Treffen einmal vier Leute wie Max Nagl, Herwig Gradischnig, Peter Herbert und Michael Vatcher aufeinander, kann man aus musikalischer Sicht mit etwas Ungewöhnlichem rechnen. Anlass dieser Zusammenkunft ist das Zehnjährige des Wiener Labels Handsemmel Records, dessen Betreiber Klaus Nüchtern sich mit der Realisierung dieses Projektes einen langehegten Wunsch verwirklicht hat.
Eingespielt haben die vier Musiker mit „A Day In My Life“ (Handsemmel Records, Cracked Anegg) eine CD, die als spannendes Lehrstück des modernen Jazz herhält und auch die Qualitäten der Beteiligten auf wunderbare Weise zum Vorschein bringt. Kennern des Jazz muss man die Herren im Grunde nicht mehr vorstellen. Max Nagl (Altsaxophon), Herwig Gradischnig (Tenorsaxophon), und Peter Herbert (Bass), drei der renommiertesten Köpfe der österreichischen Jazz-Szene, sowie der in Amsterdam lebende Amerikaner Michael Vatcher (Schlagzeug) gelten seit vielen Jahren als Leute mit internationaler Geltung und Reputation. Ihre außergewöhnlichen instrumentalen Fähigkeiten wie ihr breites Musikverständnis konnten und durften sie schon in fast unzähligen Konstellationen unter Beweis stellen, nur eben nicht in einer, in der sie noch nie gemeinsam am Start waren. Genau dieser Aspekt macht auch den Reiz dieses Quartetts aus.
Von den Beatles hin zur Improvisation
Eine exakte Voraussage, wohin es die vier Musiker bei ihrer ersten Zusammenkunft letztlich verschlagen wird, war nicht zu treffen. Wer ihre Projekte der Vergangenheit kennt, weiß, dass quasi alles passieren kann. Den Song „A Day In My Life“ von den Beatles als Ausgangspunkt hernehmend, vertont das Viergespann auf dem Album den Tagesablauf eines Menschen – vom Erwachen bis zur Nachtruhe mit all der Hektik und den wenigen Verschnaufpausen, die dazwischen liegen. Die Stücke, die bis auf den Beatles-Song aus der Feder aller Beteiligten stammen, offenbaren sich als sehr abwechslungsreiche Stimmungsbilder zwischen ruhiger und zurückhaltender Eingängigkeit und virtuosem und kunstvollem Chaos. Sich keiner Improvisation abgeneigt zeigend, spielen sich Nagl, Gradischnig, Herbert und Vatcher durch eine sehr offene und traditionsferne Form des Jazz und erheben die spontane Interaktion zum musikalischen Kommunikationsmittel. Es regiert ein ständiges ideenreiches Hin und Her, das spontane Zuwerfen und kunstvolle Weiterverarbeiten von Ideen fern aller künstlichen Verkopftheit. Eine wirklich spannende Angelegenheit.
Live erleben kann man das Ausnahme-Quartett übrigens am 13. September im Wiener Porgy & Bess.
Michael Ternai
Max Nagl