nur im schwarzen Anzug, jettet im Zuge seiner musikalischen Projekte um die ganze Welt und nimmt seine FollowerInnen auf Instagram gleich mit. Ein klassischer Musiker der neuen Generation eben.

Klassik in und aus der Blase

Auch wenn sich viele KlassikerInnen immer noch in einer Blase bewegen, „moderne MusikerInnen“, wie er sagt, „können sich heutzutage vielfältiger orientieren“, haben „die Chance, sich ihrer vielen Möglichkeiten überhaupt erst bewusst zu werden und sich neu zu positionieren.“ Darin besteht auch in Hinblick seiner eigenen musikalischen Aktivitäten kein Zweifel: Von Kammermusik und solistischen Projekten über seine Mitwirkung bei den Neuen Wiener Concert Schrammeln oder den Symphoniacs bis hin zu Orchestermusik (derzeit beispielsweise als Gast bei den Wiener Philharmonikern) – all diese Projekte eint jedenfalls der Bezug zur klassischen Musik, die seit jeher und immer noch für Fleischmann klar im Zentrum steht.

Johananes Fleischmann (c) Stephan Polzer

Auch wenn sich das Bild des/der KlassikerIn zweifelsohne im Wandel befindet, eine fundierte, klassische musikalische Grundausbildung sieht der Wiener Geiger Johannes Fleischmann denn- und immer noch als essentielle Voraussetzung und unumgänglichen Ausgangspunkt einer musikalischen Karriere in diesem Bereich an: „Man braucht dieses Hintergrundwissen, um die verschiedenen Stile interpretieren zu können.” Er selbst hat nach dem Musikgymnasium zuerst Konzertfach Violine an der mdw – Universität für Musik und Darstellende Kunst Wien bei Klaus Maetzl und Christian Altenburg studiert und absolviert derzeit ebendort sein Studium der Kammermusik bei Johannes Meissl, welcher er sich – neben seinen solistischen Projekten – nun vermehrt widmet. Unter seinen kammermusikalischen PartnerInnen befinden sich sowohl Mitglieder der Berliner und Wiener Philharmonie, als auch junge, internationale SpitzenmusikerInnen wie u.a. die Cellistin Harriet Krijgh oder der Geiger William Hagen.

HAVE YOU EVER DANCED TO CLASSICAL MUSIC?

Auf den Konzerten der Symphoniacs gibt es sowohl Bühnen- und Lichtshows, tanzbare Beats als auch Visual Art von VJ Tobias Götz der Pfadfinderei Berlin. Und zugleich auch Vivaldi, Mozart und Mendelssohn. Klassische Musik wird mit Elektronik verbunden, aber immer auch kammermusikalisch präsentiert, unplugged und ohne Visuals. So haben die jungen Musiker der Symphoniacs beispielsweise Mozart, Schubert oder Einzelsätze von Medelssohns Klaviertrio auf dem Programm. Paganini, Liszt oder Chopin werden in Form von “instrumental battles” auf die Konzertbühne gebracht. „So kann die Brücke geschlagen werden“, sagt Fleischmann.

Im Rahmen der Aktion „Be part of the Symphoniacs“ bekommen junge Amateur- MusikerInnen die Chance gemeinsam mit den Symphoniacs aufzutreten – ein partizipatives Konzertformat par excellence. „Alles, was ich beruflich mache, zielt primär darauf ab, Menschen mit Musik zu erreichen“, so Fleischmann. Nicht nur dann, wenn das Publikum seine Konzerte besucht also, sondern, wie an diesem Format deutlich wird, auch in Form gemeinsamer Arbeit an der Musik. Eben dieses Bestreben führte ihn etwa auch schon nach Kenia, Mosambik, Kolumbien oder in die Türkei, wo er in Workshops und Meisterklassen zusammen mit sozial benachteiligten Kindern und Jugendlichen musizierte.

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Initiiert wurde das Projekt Symphoniacs von Andy Leomar, Produzent und DJ, der jedoch auch selbst eine Ausbildung als klassischer Pianist sowie das Tonmeisterstudium (ebenfalls an der Wiener Musikuni) absolviert hat. Auch im Rahmen seiner eigenen Audition in Berlin 2012, an welcher zahlreiche, junge, klassische MusikerInnen aus aller Welt teilnahmen, musste Johannes Fleischmann damals klassische Stücke vorspielen. Quod erat demonstrandum: Hier zeigt sich also ganz eindeutig, dass seine klassische Grundausbildung seine vielfältigen Tätigkeiten in diesem Bereich überhaupt erst ermöglich hat.

THE NEW AUSTRIAN SOUND OF MUSIC

Der zentrale Punkt Fleischmanns musikalischen Schaffens ist Musik aus Wien in all ihren unterschiedlichen Ausformungen. In Rahmen seiner CD-Aufnahme gemeinsam mit der Pianistin Magda Amara widmen sich die beiden MusikerInnen Werken von Erich Wolfgang Korngold und Erich Zeisl; mit den Neuen Wiener Concert Schrammeln spielt er Wiener Volksmusik und Wienerlieder, bringt aber auch Neukompositionen seiner Ensemblekollegen (vor allem von Helmut Stippich und Peter Havlicek, aber auch Walter Soyka oder Peter Uhler) auf die Bühne.

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Doch nicht nur hier gibt es bei Fleischmann Berührungspunkte mit Neuer Musik. Anfang dieses Jahres hat er beispielsweise am Abschlusskonzert der „Komponierwerkstatt“ des Wiener Arnold Schönberg Centers mitgewirkt und im Rahmen dessen Werke von jungen KomponistInnen unter 20 uraufgeführt.

In den Jahren 2014/2015 wurde Johannes Fleischmann außerdem für das The New Austrian Sound of Music (NASOM) – Programm, einer Kooperation von mica – music austria und dem Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres, ausgewählt, welches zum Ziel hat, das österreichische Musikschaffen im Ausland kulturell vielfältig und modern zu präsentieren. Internationale Konzerte dieser von einer Fachjury ausgesuchten MusikerInnen werden im Rahmen des Förderprogrammes speziell unterstützt. Er ist, so steht es auch auf seiner Website zu lesen, „der Wiener Geiger“.

DER NEUE KLASSIKER

Johannes Fleischmann (c) Lukas Beck

Dass sich Johannes Fleischmann als Vertreter einer jungen, neuen Generation klassischer MusikerInnen ganz gezielt und bewusst aus der Blase bewegt, daran besteht kein Zweifel. Neue Konzertformate, das Crossover-Projekt Symphoniacs, Wiener Musik; so unterschiedlich seine zahlreichen musikalischen Projekte auf den ersten Blick auch anmuten, eigentlich sind es nur Facetten, Spielarten ein- und derselben Sache. „Alles lässt sich verbinden, wenn man die verschiedenen Stile mit Respekt behandelt“, sagt Fleischmann. Und er selbst ist das beste Beispiel dafür, dass dieser Satz seine Richtigkeit hat.

Christine Seblatnig

Links:
Johannes Fleischmann (Website)
Symphoniacs (Website)
Neue Wiener Concert Schrammeln (Website)

Termine:
20. Dezember 2018: An evening with Symphoniacs. Brucknerhaus Linz.